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24.11.21
15:45 Uhr
B 90/Grüne

Eka von Kalben zum Energie- und Klimaschutzgesetz

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein TOP 8 – Änderung des Energiewende- und Pressesprecherin Klimaschutzgesetzes SH Claudia Jacob Landeshaus Dazu sagt die Vorsitzende der Düsternbrooker Weg 70 Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, 24105 Kiel
Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Eka von Kalben: Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 353.21 / 24.11.2021


Schleswig-Holstein leistet seinen Klimaschutz-Beitrag
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
letzten Montag hatten wir hier im Haus eine Anhörung. Hier im Plenarsaal – einen ganzen Tag. Spätestens nach den eindringlichen, einführenden Worten von Prof. Dr. Daniela Ja- cob kann niemand hier im Haus mehr die Bedeutung des Klimaschutzes leugnen. Es zählt jede Tonne CO2. Das ist mehr als deutlich geworden.
Die Anhörung hat auch gezeigt, wie vielschichtig das Thema ist. Es sind alle Politikfelder betroffen. Und es sind alle Ebenen gefordert: die Kommunen, das Land, der Bund, die EU und die Weltgemeinschaft. Das Handeln dieser Ebenen muss ineinandergreifen. Wir können nicht von Schleswig-Holstein aus die Welt retten - aber wir müssen unseren Bei- trag leisten.
Und genau das tun wir. Ich bin sehr froh, dass wir hier heute das überarbeitete Klima- schutzgesetz verabschieden, und dass es wie vorgesehen zu Beginn des Jahres in Kraft treten kann. Gegenüber dem Klimagesetz der Küstenkoalition aus 2016 bringt es erheb- liche Fortschritte. Wir haben in der Anhörung gehört, wie entscheidend der Wärmesektor für den Klimaschutz ist und welche bedeutende Rolle den Kommunen dabei zufällt. Denn wie soll ich in meinem Haus meine Heizung auf erneuerbare Energien umstellen, wenn es keine entsprechende Wärmeversorgung gibt. Und es gibt so viele Vorreiter, die sich schon auf den Weg zur CO2-armen Kommune machen.
Bisher ist eine solche Wärmeplanung rein freiwillig. Wir machen das jetzt verpflichtend. Nämlich für alle Mittel- und Oberzentren, Unterzentren und Stadtrandkerne 1. Ordnung. Also für Lübeck, Itzehoe, Leck oder Heikendorf. Und das drücken wir den Kommunen nicht einfach aufs Auge, sondern unterstützen sie sowohl durch Expertise als auch finan- ziell mit einem Förderprogramm.
Seite 1 von 4 Wir wollen die Energie der Sonne auf unseren Dächern einfangen und nutzen. Wir führen mit diesem Gesetz eine Photovoltaik-Pflicht bei Neubau und Renovierung von Nicht- wohngebäuden ein, und auch für Parkflächen mit mehr als 100 Stellplätzen. Ich möchte an dieser Stelle gerne noch einmal betonen, dass eigentlich auch Wohngebäude in diese Verpflichtung mit einbezogen werden müssten. Das haben wir auch in den Verhandlun- gen immer wieder deutlich gemacht. Leider gibt es dafür derzeit hier im Haus keine Mehr- heit. Vielleicht ist das ja im Bund durchzusetzen. Eine bundesweit einheitliche Regelung wäre einem Flickenteppich ohnehin vorzuziehen. Falls sich das nicht im Koalitionsvertrag wiederfinden sollte, können Sie sicher sein, dass es nicht an den Grünen gescheitert ist.
Und ja, wir werden auch den Menschen, die Häuser besitzen, etwas zumuten müssen. Wer zukünftig seine Heizung erneuert, muss einen Nutzungsanteil von mindestens 15 Prozent an erneuerbaren Energien vorweisen. Davon gibt es Ausnahmen in Härtefällen. Zur Finanzierung können Förderprogramme des Bundes genutzt werden.
Über diesen Punkt ist in der Anhörung im Ausschuss intensiv debattiert worden. Von pauschaler Ablehnung bis hin zu Forderungen nach mehr, waren alle Positionen zu fin- den. Wir denken, es ist richtig, auch die privaten Hausbesitzer*innen und in die Pflicht zu nehmen und es ist in diesem Rahmen zumutbar. Die sozialen Härten müssen natürlich ausgeglichen werden, aber an der Notwendigkeit zur Umstellung unser Energie kann es eigentlich keinen Zweifel geben.
Es gibt ja so einige, die jetzt ihr soziales Gewissen entdecken und beispielsweise einen CO2-Preis kritisieren, weil er sozial ungerecht sei. Und da sind einige dabei, die bisher weniger an die Menschen mit niedrigem Einkommen gedacht haben. Ich finde das kurz- sichtig, vorsichtig formuliert. Denn die soziale Ungleichheit entsteht nicht durch die Klimapolitik. Sie hat ganz maßgeblich etwas mit Löhnen, Renten und Steuern zu tun. Und eins ist völlig klar: Die soziale Ungleichheit wird sich mit den Klimaveränderungen eher verschärfen. Stürme, Dürre und Hochwasser können Menschen mit geringem Einkom- men sicher schlechter verkraften als die Reicheren. Ja, wir müssen alle Menschen mit- nehmen und Ausgleiche schaffen. An der Notwendigkeit, Klimaschutz zu machen, führt aber kein Weg vorbei.
Liebe SPD,
Sie haben ja schon angekündigt, gegen das Gesetz zu stimmen. Offenbar halten Sie alle diese Änderungen nicht für erforderlich. So wie auch Verpflichtungen in Bezug auf die Landesliegenschaften, die bei Ihnen auf Hohn und Spott stoßen. Wir wollen die Wärme- und Stromversorgung der Landesliegenschaften bis 2040 CO 2-frei machen. Wir wollen bis 2030 auf emissionsfreie Dienstfahrzeuge umstellen. Die Büroflächen bis 2035 um 20 Prozent reduzieren.
Das ist eine ganze Menge, würde ich sagen. Dabei geht es auch nicht allein um die kon- kreten Tonnen CO2. Es geht auch darum, dass wir als Land eine Vorbildfunktion haben und dieser auch nachkommen. Was wir anderen abverlangen, das müssen wir als öffent- liche Verwaltung auch selbst machen. Und ich möchte es eben nicht von dem guten Wil- len zukünftiger Regierungskonstellationen abhängig machen, sondern freue mich, dass dies im Gesetz verankert ist.
Und liebe Kolleg*innen,
mehr fordern geht natürlich immer. So lange man in der Opposition ist, sagt es sich wohl- feil: das ist alles ungenügend, sechs und setzen. Ja, es ist die Aufgabe der Opposition,
2 die Regierung zu kritisieren. Dass Sie aber nicht in der Lage sind, dennoch die Fort- schritte zu würdigen, dass Sie blind gegenüber der Tatsache sind, dass wir uns hier mit unserem Rechtsrahmen in den des Bundes einzufügen haben, und dass wir hier im Land in vielen Punkten durch den Bund ausgebremst wurden, das enttäuscht mich.
Und dass Sie jetzt einen Antrag vorlegen, der die Ziele weiter hochsetzt, ohne konkrete Maßnahmen zu beschreiben. Das ist genau das, was die Große Koalition im Bund getan hat. Das spart nicht ein Gramm CO2 ein. Das ist wohlfeil. Ich hoffe sehr, dass die SPD im Bund da einen Kursschwenk machen wird.
Anders als die Unkenrufe es vermuten lassen, geht der Windkraftausbau voran. Wir sind da an der Spitze. Darüber hinaus hat unser Land auch ein großes Potential, was Photo- voltaik angeht. Ihr Potenzial auf Gebäuden in Schleswig-Holstein liegt bei 7 bis 9 GW, derzeit sind nur 1,1 GW realisiert. Und Photovoltaik auf Dächern rechnet sich. Und durch Schaffung von „best practice“-Beispielen und entsprechender Beratung sollte die Ent- wicklung auch bei Wohngebäuden vorangehen.
Aber wir brauchen auch einen Ausbau der Photovoltaik auf Freiflächen. Das ist naturver- träglich möglich, nur braucht es dafür Vorgaben. Ich teile die Auffassung, die vielfach auch in der Anhörung vorgebracht wurde, nämlich dass es dazu klare Kriterien vom Land geben sollte, die es den Kommunen ermöglichen, dies im Rahmen ihrer Planungshoheit und auch im Sinne der Biodiversität zu gestalten. Ein entsprechender Erlass ist in Arbeit, damit wir auch in diesem Bereich vorankommen können.
Den Industrieumbau gehen wir nicht an, wird uns vorgeworfen. Dazu muss ich sagen, das ist wirklich Unsinn. Es dürfte auf der Hand liegen, dass hier auch sehr viel vom nati- onalen und europäischen Rechtsrahmen abhängt. Ein angemessener CO2-Preis, wirk- same Ausgestaltung des Emissionshandels und CO2-Grenzausgleich sind für eine Trans- formation von Industrie und Wirtschaft erforderlich. Dagegen kann ein kleines Bundes- land weder ansubventionieren noch mit Ordnungsrecht vorgehen.
Aber es gibt Dinge, die wir tun können und auch tun: Wir haben die Wasserstoffstrategie auf den Weg gebracht, für deren Umsetzung wir 30 Millionen Euro bis 2030 bereitgestellt haben. Wir haben eine Initiative zur Dekarbonisierung von Industrieprozessen gestartet. Dabei geht es darum, gemeinsam mit den großen industriellen CO2-Emittenten Wege für den Ersatz fossiler Energieträger durch grünen Wasserstoff auszuloten. Und wir haben hier im Land sehr gute Voraussetzungen für den Aufbau einer grünen Wasserstoffwirt- schaft. Aber auch hier hängt eine erfolgreiche Entwicklung von den nationalen, bezie- hungsweise EU-weiten Rahmenbedingungen ab.
Zum Schluss möchte ich noch einmal auf die Anhörung hier im Plenum zurückkommen. Wir haben da die verschiedenen Aspekte gehört. Unter anderem auch den Moorschutz. Moor muss nass werden und bleiben, hat Walter Hämmerling von der Stiftung Natur- schutz gesagt, das ist sicher allen noch in der Erinnerung. Und er hat auf das Programm biologischer Klimaschutz hingewiesen, dass hier ja bereits vorgestellt und diskutiert wor- den ist. Und auf die Strategie Zukunft der Niederungen, die in Arbeit ist.
Moore nehmen in Schleswig-Holstein fast 10 Prozent der Landesfläche ein. Bei Niede- rungen sind es sogar 25 Prozent. Wie diese Flächen genutzt werden, bei welchen Was- serständen, ist sehr klimarelevant. Auch wenn dies in keiner Treibhausgasbilanz in Bezug auf Reduktionsverpflichtungen zu Buche schlägt.
Darum findet sich das auch nicht im EWKG als Regelungsinhalt. Dennoch erwähne ich
3 es hier, weil es konkrete Maßnahmen sind, die wir angeschoben haben und weiter vo- ranbringen. Und für die wir in erheblichem Umfang Finanzmittel bereitstellen, die dem Klimaschutz dienen. Darum nehmen wir jetzt einen Passus in das Gesetz auf, der eine Berichtspflicht auch für diese Aktivitäten im Rahmen des Energiewende- und Klima- schutzberichtes vorsieht.
Viele Menschen befürchten Veränderungen durch den Klimaschutz, befürchten, dass ihr Wohlstand, ihre Mobilität und ihre Arbeitsstelle gefährdet sind. Andere fürchten, dass es keine ausreichenden Veränderungen gibt, dass wir nicht schnell genug den Absprung schaffen, und dass wir damit das Wohlergehen zukünftiger Generationen gefährden.
Unsere Aufgabe ist es, den Menschen die Furcht zu nehmen und sie nicht zu schüren. Weder in die eine noch in die andere Richtung. Unsere politische Aufgabe ist es, die Klimaziele zu erreichen. Dafür ist dieses Klimagesetz ein weiterer Schritt und vermutlich nicht der letzte.
Ich fordere Sie als SPD noch einmal auf, diesem Gesetz zuzustimmen. Es ist ein Fort- schritt gegenüber dem bisherigen und das sollten auch Sie anerkennen.
Und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
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