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26.01.23
10:40 Uhr
SPD

Niclas Dürbrook zu TOP 26: Respekt und Rückendeckung für Einsatzkräfte

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 26. Januar 2023
Niclas Dürbrook: Respekt und Rückendeckung für Einsatzkräfte TOP 26: Mehr Respekt für unsere Einsatzkräfte - Akzeptanz und Wertschätzung für die Arbeit unserer Einsatzkräfte stärken (Drs. 20/584, 20/628, 20/630) „Seit einigen Jahren gehören Gewaltkrawalle in verschiedenen deutschen Städten zu den erschreckenden Begleiterscheinungen der Silvesternacht. Viele werden die Bilder vom Jahreswechsel 2019/2020 aus Leipzig noch in Erinnerung haben. Sie gleichen in erschreckender Weise den Bildern, die uns vor wenigen Wochen aus Berlin erreicht haben. Das besonders erschütternde dabei sind nicht die teilweise enormen Sachbeschädigungen. Auch nicht die Verstöße gegen das Sprengstoffgesetz. Sondern es sind die vollkommen enthemmten Angriffe auf Polizei, Rettungsdienst und Feuerwehr. Diese Gewalt ist durch nichts zu rechtfertigen. Wer Polizei, Rettungsdienst oder Feuerwehr angreift, der greift uns alle an. Dem stellen wir uns entschieden entgegen!
Nach zwei Jahreswechseln mit Corona-bedingten Einschränkungen und vergleichsweise ruhigen Silvesternächten hatten wir Ende 2022 bereits frühzeitig eine Debatte über das Für- und Wieder von Böllerverboten. Diese Debatte hielt genau bis zum ersten Januar. Dann kamen die Bilder aus Berlin und über Nacht wurde die Böller- zur Migrationsdebatte. Es folgte die Diskussion über die Staatsbürgerschaft der Täter, die Anfrage der CDU nach den Vornamen der Festgenommenen, die üblichen Verweise auf Parallelgesellschaften und vorgebliche kulturelle Defizite. Ich will diesen Teil heute nicht zum Schwerpunkt machen, aber ein paar Sätze dazu müssen nach den letzten Wochen sein: Zwei Drittel aller Jugendlichen in Berlin-Neukölln haben einen Migrationshintergrund. Schon von der Statistik her ist naheliegend, dass das auch auf zwei Drittel der Straftäter zutrifft. Diese Zahl allein taugt daher nicht zur Skandalisierung, auch wenn einige das aus politischen Gründen versucht haben. Und sie taugt ganz offensichtlich auch nicht als Begründung für die Krawalle. Das zeigt das Beispiel von Leipzig und vielen anderen Städten in den letzten Jahren. Silvesterkrawalle sind kein originäres Problem von Stadtteilen mit hohem Migrationsanteil.
Es ist leider so: Krawalle in Neukölln halten als Beleg für Integrationsprobleme her, eskalierende Fußballspiele oder regelmäßige Randale am 1. Mai werden hingegen ganz anders

1 diskutiert. Ich verstehe den Wunsch nach einfachen Antworten auf erschütternde Bilder. Aber diese Verästelung der Debatte bringt keine Erkenntnisgewinn. Im Gegenteil: Sie trägt zur Stigmatisierung vieler Millionen Menschen mit Migrationshintergrund und zur Spaltung der Gesellschaft bei. Nicht nur in Berlin, sondern auch in Schleswig-Holstein.
Egal wo im Land ich mit Polizistinnen und Polizisten spreche, berichten sie übereinstimmend: Das Klima ist rauer geworden. Das Problem sind nicht nur Krawalle wie an Silvester, bei denen die Öffentlichkeit hinschaut. Sondern das Problem sind vor allem auch die vielen vermeintlich alltäglichen Situationen, die von jetzt auf gleich eskalieren und brenzlig werden. Bei denen es aber immer wieder zu Übergriffen, zu verletzten Polizeibeamtinnen und -Beamten kommt. Und es ist leider kein neues Phänomen, dass auch bei uns im Land im Rettungsdienst zur Schutzweste gegriffen wird. Oder dass die Feuerwehr nicht nur behindert, sondern aktiv angegangen wird. Das ist erschreckend und eine neue Normalität, an die wir uns als Gesellschaft niemals gewöhnen dürfen.
Wir finden es deswegen richtig, noch einmal den Beschluss des Landtags von 2020 in Erinnerung zu rufen. Denn leider hat sich nichts daran geändert, dass die vielen Fälle von Übergriffen auf Einsatzkräfte laufend aufgearbeitet werden müssen. Dass Ausbildung und Ausrüstung immer wieder auf den Prüfstand gehören. Auch wenn das Klima auf der Straße rauer wird: Unser Ansatz der Bürgerpolizei ist in Schleswig-Holstein uneingeschränkt richtig. Unsere Polizei ist fest verankerter Teil dieser Gesellschaft. Unsere Beamtinnen und Beamten erhalten bereits in ihrer Ausbildung ein Menschenbild vorgelebt, dass genau das widerspiegelt. Wir müssen unsere Landespolizei immer wieder aufs Neue in die Lage versetzen, diesem Anspruch gerecht zu werden. Und das bedeutet zum Beispiel, sich mit dem gigantischen Überstundenberg nicht abzufinden. Ein Beispiel für das, was passieren muss ist darum der schnelle Aufbau der Zweiten Einsatzhundertschaft. Aber natürlich auch die Verstärkung in der Fläche. Und darum ist es so alarmierend, wenn der aktuelle Jahrgang im mittleren Dienst die Ausbildung zwar mit beeindruckenden Bestnoten absolviert, im Laufe der zweieinhalb Jahre aber um rund 40 Anwärterinnen und Anwärter geschrumpft ist. Oder wenn wir für den gehobenen Dienst zum Ausbildungsstart nicht alle Studienplätze besetzt bekommen. Dadurch fehlen Beamtinnen und Beamte, die es für den Stellenaufbau dringend bräuchte. Ich erwarte darum, dass die Landesregierung schnellstmöglich gegensteuert. Und auch mit der Situation bei den Feuerwehren und beim Rettungsdienst dürfen wir uns nicht einfach abfinden. Ich kann nicht beurteilen, ob technische Lösungen der Weisheit letzter Schluss sind, den ständigen Austausch über angepasste Einsatzplanung und Schutzkonzepte braucht es aber allemal.
Einsatzkräfte verdienen nicht nur Akzeptanz und Wertschätzung, sondern vor allem Respekt und Rückendeckung. Dafür zu sorgen ist unsere Aufgabe – herzlichen Dank!“


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