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22.03.23
19:22 Uhr
SPD

Beate Raudies zu TOP 2,4,7,28+58: Die Umsetzung politischer Projekte ist aktuell keine Frage des Geldes, sondern des politischen Willens!

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 22. März 2023
Beate Raudies: Die Umsetzung politischer Projekte ist aktuell keine Frage des Geldes, sondern des politischen Willens! TOP 2,4,7,28+58: Haushaltsberatungen 2023 (Drs. 20/569, BBE 20/786, ÄndA 20/851, 20/530, 20/531, BBE 20/789, ÄndA 20/838, ÄndA 20/839, ÄndA 20/840, ÄndA 20/841, ÄndA 20/861, ÄndA 20/864, 20/734, 20/801, AltA 20/865, 20/764)
„Sie haben es heute mehrfach von uns gehört: Die Lösung muss so groß sein wie das Problem. Sie plappern den Satz sogar nach, aber verstanden haben Sie ihn nicht: Denn Ihr Haushalt bietet keine Lösungen für die großen Herausforderungen. Ich will gerne noch einmal ein paar aufzählen: • Laut Infrastrukturbericht fehlen mehr als 600 Mio. Euro für unsere Krankenhäuser. • Zur Umsetzung des Landesnahverkehrsplans fehlen mindestens 600 Mio. Euro. • Die Landesliegenschaften müssen energetisch ertüchtigt werden – und die Landesregierung hat keine Ahnung, was das kosten wird. • Der VSHEW schätzt den Finanzbedarf für die Umstellung der Wärmeversorgung im Land auf ca. 6 Mrd. Euro. • Der Sanierungsstau bei den Schulen ist riesig. Das 120-Millionen-Euro Schulbauprogramm des Landes („IMPULS 2030 II“) ist zehnfach überzeichnet. • Investitionszuschüsse des Landes für neue Kitas gibt es ab nächsten Jahr nicht mehr – egal, wie viele Plätze fehlen. • Laut aktuellem Familienbarometer werden Familien mit Kindern durch die Inflation besonders stark belastet. Im Haushalt findet sich hier nichts, was ihnen wirklich helfen würde.
Darauf antwortet die Finanzministerin heute mit 850 Mio. Euro Klimaschutzinvestitionen – zusammengesammelt aus dem Verkaufserlös der HSH PM, aus HH-Überschüssen und dem Notkredit. Ein Tropfen auf dem heißen Stein angesichts der Herausforderungen, die Klima- und Energietransformation mit sich bringt… Unseren Lösungsvorschlag kennen Sie – wir haben heute Morgen darüber gesprochen. Die Antwort des Kollegen Koch: „Der Markt wird es richten“. Dann frage ich mich, warum wir seit
1 Jahren in den Ausbau der Breitbandinfrastruktur und den ÖPNV investieren müssen, und warum es erst 3.200 E-Ladesäulen im Land gibt. Und Kollege Petersdotter theoretisiert über das Problem, aber muss am Ende eingestehen, dass die vernünftige Lösung mit der CDU nicht machbar ist.
Fazit: Die Umsetzung politischer Projekte ist aktuell keine Frage des Geldes, sondern eine Frage des politischen Willens. Alle, die in diesem Haus heute davon gesprochen haben, dass kein Geld für die Entlastung der BürgerInnen, für die industrielle Transformation, für die Umsetzung der Energiewende und für Investitionen in Kitas, Ganztagsschulen und Krankenhäuser vorhanden sind, die wussten es entweder nicht besser, oder sie haben die Unwahrheit gesagt.
Spätestens seit dem Jahresabschluss 2022 ist klar: Selten war die finanzielle Situation in SH so gut wie derzeit. Die Steuereinnahmen des Landes sind seit 2012 um rund 60 Prozent gestiegen, von 6,8 Milliarden auf 11,5 Milliarden in 2022. Aber wenn der MP hier fragt, warum denn die KüstenKoa nicht mehr für den Klimaschutz getan habe, dann ich erinnere Herr Günter gerne daran, dass SH von 2011 bis 2017 eine Haushaltsnotlageland war und unter der Aufsicht des Stabilitätsrates stand.
Und für alle, die immer von Generationengerechtigkeit reden: Trotz HSH Nordbank und Corona ist die Schuldenquote des Landes zwischen 2012 und 2021 von 34,2 auf 31,7 Prozent gesunken, dank regelmäßiger Überschüsse im Haushalt. Aber ist es generationengerecht, wenn unseren Kindern die Schulen über dem Kopf zusammenfallen oder Krankenhäuser nicht modernisiert werden können, wenn wir unsere Liegenschaften weiter mit Öl und Gas heizen? Was nützt uns die Schwarze Null, wenn Lehrkräfte, PolizistInnen und PlanerInnen fehlen?
Wie in jedem Jahr hat der Haushalt auch in 2023 finanzielle Reserven. Das gilt für große Sondervermögen genauso wie für kleine Haushaltsstellen. Die Einnahmen des Landes wachsen kräftig, auch aufgrund der steigenden Preise. Wer die Erläuterungen aufmerksam gelesen hat, konnte ausrechnen, dass vom Ukraine-Notkredit noch mehr als 1 Milliarde Euro zur Verfügung stehen. Dazu kommen mehr als 500 Mio. Euro in Rücklagen aus der Corona-Zeit. Und wie in jedem Jahr wird es auch 2023 wieder einen Haushaltsüberschuss geben...
Ich erinnere gerne nochmal an die letzten Jahre – da hatte ich das übrigens auch vorhergesagt: 2017: 565 Mio. Euro, 2018: 520Mio. Euro (wg. HSH-Schulübernahme aber Defizit), 2019: 570 Mio. Euro und selbst im Pandemie-Jahr 2021: 280 Mio. Euro Gleichzeitig schafft es die Finanzministerin immer weniger, das im Haushalt verplante Geld auch auszugeben. Bei 140 Mio. Euro Minderausgaben im Personalbereich davon zu sprechen,


2 man habe gut gewirtschaftet, ist pure Schönfärberei. Denn es zeigt, wie krass unterbesetzt viele Bereiche der Landesverwaltung sind. Der Stellenplan hat nichts mehr mit der Realität zu tun. In weiten Teilen ist schon die Handlungsfähigkeit massiv gefährdet, z.B. in der Steuerverwaltung, in den Planungsämtern und auch in den Schulen. Das Land braucht gerade in der Krise dringend an allen Ecken und Enden neues Personal. Wir brauchen endlich echte Verbesserungen bei der Besoldung, bei der Arbeitszeit und beim Dienstrecht. Sonst werden weiter junge Menschen in andere Bundesländer abwandern, wo die Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst deutlich attraktiver sind. 210 Millionen Euro an Investitionen sind auch deshalb 2022 nicht realisiert worden. Damit liegt die Investitionsquote, für die sich die Regierung in jeder Haushaltsberatung so sehr lobt, real übrigens bei nur 7,9 Prozent und nicht bei über 10%. Und das, obwohl aufgrund der Baukostensteigerungen für jeden Euro noch weniger realisiert werden kann, als noch vor ein paar Jahren.
Die gemütlichen Zeiten im glücklichsten Bundesland sind vorbei. Wir brauchen einen leistungsfähigen, starken Staat, der die Probleme der Menschen löst. Und der muss mit ausreichenden Finanzmitteln ausgestattet sein – da bin ich ganz bei Lasse Petersdotter. Aber woher soll das Geld kommen, wenn wir nicht auch mal über eine Erhöhung der Staatseinnahmen sprechen, und nicht immer nur über Entlastung für BürgerInnen, so dringend diese jetzt auch sein muss? Die Antworten liegen ebenfalls seit Jahren auf dem Tisch: Vermögensteuer, Reform der Erbschaftsteuer, Vermögensabgabe, höhere Steuersätze bei der Einkommensteuer. Diejenigen, die viel besitzen, können einen höheren Beitrag leisten, um die großen Herausforderungen unserer Zeit anzugehen: Klimawandel, Digitalisierung, demographischer Wandel, Wohnungsmangel, Bildungs- und Chancengerechtigkeit. Wir SozialdemokratInnen sind fest davon überzeugt, dass mehr Steuergerechtigkeit der zukunftsweisende Weg zu einer Gesellschaft ist, die sich an den Werten Gemeinwohl, Chancengleichheit und Zusammenhalt orientiert. Aber zur Ehrlichkeit gehört auch: Dafür gibt es derzeit keine politischen Mehrheiten. Mit Sparen allein ist es aber auch nicht getan, auch wenn ich die Anstrengung der Jungen Union zu schätzen weiß. Sie hat sich immerhin die Mühe gemacht, den HH zu durchforsten. Den Regierungsfraktionen ist zur Finanzierung Ihrer Preisschildchen nichts Besseres eingefallen als die Erhöhung der Neuverschuldung – peinlich, Herr Koch!
Mit ihrem Haushaltsentwurf zeigt die schwarz-grüne Koalition alles andere als die Innovation, die sie verspricht. Einen echten Weg aus der Krise und zur Entlastung der Menschen in diesem Land zeigt sie aber nicht auf. Wir lehnen den Haushalt ab.“



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