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22.06.22
07:10 Uhr
Landtag

Konferenz der Landtagspräsidentinnen und Landtagspräsidenten: Bremische Erklärung zum Föderalismusdialog verabschiedet

Konferenz der Landtagspräsident:innen: Bremische Erklärung zum Föderalismusdialog verabschiedet Bei der Landtagspräsident:innenkonferenz (LPK) haben sich die Präsident:innen und Direktor:innen der deutschen Landesparlamente, des Bundestages und des Bundesrates unter dem Vorsitz des Bremer Bürgerschaftspräsidenten Frank Imhoff in den vergangenen Tagen in Bremen ausgetauscht. Die Konferenz der Landtagspräsident:innen tagt seit Beginn der Pandemie zum ersten Mal wieder in Präsenz.
Ein Schwerpunkt der dreitägigen Konferenz lag auf dem Themenkomplex "Hate Speech, Bots und Cyberkrime". Zur der Bedrohungslage von Politiker:innen referierte der Präsident des Bundeskriminalamtes, Holger Münch. Imhoff: "Als Landtagspräsident:innen treffen wir immer wieder auf Menschen, die sich mittlerweile genau überlegen, ob sie sich überhaupt politisch engagieren wollen. Für unsere Demokratie ist das eine bedenkliche Entwicklung. Das sollte Anlass sein, darüber zu diskutieren, wie Amts- und Mandatsträger geschützt sind und was sich ggf. strafrechtlich verändern muss." Der Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik, Arne Schönbohm, berichtete über die aktuelle Lage zu digitalen Angriffen auf Parlamente.
Die Präsident:innen verabschiedeten zum Abschluss ihrer Sitzung heute eine gemeinsame Bremische Erklärung zum Föderalismusdialog. Darin unterstreichen sie die Rolle der Landesparlamente, die durch ihre Öffentlichkeitsfunktion die Transparenz politischer Entscheidungen sicherten und damit für die Akzeptanz staatlichen Handelns maßgeblich seien.
Imhoff: "Die Parlamente waren während Corona die entscheidende Bühne für die demokratische Legitimation von Maßnahmen. Sie waren der Ort für Transparenz und Öffentlichkeit, für Debatten und Kontroversen, der Ort für die Übersetzung von komplizierten Maßnahmen in Alltagssprache." Gerade in Krisenzeiten und angesichts einer zunehmenden Polarisierung innerhalb der Bevölkerung sei eine frühzeitige und effektive Mitwirkung der Landesparlamente erforderlich.
Der "Föderalismusdialog" soll nach ihrer Auffassung genutzt werden, die Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen zukünftig noch krisenresilienter zu gestalten sowie Formen und Instrumente der Zusammenarbeit zu überprüfen und zu reformieren. Die Mitwirkung der Landesparlamente sei bei der Ausgestaltung dieses "Föderalismusdialogs" sowohl bei der Wahl der Formate, als auch bei den geplanten Vorhaben und den relevanten Fragestellungen erforderlich.
Mehr Mitwirkungsbefugnisse der Landesparlamente sollen nach ihrem Willen auch bei Verfassungsänderungen auf Bundesebene oder bei der Übertragung von Hoheitsrechten auf die EU geprüft werden, sofern diese zu Lasten der Kompetenzen von Landesparlamenten gehen.
Außerdem beschlossen die Teilnehmer:innen eine Erklärung zu den Ergebnissen der Konferenz zur Zukunft Europas. Die Konferenz zur Zukunft Europas war im Mai 2021 gestartet. Ein Jahr lang haben europäische und nationale Politiker:innen und Bürger:innen Ideen zur Zukunft der EU gesammelt, sich ausgetauscht und Vorschläge erarbeitet. Erstmals hatten die Landesparlamente mit den Landtagspräsidentinnen von Bayern und Baden- Württemberg in der Konferenz zur Zukunft Europas in einem entscheidenden Gremium auf europäischer Ebene direkt mitgewirkt.
Die Präsident:innen heben in ihrer Erklärung zu den Ergebnissen der Konferenz zur Zukunft Europas die Bedeutung von Regionalparlamenten mit Gesetzgebungskompetenzen in der Europäischen Union hervor. "Sie sind das Kernstück repräsentativer Demokratie", sagt Imhoff. Unter anderem fordern sie deshalb, dass künftig nationale wie Regionalparlamente, die über Gesetzgebungsbefugnisse verfügen, auch Gesetzesinitiativen auf europäischer Ebene vorschlagen können.
Im Hinblick auf Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in Europa bekräftigen die Präsident:innen, dass alle rechtlichen Möglichkeiten in Betracht zu ziehen seien, um Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit entgegenzutreten.
Die Bremische Erklärung zum Föderalismusdialog sowie die Erklärung zu den Ergebnissen der Konferenz zur Zukunft Europas finden Sie anliegend.



Kontakt
Nähere Auskunft erteilt: Rebekka Stuhrmann (Pressesprecherin), Telefon: 0421 / 361-12470
Bremische Bürgerschaft – Pressestelle – Am Markt 20 28195 Bremen Bremische Erklärung der Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen Landesparlamente zum Föderalismusdialog
„Den Föderalismus unter Beteiligung der Landesparlamente zukunftssicher fortentwickeln“
Beschlossen am 21. Juni 2022


1. In ihrer Entschließung von Wiesbaden haben die Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen Landesparlamente im Jahr 2016 ein Bekenntnis zum Föderalismus formuliert und betont, dass die Geschichte ebenso wie die Erfahrungen der Gegenwart dem Föderalismus eine Zukunft geben.
2. Die Präsidentinnen und Präsidenten begrüßen ausdrücklich, dass die Bundesregierung eine engere, zielgenauere und verbindlichere Kooperation zwischen Bund, Ländern und Kommunen anstrebt und dazu einen Föderalismusdialog zur transparenteren und effizienteren Verteilung der Aufgaben führen will. Die Präsidentinnen und Präsidenten betonen, dass es unabdingbar ist, die deutschen Landesparlamente an diesem Dialog zu beteiligen.
3. Die Präsidentinnen und Präsidenten bekräftigen die Rolle des Föderalismus als unverzichtbares Element der Gewaltenteilung und unterstreichen, dass es gerade die Öffentlichkeitsfunktion der Landesparlamente ist, die in allen Bundesländern die Transparenz politischer Entscheidungen sicherstellt und damit für die Legitimität staatlicher Gewalt maßgeblich ist. Dies gilt umso mehr in Krisenzeiten und angesichts einer zunehmenden Polarisierung innerhalb der Bevölkerung, erfordert allerdings eine frühzeitige und effektive Mitwirkung der Landesparlamente.
4. Der „Föderalismusdialog“ eröffnet nunmehr die Möglichkeit, in einer arbeitsteiligen Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen unter Einbeziehung der Landesparlamente die föderale Kompetenzordnung für die Zukunft noch krisenresilienter zu gestalten. Der Dialog sollte genutzt werden, um Formen und Instrumente der Zusammenarbeit in der Krise zu überprüfen und im Sinne eines modernen Föderalismus, der die sich stellenden Herausforderungen kooperativ angeht, zu reformieren. In diesem Zusammenhang sollten auch grundsätzliche verfassungsrechtliche Anpassungen überdacht werden. 5. Die aufgezeigten Schwächen der Formen und Instrumente der föderalen Zusammenarbeit zeigen deutlich, dass Landesparlamente bei der Ausgestaltung des „Föderalismusdialogs“ sowohl bei der Wahl der Formate, als auch bei den geplanten Vorhaben und den relevanten Fragestellungen mitwirken müssen. Die Beteiligung der Landesregierungen ist hier nicht ausreichend.
6. Die Mitwirkung der Landesparlamente bei Verfassungsänderungen auf Bundesebene und entsprechend bei der Übertragung von Hoheitsrechten auf die Europäische Union, die zu Lasten der Kompetenzen der Landesparlamente gehen, sollte in Erwägung gezogen werden. Trotz eigener rechtlicher Betroffenheit, haben die Landesparlamente keine Mitwirkungs- und Klagemöglichkeit auf Bundesebene.
Die Präsidentinnen und Präsidenten verweisen an dieser Stelle auf die Stuttgarter Erklärung aus 2010. Zu den dort angemahnten Mitwirkungsmöglichkeiten gehörte ausdrücklich die über Informationsrechte hinausgehende landesverfassungsrechtliche Möglichkeit der Bindung der Landesregierungen beim Stimmverhalten im Bundesrat und bei der Erhebung von Verfassungsklagen auf Bundesebene. In einigen Bundesländern sind solche landesverfassungsrechtlichen Vorgaben bereits geschaffen worden. In diesem Zusammenhang sollte auch eine verfassungsrechtliche Neuausrichtung des Bundesrates in Erwägung gezogen werden, um einen verfassungsgemäßen Zustand herzustellen. Erklärung der Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen und österreichischen Landesparlamente und des Südtiroler Landtags unter Beteiligung des Parlaments der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens zum Abschlussbericht der Konferenz zur Zukunft Europas vom Mai 2022 Beschlossen für die deutschen Landesparlamente in Bremen am 21. Juni 2022

1. Die Präsidentinnen und Präsidenten begrüßen den mit der Konferenz zur Zukunft Europas intensiv geführten Dialogprozess gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern, der am Europatag, dem 9. Mai 2022, mit der Vorlage eines umfassenden Ergebnisberichts im Europäischen Parlament in Straßburg zu einem Abschluss kam.
2. Der erstmals länderübergreifende, mehrsprachige und institutionenübergreifende Prozess stellt die Weichen für eine künftige Gestaltung der Europäischen Union, in deren Mittelpunkt die Stärkung der Demokratie, der Solidarität und des sozialen Zusammenhalts, die Verteidigung europäischer Werte, Rechtsstaatlichkeit sowie die Resilienz der Europäischen Idee stehen.
3. Vor dem Hintergrund des Angriffskrieges gegen die Ukraine betonen die Präsidentinnen und Präsidenten die besondere Bedeutung, in Europa gerade jetzt geeint zusammenzustehen, um die gegenwärtigen Herausforderungen bewältigen zu können und Demokratie und Frieden zu verteidigen und langfristig zu sichern.
4. Subsidiarität, Verhältnismäßigkeit und die Möglichkeit zur Mitgestaltung europäischer Entscheidungs- und Gesetzgebungsprozesse sind für die Regionalparlamente mit Gesetzgebungskompetenzen in der Europäischen Union tragende Prinzipien für ein zukunftsfähiges Europa. Die aktive Subsidiarität sowie das Mehrebenensystem werden im Abschlussbericht zutreffend als Schlüsselprinzipien für die Funktionsweise der Europäischen Union anerkannt.

5. Die Präsidentinnen und Präsidenten betonen, dass die Konferenzergebnisse nicht dazu führen dürfen, die besondere Bedeutung des Subsidiaritätsprinzips und die in den Verträgen geregelte Kompetenzverteilung in wichtigen Politikbereichen, die in besonderem Maße von kulturellen Prägungen des jeweiligen Mitgliedstaats beziehungsweise der jeweiligen Region abhängig sind, in Frage zu stellen.
6. Die Präsidentinnen und Präsidenten begrüßen, dass, wie im Abschlussbericht aufgeführt, das Plenum der Konferenz die unverzichtbare Rolle der Regionalparlamente im Subsidiaritätsfrühwarnsystem hervorhebt und eine Überprüfung dieses Mechanismus fordert. Sie schließen sich der Forderung im Abschlussbericht der Konferenz an, dass künftig die nationalen wie auch die Regionalparlamente, die über Gesetzgebungsbefugnisse verfügen, Ge- setzesinitiativen auf europäischer Ebene vorschlagen können. Unbeschadet des künftig verstärkt notwendigen formalisierten direkten Dialogs zwischen den Regionalparlamenten und den EU- Institutionen unterstützen die Präsidentinnen und Präsidenten den Vorschlag, die Rolle des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR) in Angelegenheiten mit territorialen Auswirkungen weiter zu stärken.
7. Die Präsidentinnen und Präsidenten sind als ein Ergebnis der Konferenz der Auffassung, dass ein zukunftsfähiges Europa nur dann fortentwickelt werden kann, wenn gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern die demokratischen Strukturen und der Parlamentarismus auf allen Ebenen der Europäischen Union gestärkt werden.
8. Die Regionalparlamente mit Gesetzgebungskompetenzen in der Europäischen Union sind Kernstück repräsentativer Demokratie. Erstmals haben die Landesparlamente mit den Landtagspräsidentinnen von Bayern und Baden- Württemberg in der Konferenz zur Zukunft Europas in einem entscheidenden Gremium auf europäischer Ebene direkt mitwirken können. Die Präsidentinnen und Präsidenten begrüßen ausdrücklich, dass im Abschlussbericht die Forderung der Regionalparlamente aufgegriffen wurde, den Beschlussfassungsprozess der Eu- ropäischen Union im Sinne einer größeren Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger weiterzuentwickeln und insbesondere die regionalen und lokalen Vertreter stärker einzubeziehen.

9. Die Präsidentinnen und Präsidenten stimmen mit dem Vorschlag überein, alle rechtlichen Möglichkeiten in Betracht zu ziehen, um Verstöße/-n gegen die Rechtsstaatlichkeit entgegenzutreten. Sie begrüßen, dass der Wunsch nach einer Beteiligung von Parlamentariern an den jährlich stattfindenden Rechtsstaatlichkeitskonferenzen Gehör gefunden hat. Nach ihrem Selbstverständnis und in ihrer Funktion als Vermittler von europäischer Politik, demokratischen Werten und Rechtsstaatlichkeit in den Regionen ist eine Beteiligung der Regionalparlamente unverzichtbar.
10. Die Präsidentinnen und Präsidenten würdigen ausdrücklich das Engagement der Bürgerinnen und Bürger, die sich auf allen Ebenen am Konferenzprozess beteiligt und umfangreiche Empfehlungen erarbeitet haben.
11. Die Präsidentinnen und Präsidenten begrüßen partizipative Elemente, wie die von den Bürgerinnen und Bürgern vorgeschlagene Verstetigung von Bürgerversammlungen auf europäischer Ebene, als eine Ergänzung der repräsentativen Demokratie, die diese jedoch nicht ersetzen kann. Sie heben in diesem Zusammenhang hervor, dass die Debatte um die praktische Ausgestaltung europäischer Bürgerbeteiligungsformate nicht an den regionalen Parlamenten vorbeigehen darf und diese an der Umsetzung zu beteiligen sind.
12. Die Präsidentinnen und Präsidenten fordern eine aktive Einbindung der Regionalparlamente mit Gesetzgebungskompetenzen in die sich nun anschließende Follow-Up Phase zur Umsetzung der Bürgerempfehlungen im Abschlussbericht der Konferenz.
13. Die Präsidentinnen und Präsidenten unterstützen die im Abschlussbericht aufgeführte Forderung des Plenums der Konferenz an die Institutionen der Europäischen Union, zur Umsetzung der Empfehlungen auch die Einleitung eines Konvents gemäß Artikel 48 EUV und damit eine ergebnisoffene Debatte über mögliche Vertragsänderungen in Erwägung zu ziehen, an welchem auch die Regionalparlamente mit Gesetzgebungskompetenzen zu beteiligen sind. Der Vorsitz der Konferenz der deutschen Landtagspräsidentinnen und Landtagspräsidenten übermittelt diese Erklärung an

- die Präsidentin des Europäischen Parlaments, Frau Roberta Metsola, - den Vorsitzenden der französischen Ratspräsidentschaft, Herrn Emmanuel Macron, - die Präsidentin der Europäischen Kommission, Frau Dr. Ursula von der Leyen, - den Präsidenten des Europäischen Rates, Herrn Charles Michel, - die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Frau Dubravka Suica, - das Mitglied im Europäischen Parlament, Herrn Guy Verhofstadt, - den Präsidenten des Ausschusses der Regionen (AdR), Herrn Apostolos Tzitzikostas, - den Präsidenten der Konferenz der regionalen gesetzgebenden Versammlungen in der Europäischen Union (CALRE), Herrn Jean-Claude Marcourt, - die Südtiroler Landesregierung und die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, - die nationalen und regionalen Regierungen und die nationalen Parlamente in Deutschland und Österreich, - die in der Konferenz zur Zukunft Europas vertretenen deutschen und österreichischen Mitglieder sowie Südtirols und der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens.