Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
24.11.21
15:37 Uhr
SPD

Serpil Midyatli zu TOP 8: Jamaika schafft keinen echten Klimaschutz!

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 24. November 2021
Serpil Midyatli Jamaika schafft keinen echten Klimaschutz! TOP 8: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Energiewende- und Klimaschutzgesetzes Schleswig-Holstein (Drs. 19/3061, 19/3415(neu), 19/3447) „Uns allen hier im Raum ist klar, dass die nächsten 10 Jahre die entscheidenden Jahre sind, um den Klimawandel zu stoppen. Das Bundesverfassungsgericht hat uns klar gemacht, dass wir heute handeln müssen und uns nicht wage Ziele für die Zukunft geben können. Die Klimakonferenz in Glasgow hat gezeigt, dass sich die ganze Welt auf den Weg macht das 1,5 Grad Ziel zu erreichen. Und das müssen wir. Hier in Schleswig-Holstein sind wir durch das Ansteigen der Meeresspiegel konkret bedroht. Die Einhaltung der Klimaziele ist für die ganze große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein höchste Priorität. Und nun ist sie endlich da. Jamaikas Antwort auf die Klimakrise. Es ist das Klima-Zeugnis dieser Koalition, es ist ein Armutszeugnis. Was haben Sie eigentlich die letzten vier Jahre gemacht? Laut Tagesordnung müssten wir heute diskutieren, wie Schleswig-Holstein den weiteren Pfad zur Klimaneutralität beschreitet. Doch was Sie uns nach langer Verzögerung vorlegen, ist weit davon entfernt, dieses Ziel zu erreichen. Schon nach dem geltenden Gesetz – das wir noch in der Küstenkoalition gemein-sam mit den Grünen und dem SSW auf den Weg gebracht hatten – dürften wir heute nur noch 21 Millionen Tonnen Treibhausgase ausstoßen. Wir liegen aber bei 24 Millionen, also 3 Millionen mehr. Und die Schere zwischen Ziel und Realität ist in Ihrer Regierungszeit immer weiter auseinandergegangen, Herr Günther! Das ist übrigens nicht die exklusive Auffassung der SPD. Nachlesen kann man das auch im Klimaschutzplan der Böll- Stiftung für Schleswig-Holstein. Herr Albrecht, es ist schon eine besondere Konstellation, dass Ihr nächster Arbeitgeber Ihnen bescheinigt, dass Sie für Ihren aktuellen Arbeitgeber – nämlich die Menschen im Land – beim Klimaschutz zu wenig erreichen. Ich will Ihnen daraus gar nicht den größten Vorwurf daraus machen. Wir alle im Saal wissen, wo das Problem sitzt. Nämlich da. Meine eigene Partei hat in den letzten Jahren im Bund leidvoll erfahren, wie wenig Fortschritt mit der Union geht. Ich drehe Ihnen daraus keinen Strick. Aber liebe Grüne, es ist nochmal ein deutliches Zeichen, wer nicht erneut in der nächsten Regierung unseres Landes sitzen darf. Die Klimafrage ist existenziell für Schleswig-Holstein. Wir brauchen eine Landesregierung, in der das jeder einzelne Partner verstanden hat. Und ich bin sicher, dass wir das schaffen. Deshalb

1 sage ich Ihnen heute, dass dieses Klimagesetz nicht lange halten wird. Wir werden es im ersten Jahr nach der Landtagswahl gemeinsam novellieren und nachschärfen. Denn echter Klimaschutz braucht etwas anderes als Jamaika! Im Grunde haben Sie in diesem Gesetz nur eine redaktionelle Anpassung auf die Ziele der Bundesregierung vorgenommen. Mehr nicht. Die zusätzlichen Maßnahmen reichen hinten und vorne nicht, um uns auf den Weg zu bringen. Was Sie hier wortreich aufschreiben ist nicht geeignet, Schleswig-Holstein auf den richtigen Kurs zu bringen. Das mussten wir jedes Jahr im Monitoring nachlesen. Sie legen jetzt einfach schärfere Ziele auf nahezu dieselben unzureichenden Maßnahmen. Das ist kein Klimaschutz, das ist Augenwischerei! Mit dem vorliegenden Entwurf ist die Landesregierung nicht imstande, eine ganzheitliche Vision zu liefern. Der ehrlichere Titel für das Klimaschutzgesetz wäre „Wir-bewundern-das- Problem-Gesetz“. Es fehlen Ambition und Konsequenzen. Ambitionslos ist es deshalb, weil die Landesregierung ihre Ziele lediglich an die des Bundes anpasst. Dabei müsste Schleswig- Holstein mit seinen Voraussetzungen schneller sein als der Rest von Deutschland. Deshalb fordern wir das Schleswig-Holstein schon 2040 klimaneutral wird! Und, ja, das heißt auch, dass wir ambitionierter beim Ausbau der Erneuerbaren Energien sein müssen. Wir fordern, das Ziel auf 53 Terrawattstunden zu erhöhen! Man muss sich schon fragen, warum Sie das nicht selber tun? Glauben Sie, dass wir Klimaneutralität ohne Erneuerbare hinkriegen? Und Sie schulden uns auch eine Evaluation, ob Sie Ihr Ziel von 2% Landesfläche für Wind überhaupt erreichen. Wir haben doch jetzt schon genug Signale, dass die Flächen, von denen Sie behaupten, sie würden funktionieren, gar nicht geeignet sind. Ich erinnere daran: Zwischen 2012 und 2017 wurden noch 1.800 Megawatt aus Windenergie in Betrieb genommen. Von 2018 bis heute waren es nur 400. Ihr Gesetz ist ohne Konsequenzen, weil Maßnahmen fehlen, die uns helfen das Ziel zu erreichen. Das heißt, wie bisher wird die Landesregierung auch in Zukunft ihre Klimaziele verfehlen. Der Abstand zu den Zielen wird sogar wachsen. Sie setzen falsche Anreize. Dieses Gesetz ist nicht mit den nötigen Maßnahmen hinterlegt. Die Vorgaben zur energetischen Sanierung reichen mit 15 Prozent bei Weitem nicht aus. Wenn die Menschen jetzt ihre Immobilien nach ihren Maßgaben sanieren, ist das sogar kontraproduktiv. Wir wissen doch, dass Häuser nur alle 30 Jahre mal saniert werden. Der Sanierungszyklus ist dann erstmal wieder durch. Wir brauchen viel beherztere Schritte. Sie schreiben seitenweise Text zu Landesliegenschaften in das Gesetz. Dabei machen diese nur 85,000 Tonnen aus. Ein Bruchteil der Landesemissionen, um die es hier geht. Sie verpflichten die Kommunen zu Wärmeplänen, aber lassen sie mit der Umsetzung allein. Wie sollen denn die Kommunen Wärmenetze bauen? Sie möchten flächendeckend auf E-Mobilität setzen. Ihrer eigenen Koordinierungs-stelle nach brauchen wir dafür bis 2030 30.000 Ladepunkte in der Fläche. Geschafft haben Sie bis heute nur knapp zwei Tausend. Uns fehlt eine Landesinfrastrukturgesellschaft, die endlich die Ladeinfrastruktur baut, die das Land braucht.


2 Und im Übrigen: Sie feiern gerade, dass es soviel Neuanmeldungen von E-Mobilen gibt. Um Ihr eigenes Ziel zu erreichen, müsste aber ab heute schon jedes Auto, das neu zugelassen wird, ein E-Auto sein. Zur nötigen Transformation der Industrie und zur sozialen Absicherung der Klimamaßnahmen hingegen schreiben Sie nicht eine Zeile. Anstatt den Leuten Sand in die Augen zu streuen, müssen wir uns doch mal ehrlich machen! Wenn Schleswig-Holstein wirklich seinen Beitrag zur nationalen Klimaneutralität leisten will, muss unser Land bereits 2040 klimaneutral sein. Aufgrund der günstigen Voraussetzungen ist es unsere Rolle, Strom in die Republik zu exportieren. Schleswig-Holstein muss einen Überschuss bereitstellen. Wir haben dafür ein so großes Potential! In unserem Änderungsantrag machen wir deutlich, an welchen Stellen die Landesregierung neue und nahezu wirkungslose Maßnahmen beschließen will. Wir fordern außerdem, dass ab jetzt in jedem Klimabericht ein vollständiges Maßnahmenpaket vorgelegt wird, dass beschreibt, wie wir die Lücke zu den Zielen schließen. Es reicht nicht mehr, wohlklingende Piloten und Schlagwörter aufzuschreiben. Wir brauchen quantitativ messbare Verpflichtungen und einen abgestimmten Gesamtplan. Das ist unser Auftrag an diese und auch die nächste Landesregierung. Und das können wir auch leisten, wenn wir uns von dem Reparaturmodus der jetzigen Landesregierung verabschieden. Wir brauchen einen ganz neuen Ansatz. Und dafür braucht es einen neuen Ministerpräsidenten, in einer neuen Koalition. Jamaikas „Pläne“ sind nur Tropfen auf einen immer heißer werdenden Stein. Sie kleben kleine wirkungslose Pflaster auf ein immer größer werdendes Problem. Wir müssen Klimaschutz ganzheitlich denken. Wir stehen vor einer gewaltigen Transformation. Die jetzige Koalition blockiert sich selbst und ist nicht in der Lage, einen ernsthaften Vorschlag zu unterbreiten. Daher werden wir dieses Gesetz in der vorgelegten Fassung ablehnen. Ein neues und wirksames Klimaschutzgesetz gehört zu den ersten Projekten, die eine sozialdemokratisch geführte Regierung im nächsten Jahr umsetzen wird.“



3