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23.03.23
12:20 Uhr
SPD

Sophia Schiebe zu den TOP's 20+45: Armutsspiralen durchbrechen - Kindern die Chance auf ein gutes Aufwachsen geben

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 23. März 2023
Sophia Schiebe: Armutsspiralen durchbrechen - Kindern die Chance auf ein gutes Aufwachsen geben TOP 20+45: Kinderarmut beenden – gesellschaftliche und soziale Teilhabe von Kindern und jungen Menschen gewährleisten sowie Kontinuierliche Weiterentwicklung der Sozial- und Armutsberichterstattung (Drs. 20/781(neu), AltA 20/875, 20/833)
„Das Achselzucken ist eine Geste,“ wenn ich zitieren darf „bei der beide Schultern angehoben und nach unterschiedlich langer Verzögerung wieder abgesenkt werden. Das Achselzucken gilt als Ausdruck von Ratlosigkeit, Gleichgültigkeit oder beidem und wird in der Regel auch von entsprechender Mimik begleitet.“ Neben Ratlosigkeit und Gleichgültigkeit habe ich während meiner beruflichen Laufbahn eine weitere Bedeutung von Achselzuckungen immer wieder beobachten können: Immer dann, wenn Kinder mir erzählt haben, dass sie Kopfschmerzen oder Hunger hatten und ich sie fragte, ob sie dann schon was getrunken oder gegessen hätten. Diese das verneinten und Zugaben gar nichts dabei zu haben und ich sie vorsichtig danach fragte, warum sie nichts dabei hätten. Schließlich sei das sehr wichtig. Kam immer die gleiche Reaktion: Achselzucken.
Achselzucken wird von Kindern nicht selten verwendet, wenn sie sich dafür schämen, dass es zu Hause gerade nicht so gut läuft oder sie von Armut betroffen sind. Also ein Achselzucken als Notlüge. Jedes 5. Kind in Schleswig-Holstein ist von Armut betroffen. Auf diesem hohen Niveau stagniert die Kinderarmut nun seit fast zwei Jahrzehnten und durch die aktuelle Energiepreiskrise können wir davon ausgehen, dass sich die Situation absehbar noch verschärfen wird.
Wer Kinder hat, hat ein erhöhtes Armutsrisiko. Je mehr Kinder, desto höher fällt dieses Risiko aus. Es trifft Alleinerziehende, aber auch Mehrkindfamilien mit zwei Eltern. Um diese Armutsspirale zu durchbrechen und Kindern Chancen auf ein gutes Aufwachsen zu geben, muss eine armutsfeste Kindergrundsicherung eingeführt werden. Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung ist bereits eine Kindergrundsicherung vorgesehen und es wird ja auch aktuell viel drüber diskutiert. Die Kindergrundsicherung muss in ihrer Gestaltung armutsfest sein und
1 unbürokratisch an die Kinder ausgezahlt werden. Mit dem Antrag vom SSW und von uns wollen wir daher ein Signal Richtung Berlin senden und unsere Unterstützung für diese so wichtige Forderung nochmals unterstreichen.
Armut hat negative Auswirkungen auf unterschiedliche Bereiche des Lebens, der Entwicklung und die Zukunftschancen von Kindern. Sie hat Folgen für ihre Gesundheit, ihren Bildungsweg sowie ihre Möglichkeiten der sozialen Teilhabe und Entfaltung ihres persönlichen Potentials. Daher braucht es unserer Meinung nach, endlich einen ganzheitlichen und kindzentrierten Blick auf Armutsprävention und -bekämpfung. Ziel sollte es sein, allen Kindern ein gutes und gesundes Aufwachsen sowie gleiche Lebenschancen unabhängig von ihrem Wohnort und ihrer Herkunft zu ermöglichen.
Armutsberichte, Konferenzen und Runde Tische können sicherlich einen Beitrag dazu leisten, diesen Blick zu schärfen und weitere Schritte zu planen. Allerdings gab und gibt es bereits viele dieser Analysen und Austauschformate, sodass wir auf hier nicht politisch stehen bleiben sollten, sondern endlich aktiv ins Handeln treten müssen. Bereits bei dieser Plenartagung hatten wir die Gelegenheit, aktiv gegen Kinderarmut vorzugehen, sei es mit der Übernahme der Verpflegungskosten der Kita-Kinder für 2023 aus dem Ukraine-Notkredit oder wenn wir uns bei dem Top davor darauf geeinigt hätten, endlich bei den Schulkosten ein paar Schritte voranzukommen. Doch dazu gab es von schwarz-grün jeweils eine Ablehnung und von den Ministerinnen Prien und Touré keine Alternativen, wie sie das jeweilige Problem andernfalls angehen wollen. In Baden-Württemberg will die Landesregierung beispielsweise bis 2030 in jedem Landkreis sowie kreisfreien Stadt Netzwerke aufbauen, die gefährdete Kinder und Jugendliche auffangen sollen. Dafür nimmt das Land rund vier Millionen Euro in die Hand. In den Netzwerkstellen sollen Wohlfahrtsverbände, Vereine und Kommunen zusammenarbeiten, um Kindern aus armen Familien auf unterschiedliche Weise zu helfen, zum Beispiel bei Problemen in der Schule. Und wir hätten da auch noch eine paar gute Ideen gegen Kinderarmut: Wie wäre es mit guten und beitragsfreie Kitas, ein Ganztagsangebot für alle Schulkinder in Schleswig-Holstein, eine soziale Infrastruktur für Kinder und Jugendliche und freie Fahrt in Bus und Bahn im Nahverkehr sowie ein Recht auf Mobilität vor allem für den ländlichen Raum.
Wir werden all diese Schritte finanziell nicht auf einmal bewerkstelligen können, das ist auch uns klar. Aber es muss in die richtige Richtung gehen. Gestern bei den Haushaltsverhandlungen hieß es von schwarz-grün immer mal wieder, wenigstens etwas machen wir. Schon mal ein erster Schritt. Daher fordere ich an dieser Stelle die Regierung auf: Wenigstens etwas aktiv gegen Kinderarmut zu tun. Ich möchte meinen damaligen Kids nicht



2 mit Achselzucken begegnen, wenn sie mich fragen, was diese Landesregierung für ein gleichwertiges und chancengleiches Aufwachsen in Schleswig-Holstein tut.“



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