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25.01.22
14:36 Uhr
Landtag

Europakonferenz der Landtage verabschiedet Europa-Erklärung

Nr. 8 / 25. Januar 2022


Europakonferenz der Landtage verabschiedet Europa-Erklärung

Bei der Europakonferenz der Landtage (E-LPK) haben sich die Präsidentinnen und Präsidenten sowie die Direktorinnen und Direktoren der deutschen und österreichischen Landesparlamente und des Südtiroler Landtages sowie des österreichischen Bunderates und des Parlaments der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens unter dem Vorsitz des Bremer Bürgerschaftspräsidenten Frank Imhoff und Niederösterreichs Landtags- präsidenten Karl Wilfing gestern (Montag) per Videokonferenz ausgetauscht.
Die Europakonferenz der deutschsprachigen Regionalparlamente, für deren Organisation in diesem Jahr der bremische Landtag zuständig ist, tagt normalerweise in Brüssel, musste pandemiebedingt aber bereits das zweite Mal in Präsenz abgesagt werden. Vorsitzländer für Deutschland und Österreich sind in diesem Jahr Bremen und Niederösterreich.
Im Mittelpunkt der Tagung standen neben der Diskussion über die COVID-Pandemie und ihre Herausforderungen insbesondere in Grenzregionen vor allem die Beratung der gemeinsamen Europa-Erklärung mit Schwerpunkt auf die aktuell laufende Konferenz zur Zukunft Europas.
Als vorsitzführender Präsident der deutschen LPK betonte der Bremer Bürgerschaftspräsident Frank Imhoff: „Die Landesparlamente haben während der Pandemie in den vergangenen zwei Jahren eine entscheidende Rolle bei der Vermittlung von Corona-Maßnahmen eingenommen und als Gesetzgeber und Kontrollgremium ihr Recht auf Beteiligung auch in Notsituationen selbstbewusst eingefordert. Wir schaffen nur Akzeptanz und nehmen die Menschen mit, wenn wir Corona-Maßnahmen dort, wo die gewählten Volksvertreter sitzen, transparent und öffentlich diskutieren: in unseren Parlamenten.“
In ihrer gemeinsamen Europa-Erklärung heben die Präsidentinnen und Präsidenten unter anderem die Bedeutung der Konferenz zur Zukunft Europas hinsichtlich der stärkeren Mitwirkung und direkten Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger und der Regionalparlamente am „Projekt 2

Europa“ hervor. Es müsse dafür Sorge getragen werden, dass aus dem Konferenzprozess konkrete Ergebnisse hervorgingen.
Durch die Corona-Pandemie konnten jedoch viele der geplanten Veranstaltungs- und Dialogformate nicht stattfinden. Deshalb fordern die Präsidentinnen und Präsidenten die Verlängerung der Konferenz, um angesichts der vielseitigen Herausforderungen eine vertiefte Diskussion zu ermöglichen, Antworten zu finden und Vertrauen zu schaffen. Die Gestaltungsmöglichkeiten müssten zudem über die Zukunftskonferenz hinaus verstetigt werden.
Die Präsidentinnen und Präsidenten bekräftigen in diesem Zusammenhang auch ihre Forderung, die Rolle der Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnissen im europäischen Mehrebenensystem generell weiter zu stärken und sie besser in europapolitische Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse einzubinden.
Werte, Rechte, Rechtsstaatlichkeit und Sicherheit sind wesentliche Themenschwerpunkte der Konferenz zur Zukunft Europas. Die Präsidentinnen und Präsidenten erwarten auch vor dem Hintergrund laufender Vertragsverletzungsverfahren ein klares Bekenntnis der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten zu diesen Werten und Rechten sowie wirksame Maßnahmen gegen Verletzungen dieser Werte.
Für Karl Wilfing, vorsitzführender Präsident der österreichischen Konferenz der Landtagspräsidentinnen und Landtagspräsidenten, ist ein weiterer Punkt der Erklärung von großer Bedeutung: „Ich verfolge die politischen Entwicklungen am Westbalkan genau und 30 Jahre nach den kriegerischen Umbrüchen im damaligen Jugoslawien bereiten mir vor allem nationale Strömungen in einigen der dortigen Staaten Sorgen. Die europäische Integration sowie eine klare EU-Beitrittsperspektive für die Westbalkanstaaten sind daher zentrale Zukunftsfragen Mitteleuropas und der Europäischen Union. Nur so kann die Gemeinschaft weiterhin ihre Kernfunktionen Stabilität und Friedenssicherung verwirklichen und Europas Interessen in einer globalisierten Welt vertreten. Daher begrüßen wir die Beteiligung der Staaten am Konferenzprozess zur Zukunft Europas.“
Zum Prozess und aktuellen Stand der Konferenz zur Zukunft Europas diskutierten die Mitglieder der E-LPK mit der Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Dubravka Šuica. Die Konferenz zur Zukunft Europas, die im Mai 2021 gestartet ist, bietet allen europäischen Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit, sich direkt über digitale Plattformen, Bürgerforen oder Veranstaltungen bei der Gestaltung Europas einzubringen.
Suica betonte: „Die Regionalparlamente sind Schlüsselpartner, wenn es darum geht, die Konferenz zur Zukunft Europas grenzübergreifend bekannt zu machen und gemeinsame europäische Ziele zu verfolgen.“ Die Rückmeldungen von EU-Bürgerinnen und EU-Bürgern zu den Formaten der Zukunftskonferenz seien positiv. Deren Empfehlungen aus den Bürgerforen spielten auch im weiteren Verlauf der Konferenz eine wichtige Rolle. „Die Konferenz zur Zukunft Europas ist ein einzigartiges Projekt und stärkt die repräsentative Demokratie“, so die Vizepräsidentin der EU-Kommission. 3

Die Bayerische Landtagspräsidentin Ilse Aigner, die neben Landtagspräsidentin Muhterem Aras aus Baden-Württemberg die Landesparlamente in der Plenarversammlung der Konferenz vertritt, berichtete aus Sicht der Regionalparlamente. Die Konferenz der Landtagspräsidentinnen und Landtagspräsidenten hatte sich im vergangenen Jahr über den Ausschuss der Regionen (AdR) erfolgreich für Sitze in dem Gremium eingesetzt, um die regionalen Interessen und Sichtweisen einzubringen.
Nach der gemeinsamen Europakonferenz der Präsidentinnen und Präsidenten ist für die deutschen Parlamente vom 19. bis 21. Juni 2022 eine weitere LPK im aktuellen Vorsitzland Bremen geplant. Auch die österreichischen Landtagspräsidentinnen und Landtagspräsidenten treffen sich Mitte Juni, um über die landesspezifischen Herausforderungen zu beraten. „Die Pandemie und ihre Auswirkungen auf föderale Strukturen werden uns auch dann noch inhaltlich begleiten. Vor allem wünschen wir uns aber sehr, dass wir die nächsten Konferenzen wieder in Präsenz abhalten können“, so Imhoff und Wilfing abschließend.


Die Europa-Erklärung finden Sie anliegend. Stand: 24. Januar 2022
Erklärung der Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen und österreichischen Landesparlamente und des Südtiroler Landtags unter Beteiligung des Parlaments der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens anlässlich der 5. Europa-Konferenz am 24. Januar 2022
Zwischenbilanz zur Konferenz zur Zukunft Europas

Präambel

1. Die Präsidentinnen und Präsidenten begrüßen den Start der Konferenz zur Zukunft Europas am Europatag, dem 9. Mai 2021, in Straßburg und den damit begonnenen europaweiten Reflexionsprozess zur künftigen Gestaltung der politischen Strategien der Europäischen Union, in dem die Bürgerinnen und Bürger eine zentrale Rolle spielen.

2. Die Präsidentinnen und Präsidenten unterstreichen die erstmals mit der Konferenz eröffnete Chance einer direkten und effektiven Mitwirkung der Landesparlamente am europäischen Willensbildungsprozess. Sie begrüßen, dass die Landesparlamente mit Landtagspräsidentin Muhterem Aras und mit Landtagspräsidentin Ilse Aigner in der Plenarversammlung der Konferenz vertreten sind. Dafür gilt ein besonderer Dank dem Ausschuss der Regionen (AdR) und seinem Präsidenten. Die Präsidentinnen und Präsidenten bekräftigen in diesem Zusammenhang ihre Forderung, die Aufgaben des AdR und seine Beteiligungsmöglichkeiten zu stärken.
3. Die Präsidentinnen und Präsidenten sind der Auffassung, dass die Europäische Union ihre Werte Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte nur dann glaubwürdig nach außen vertreten kann, wenn sie diese Werte selbst vorlebt. Die Präsidentinnen und Präsidenten erwarten deshalb von der Europäischen Union wirksame Maßnahmen gegen Verletzungen dieser Werte. Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger
4. Die Präsidentinnen und Präsidenten bekräftigen die Ziele der Konferenz, namentlich die enge Einbindung der Bürgerinnen und Bürger in den Diskussionsprozess, um ihren Anliegen und Vorschlägen für die künftige Richtung der Politik der Europäischen Union mehr Gehör zu verschaffen.
5. Die Präsidentinnen und Präsidenten fordern den Exekutivausschuss der Konferenz mit Nachdruck auf, dafür Sorge zu tragen, dass aus dem Konferenzprozess konkrete Ergebnisse hervorgehen, die den Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger an die künftige Gestaltung der Europäischen Union gerecht werden.
6. Die Präsidentinnen und Präsidenten sprechen sich dafür aus, die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der Gestaltung der Politik der Europäischen Union über die Zukunftskonferenz hinaus zu verstetigen, um die demokratische Legitimität der Europäischen Union dauerhaft zu stärken.
7. Die Landesparlamente nehmen ihre Rolle als Vermittler europapolitischer Themen ernst und beteiligen sich über mehrere Monate hinweg mit verschiedenen Veranstaltungs- und Dialogformaten, wie beispielsweise Anhörungen, Bürgerdialogen, Bürger-, Jugendforen und Podiumsdiskussionen, in den Landeshauptstädten und in der Fläche aktiv an einer erfolgreichen Umsetzung der Konferenz zur Zukunft Europas, um möglichst viele Bürgerinnen und Bürger, insbesondere junge Menschen, in die Zukunftsdebatte miteinzubeziehen.
Rolle der Landesparlamente
8. Die Konferenz ist auch Anlass, die Rolle der Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnissen im europäischen Mehrebenensystem generell weiter zu stärken und sie besser in europapolitische Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse einzubinden. Die Präsidentinnen und Präsidenten bekräftigen in diesem Zusammenhang ihre institutionellen Forderungen aus ihrer Europa-Erklärung vom 1. Februar 2021, insbesondere nach einer Verlängerung der Frist von acht auf zwölf Wochen im Rahmen der Subsidiaritätsprüfung.
Fortgang der Konferenz
9. Die Präsidentinnen und Präsidenten sprechen sich angesichts der Verzögerungen der Konferenz, deren Dauer von zwei Jahren auf ein Jahr verkürzt wurde, dafür aus, unter französischer Präsidentschaft zunächst einen Zwischenbericht anzunehmen und die Konferenz zu verlängern. Angesichts der globalen und internen Herausforderungen, vor denen die Europäische Union steht, bedarf es einer vertieften Diskussion, wie und mit welchen Instrumenten sie Antworten darauf findet und damit mehr Vertrauen schafft.

Subsidiarität
10. Die Präsidentinnen und Präsidenten unterstreichen, dass bei der Einleitung von Folgemaßnahmen, wie z. B. Legislativvorschlägen zur Umsetzung der Konferenzergebnisse, die innereuropäische Kompetenzverteilung und die in den Verträgen verankerten Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit zu beachten sind. Weiterhin werden der Rat, die Kommission und das Europäische Parlament gebeten, bei der Rechtsetzung stärker auf mögliche Auswirkungen auf parlamentarische Abläufe und Verfahren in den National- und Regionalparlamenten der Mitgliedstaaten zu achten.

11. Die Präsidentinnen und Präsidenten sprechen sich für die Einführung einer „grünen Karte“ auf europäischer Ebene aus. Diese könnte als eine Ergänzung zum Subsidiaritätsfrühwarnsystem den nationalen Parlamenten ermöglichen, Vorschläge zu europäischen Gesetzesinitiativen einzubringen oder die Überarbeitung, Änderung oder Aufhebung bestehender Rechtsvorschriften zu fordern, ohne das Initiativrecht der Kommission anzutasten. Für Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnis könnte damit eine Möglichkeit eröffnet werden, über die jeweilige nationale Länderkammer Initiativen auf EU-Ebene zu starten. EU-Erweiterung
12. Die Präsidentinnen und Präsidenten begrüßen die ausdrückliche Beteiligung der Staaten des Westbalkans am Konferenzprozess zur Zukunft Europas, wie dies durch die Co-Vorsitzenden der Zukunftskonferenz vorgebracht wurde. Die Beitrittsperspektive der Westbalkanstaaten ist eine der zentralen Zukunftsfragen Mitteleuropas und der Europäischen Union, damit die Gemeinschaft weiterhin ihre Kernfunktionen Stabilität und Friedenssicherung verwirklichen und Europas Interessen in einer globalisierten Welt vertreten kann. Die EU-Beitrittskriterien müssen im Zuge des Erweiterungsprozesses erfüllt werden.


Der Vorsitz der deutschen und österreichischen Landtagspräsident:innenkonferenz übermittelt diese Erklärung an

- die Präsidentin des Europäischen Parlaments, Frau Roberta Metsola, - den Präsidenten des Europäischen Rates, Herrn Charles Michel, - die Präsidentin der Europäischen Kommission, Frau Dr. Ursula von der Leyen, - den EU-Kommissar, Herrn Johannes Hahn, - den Präsidenten des Ausschusses der Regionen (AdR), Herrn Apostolos Tzitzikostas, - den Präsidenten der Konferenz der regionalen gesetzgebenden Versammlungen in der Europäischen Union (CALRE), Herrn Jean-Claude Marcourt, - die nationalen und regionalen Regierungen und die nationalen Parlamente in Deutschland und Österreich, - die Südtiroler Landesregierung und die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, - die in der Konferenz zur Zukunft Europas vertretenen deutschen und österreichischen Mitglieder sowie Südtirols und der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens.