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24.02.23
13:15 Uhr
B 90/Grüne

Catharina Nies zur Unterbringungssituation von Geflüchteten

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein TOP 17+18 - Berichtsantrag zur Unterbringungssituation von Pressesprecherin Geflüchteten in Schleswig-Holstein sowie Forderung eines Claudia Jacob Flüchtlingspaktes für Schleswig-Holstein Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 Dazu sagt die flüchtlingspolitische Sprecherin 24105 Kiel der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Catharina Nies: Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 064.23 / 24.02.2023


Wir tragen gemeinsam Verantwortung für eine solidarische Geflüchtetenpolitik
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren,
wir tragen hier in Schleswig-Holstein gemeinsam Verantwortung für eine solidarische Ge- flüchtetenpolitik. Und dafür arbeiten Land und Kommunen, Haupt- und Ehrenamtliche Hand in Hand. Und seit genau einem Jahr wieder unter dem Druck massiv steigender Zahlen durch die vielen Menschen, die aus der Ukraine flüchten.
Strukturell hallt die Flüchtlingskrise von 2015/16 nach. Damals haben wir in Schleswig- Holstein über den sogenannten „Flüchtlingspakt“ Vereinbarungen mit Politik, Wirtschaft, Kirchen, Verbänden und Wohnungswirtschaft geschlossen und zu verschiedenen The- men Arbeitsgruppen gegründet, um gemeinsam Maßnahmen zu entwickeln.
Damals wurden Bedarfe erkannt, Strukturen etabliert und wertvolle Erfahrungswerte auf- gebaut, um Schutzsuchenden eine würdige Unterbringung und Teilhabe zu ermöglichen. Die SPD fordert nun, diesen Flüchtlingspakt neu aufzulegen.
Aus unserer Sicht würde dies aber keine Verbesserungen bringen, weil vieles davon be- reits umgesetzt wird. Was wir aktuell brauchen, sind keine zusätzlichen Arbeitsgruppen, sondern nachhaltige Lösungen, an denen sich die Bundesebene beteiligt.
Beispielsweise bei der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Das ist nicht nur eine Schlüsselfrage für die Unterbringung geflohener Menschen, die bei uns bleiben werden, sondern für viele Familien und Geringverdienende in unserem Land.
Ich kann deshalb nicht verstehen, wie die Bundesministerin für Wohnen und Bauwesen,
Seite 1 von 3 Klara Geywitz, bei dem Flüchtlingsgipfel der Bundesregierung nicht anwesend sein konnte.
Wir haben 2022 auf den damaligen Erfahrungen aufgebaut und entwickeln die Konzepte stetig weiter – natürlich im Austausch mit Kommunen und Verbänden. Genau deshalb konnten wir im Februar 2022 auch voll Überzeugung sagen, dass wir uns der humanitä- ren Verantwortung stellen die Schutzsuchenden aus der Ukraine aufzunehmen.
31.000 Vertriebene sind laut Ausländerzentralregister seit Februar gekommen. Im Schnitt sind 4.325 asylsuchende Menschen in den fünf Landesunterkünften untergebracht - in Neumünster, Boostedt, Rendsburg, in Bad Segeberg sowie in Seeth, das 2022 aufgrund des Standortkonzeptes von 2017 neu hochgefahren werden konnte.
Das alles ist transparent nachzulesen in dem Zuwanderungsbericht, der monatlich veröf- fentlicht wird. Außerdem berichtet die Landesregierung bereits regelmäßig im Innen- und Rechtsausschuss.
Das Land hat sich 2017 mit seinem Standortkonzept auf besonders hohe Zahlen vorbe- reitet: Es hält dauerhaft 2.500 Plätze in den aktiven Landesunterkünften vor und 2.500 Plätze in Reserve, die relativ schnell hochgefahren werden kann.
Geflohene aus der Ukraine sind dort aber nicht wohnverpflichtet. Das ist für Träger*innen eines Aufenthaltstitels nach § 24 Aufenthaltsgesetz nicht vorgesehen. Diese können frei entscheiden, wo sie wohnen. Es ist wichtig, dass allen Kommunen diese rechtliche Situ- ation bewusst ist.
Dennoch: Um die Aufnahmesituation vor Ort auf anderer Seite zu entlasten, hat die Lan- desregierung die Kapazitäten auf sogar 7.000 Betten hochgefahren. Wir müssen aber auch sehen, dass das nicht dauerhaft so sein kann, denn Integration findet vor Ort statt und eine Langzeitunterbringung in großen Liegenschaften ist Menschen nicht zumutbar und kann nicht unser Ziel sein.
Ich denke, wir müssen der Tatsache in die Augen sehen, dass wir dauerhaft mit hohen Geflüchtetenzahlen zu rechnen haben und deshalb die Unterbringungs- und Integrations- strukturen vor Ort langfristig und dauerhaft planen müssen. Und mir ist sehr bewusst, dass sich daraus massive Herausforderungen für die aufnehmenden Städte, Gemeinden und Ämter ergeben.
Deshalb stellen wir als Land zwei Töpfe zur Verfügung, die deckungsfähig sind: 6,5 Mil- lionen Euro für Vorhaltekosten und 18 Millionen Euro für die Herrichtung von Wohnraum. Die Herrichtungsrichtlinie wurde im Dezember an die Antragslage und die Bedürfnisse der Kommunen angepasst. Die Mittel können sowohl für die Sanierung einer Wohnung als auch für Neubau beantragt werden.
Die Zweckbindung dieser Immobilien von vier Jahren für die Unterbringung Geflüchteter könnte für meinen Geschmack hochgesetzt werden, damit wir hiermit dauerhafte Struk- turen aufbauen. Herausforderungen ergeben sich auch für die Ausländer- und Zuwande- rungsbehörden der Kreise und kreisfreien Städte, die dringend mehr Personal benötigen, um endlich den Bearbeitungsstau der Anträge abzubauen.
Und dafür bitten wir die Landesregierung, sich beim Bund einzusetzen und aktiv nach Lösungen zu suchen. Denn wenn geflüchtete Menschen Ausbildungs- und Arbeitsplätze verlieren, weil ihre Arbeitserlaubnis erst ein knappes Jahr nach Antrag erteilt wird, oder
2 sie keine Möglichkeit haben, eine eigene Wohnung zu mieten oder ein Konto zu eröffnen, weil ihre Papiere monatelang nicht verlängert werden, entsteht nicht nur Frust, sondern entstehen auch gesellschaftliche Folgekosten. Weil Menschen sich nicht aus dem Sozi- alleistungsbezug oder einer kommunal gestellten Wohnung lösen können.
Die langen Bearbeitungszeiten belasten das gesamte Integrationssystem: Alle stehen im Stau bei den Ausländerbehörden, die wie ein Nadelöhr sind. Das muss sich grundlegend ändern. Und auch die Integrationskurs-Lücke muss geschlossen und die Zulassungskri- terien für Lehrkräfte in den Deutschsprachkursen abgesenkt werden.
Wir haben zahlreiche Herausforderungen und dennoch muss und wird es uns mit verein- ten Kräften gelingen, unsere Schutzstandards aufrecht zu erhalten, Menschen weiterhin würdig unterzubringen, gut zu beraten und gesellschaftliche Teilhabe zu fördern.
Die Landesregierung handelt genau in diesem Sinne. Lassen wir sie weiter ihre Arbeit machen und keine wertvollen Kapazitäten binden.
Vielen Dank!
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