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22.02.23
12:15 Uhr
SPD

Marc Timmer zu TOP 6: Kernenergie geht dem Ende entgegen – und das ist richtig so

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 22. Februar 2023
Marc Timmer: Kernenergie geht dem Ende entgegen – und das ist richtig so TOP 6: Für eine längere Laufzeit der Kernkraftwerke (Drs. 20/557)
„Die FDP bleibt dran. Für eine längere Laufzeit der Kernkraftwerke zum Dritten. Auch die Wiederholung macht es nicht besser. Weil es zum dritten Mal im Kern ein gleichgerichteter Antrag ist, werde ich mich heute unter Verweis auf meine Rede vom 31. August 2022 kurzhalten. Denn an der Argumentation gegen eine Laufzeitverlängerung der drei verbliebenen Kernkraftwerke hat sich aus meiner Sicht nichts geändert. Die derzeitige Laufzeit bis zum 15. April 2023 hat den Hintergrund, dass der Betrieb im Streckbetrieb mit den bestehenden Brennstäben möglich ist. Das heißt, dass der Betrieb der Kernkraftwerke sinngemäß so gedrosselt wurde, dass sich die Brennstäbe langsamer abnutzen. Der Einsatz der Brennstäbe ist so bis Mitte April 2023 möglich.
Wir bleiben bei unserem klaren Nein zur Atomenergie. Und selbst wenn wir uns auf das Gedankenspiel der FDP einlassen würden: Bei einem Weiterbetrieb über April hinaus müsste eine Neubeschaffung der Brennstäbe erfolgen. Es ist gewissermaßen eine Neukonfektionierung der Anlagen. Die Beschaffung der neuen Brennstäbe dauert bis zu 18 Monaten und ist teuer. Der Aufwand für den Weiterbetrieb ist aus sicherheitstechnischen Erwägungen nicht zumutbar. Die Anforderungen an den Nachweis der Sicherheit erhöhen sich kontinuierlich und müssen mit der wissenschaftlichen und technischen Entwicklung schritthalten (Stand von Wissenschaft und Technik). Für in Betrieb befindliche Atomkraftwerke müssen technische Anpassungen an die neuesten Sicherheitsentwicklungen alle zehn Jahre durch eine periodische Sicherheitsüberprüfung bestimmt und durchgeführt werden.
Diese Sicherheitsüberprüfung stünde bei allen verbliebenen Kernkraftwerken an. Ein erheblicher Bedarf an sicherheitstechnischer Ertüchtigung – mit entsprechenden Kosten, Zeitaufwand und ungewissem Ausgang - ist zu erwarten. Die zusätzlichen Sicherheitskosten erhöhen die Stromkosten. Eine Alternative wäre, dass auf Sicherheit beim Betrieb verzichtet würde. Doch wer möchte dies?


1 Im aktuellen Haushaltsentwurf sind nur für die Erstattungen von Kosten für Sachverständige in den atomrechtlichen Genehmigungs- und Aufsichtsverfahren im Rahmen der Stilllegung der Kernenergieanlagen satte 20 Mio. EUR veranschlagt. Dies gibt eine Indikation für die Gutachten im Rahmen der erforderlichen Sicherheitsüberprüfungen.
Die Personalfrage ist nicht geklärt. Bei einem Weiterbetrieb müsste der Personalstamm erhalten bzw. neues Personal angeworben werden. Dies ist unsicher. In jedem Fall müssten Fachkundenachweise erneuert werden. Zudem bergen Kernkraftwerke bei kriegerischen Auseinandersetzungen ein hohes – nicht zu vermeidendes - Risiko. Wir alle wollen es nicht hoffen und es besteht derzeit keine Veranlassung zu denken, dass sich der völkerrechtswidrige Krieg Russlands gegen die Ukraine ausweitet. Fakt ist jedoch, dass kerntechnische Anlagen ein nicht zu verhinderndes Risiko darstellen.
Der Beitrag der verbliebenen Kernkraftwerke zur Energiesicherheit bleibt bescheiden. Die drei verbliebenen Kernkraftwerke liefern etwa sechs Prozent des deutschen Strombedarfs, also die Hälfte der Stromgewinnung aus Gaskraftwerken. Als Ersatz für Gaskraftwerke sind Atomkraftwerke ohnehin nicht geeignet. Denn Gaskraftwerke werden zur Netzstabilität benötigt. Sie können schnell hoch- und runterfahren und damit Spitzenlasten bedienen und Schwankungen bei erneuerbaren Energien ausgleichen. Beides kann Strom aus Atomkraftwerken nicht. Darüber hinaus liefern einige Gaskraftwerke auch Wärme und können nicht ohne weiteres durch Atomanlagen ersetzt werden.
Letztlich: Der Antrag der FDP sieht keine zeitliche Befristung des Weiterbetriebs der Kernkraftwerke vor. Halten wir also fest: Die FDP strebt den Wiedereinstieg in die Kernenergie an. Dies hieße auch eine Verschärfung der ungelösten Frage der Endlagerung. Bitte machen Sie sich klar: Die Zwischenlager füllen sich. Ein Endlager ist bisher nicht in Sicht. Die Endlagersuche ist im Gange und dauert Jahre. Ist eine Endlagerung der atomaren Abfälle in Schleswig- Holstein ausgeschlossen? Nein. Der Ausgang ist offen. Wir bürden den folgenden Generationen mit dieser Frage ohnehin eine große Last auf, bedenkt man, dass die Endlager für Millionen von Jahren entsprechend der Strahlungsdauer angelegt sein müssen.
FAZIT: Wir lehnen den Antrag der FDP zum Wiedereinstieg in die Atomenergie ab. Der Ausstieg Mitte April diesen Jahres muss bestehen bleiben. Denn Atomenergie ist teuer, ein Risikofaktor und die Endlagerfrage ist nach wie vor ungeklärt. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.“



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