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17.10.22
13:51 Uhr
SPD

Martin Habersaat: Wir haben eine Grundschulkrise – und das ist nicht die Schuld der Grundschulen

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 1 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de PRESSEMITTEILUNG #450–17.10.2022
Martin Habersaat: Wir haben eine Grundschulkrise – und das ist nicht die Schuld der Grundschulen Im Jahr 2021 wurden zum dritten Mal nach 2011 und 2016 zentrale Kompetenzen am Ende der 4. Jahrgangsstufe in Deutsch und Mathematik bundesweit verglichen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch die pandemiebedingten Einschränkungen des Schulbetriebs in die Studie eingeflossen sind - allerdings in allen Ländern. Zur länderspezifischen Auswertung des IQB-Bildungstrends sagt bildungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Martin Habersaat,: Der Befund: In Schleswig-Holstein geht es in allen Bereichen bergab, in der Orthografie und in Mathematik sogar deutlich stärker als im Bundesschnitt. 28,8 Prozent der Schülerinnen und Schüler in Schleswig-Holstein haben einen Migrationshintergrund, niedrigere Werte haben nur die ostdeutschen Bundesländer. Trotzdem hat sich die Abhängigkeit der Schulleistungen von der (sozialen) Herkunft in Schleswig-Holstein besonders verstärkt. In sechs von 14 Ländern findet sich eine signifikante Verstärkung der sozialen Ungleichheiten, darunter Schleswig-Holstein. In allen Teilbereichen erreichen weniger Schülerinnen und Schüler als im Bundesschnitt den Optimalstandard. Stärken beim Lesen und Zuhören werden offenbar mit dem letzten Platz bei der Orthografie bezahlt, wo nur 3 Prozent der Schülerinnen und Schüler den Optimalstandard erreichen. Erfolge beim Lesen zwischen 2011 und 2016 wurden 2016 bis 2021 wieder eingebüßt. 21,9 Prozent der Schülerinnen und Schüler erreichen in Mathematik den Mindeststandard nicht. Auf den ersten Blick mag trösten, dass das nah beim Bundesschnitt von 21,8 Prozent liegt, aber: Wir kommen von 13,2 Prozent 2016! Wir haben eine Grundschulkrise, und das ist nicht die Schuld der Grundschulen. Die brauchen Fachkräfte, Ressourcen und Raum für gute Pädagogik – nicht mehr und nicht weniger. Peinlich mutet an, dass Schleswig-Holstein als das Land, in dem die Präsidentin der KMK Verantwortung trägt, eines von fünf Ländern ist, bei denen keine Angaben zur Ausstattung der Schulen mit technischen Endgeräten, WLAN oder dem Vorhandensein von Medienkonzepten möglich sind. Und eines von vier Ländern, für die wegen fehlender Angaben keine Aussagen zu Fernunterricht und Wechselunterricht in der Corona-Krise möglich waren.

Was ist zu tun? Bei den Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die eine allgemeinbildende Schule besuchen, hat Hamburg inzwischen denselben Anteil erreicht wie Schleswig-Holstein. Wenn Hamburg also überraschend gut abschneidet und Schleswig- Holstein überraschend schlecht, liegt es nicht, wie von CDU-Seiten zuweilen unterstellt, an der Inklusion. Mehr Noten, strengere Sortierung der Schülerinnen und Schüler nach Klasse 4 und

1 weniger Inklusion – die CDU-Rezepte, die Frau Prien an unseren Schulen nun seit 2017 umsetzt, haben offenbar keinen Erfolg gebracht. Fast jedes vierte Kind gab an, im Fach Mathematik eine hohe Ängstlichkeit zu erleben. Hier liegt ein wichtiger Ansatzpunkt für erfolgreiche Pädagogik. Die Prien-Logik, einfach die Zahl der zu unterrichtenden Mathe-Stunden hochzusetzen, wird es auch weiterhin nicht bringen. Wir brauchen andere Zugänge zu Mathematik, auch Fächer und Jahrgänge übergreifend, und eine Mathematik-Didaktik, die Zugänge öffnet. Wir brauchen eine in der Kita beginnende systematische Sprachförderung. Gerne mit Bundesmitteln. Wenn diese aber ausbleiben, darf die Antwort nicht lauten, dass das in Schleswig-Holstein dann eben nicht stattfindet. Diese Sprachförderung muss in der Schule weitergehen – für den DaZ-Unterricht verbunden mit der Maßgabe, dass die besten Lehrkräfte hier eingesetzt werden müssen. Es sollte erst die DaZ-Basisstufe (ausreichend!) besetzt sein und dann der Blick auf den restlichen Stundenplan geworfen werden. Wir brauchen eine ernst gemeinte Fachkräfteoffensive. Über das Engagement von Frau Prien 2017-2022 im für Lehrkräftebildung zuständigen Gremium wurde an anderer Stelle genug geschrieben. Sie und ihre Staatssekretär*innen brachten es auf 0 (!) Teilnahmen. Die Allianz für Lehrkräftebildung bietet eine neue Chance und wird sich auch die Themen vornehmen müssen, die oben für den Mathe-Unterricht angerissen sind. In Hamburg sind 97,3 Prozent der Grundschulen Ganztagsschulen, in Schleswig-Holstein gerade einmal 66,6 Prozent. Das ist deutlich, sagt aber noch nichts über die Qualität des Ganztagsangebots. Wir brauchen hier, spätestens wenn ab 2026 der Rechtsanspruch auf Ganztagsangebote in der Grundschule kommt, Ganztagsbildung und nicht Ganztagsbetreuung. Hier sind die Planungen im Land längst nicht so weit, wie sie es dringend sein müssten. Und schließlich: Die Corona-Pandemie wird unsere Schulen noch länger beschäftigen als nur bis zum Ende des nächsten Halbjahres. Das sollte auch Schwarz-Grün bei seiner Budgetplanung endlich berücksichtigen und das Auslaufen der Mittel zum Halbjahresende nicht noch als Erfolg verkaufen.



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