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23.03.23
15:29 Uhr
SPD

Martin Habersaat zu den TOP's 9+19: Das darf sich nicht wiederholen

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 23. März 2023
Martin Habersaat: Das darf sich nicht wiederholen TOP 9+19: Gesetz zur Änderung des Gesetzes zum Schutz der Denkmale sowie Kulturdenkmale schützen (Drs. 20/768, 20/767, AltA 20/972)
„„Am 30. Dezember 2022 wurde plötzlich, überraschend und rechtswidrig der „Alte Gasthof" in List auf Sylt abgerissen. Das Gebäude existierte seit 1650, seit 1804 war es ein Gasthof. Im Januar 2023 sollte geprüft werden, ob das Gebäude denkmalgeschützt werden könne. So weit kam es nicht mehr, weil Fakten geschaffen wurden. Eigentlich hätte die Gemeinde List den Abriss genehmigen müssen, aber das wurde von den Eigentümern umgangen und das zu erwartende Bußgeld für die Ordnungswidrigkeit vermutlich bereits in die weitere Nutzung des Grundstücks „eingepreist“, wie viele auf Sylt glauben. Egal wie rechtswidrig - aus Investorensicht lohne sich der Abriss offenbar, hört man.“
So beginnt der Artikel von Claas Riecken in der März-Ausgabe von „Nordfriesland“. Ähnliche Fälle kommen immer wieder vor. Mal ist es -wie hier- das Baugesetzbuch, das im Interesse größerer Gewinne ignoriert wird. Mal ist es -wie im traurigen Fall der Suck’schen Kate in Glinde- der Denkmalschutz. Und mal sind es Belange des Naturschutzes, wie bei dem 1,8 Hektar großen Wald, der vor ein paar Jahren in Quickborn komplett gerodet wurde.
Mein persönliches Gerechtigkeitsempfinden wäre in allen Fällen, den Tätern zu sagen: Du darfst hier überhaupt nichts Neues bauen. Die Vernichtung des Alten Gasthofes in List bedeutet den herben Verlust eines historischen Zeugnisses in einer Gemeinde, deren Geschichte nun von sehr viel jüngeren baulichen Gesamtheiten dargestellt wird. In der Denkmalliste geschützt und verankert sind Lister Baukomplexe aus der Zeit des 3. Reiches: Landwehrdeich, Am Brünk und Mövenbergstraße, insgesamt rund 70 Objekte. Der Kreistag in Nordfriesland hat aus Anlass dieses Falles Lösungen in einer Resolution skizziert. Einstimmig fordert er die Möglichkeit einer vorläufigen Unterschutzstellung und drastisch erhöhte Geldbußen. Und er fordert, mit den Stimmen von CDU und Grünen, das Landesamt für Denkmalpflege personell stark aufzustellen. CDU und Grüne im Landtag wollen dagegen begrüßen lassen, dass genau das nicht passiert.

1 So etwas wie in List soll sich nicht wiederholen. In diesem Wunsch stimmen wir dem Kreistag Nordfriesland zu und in der Folge auch dem SSW, der die nordfriesische Resolution zu zwei Landtagsanträgen umgearbeitet hat. Eine Gesetzesänderung und eine Aufforderung an die zuständige Ministerin, einerseits das Landesamt für Denkmalpflege so aufzustellen, dass es seinen Aufgaben nachkommen kann und andererseits, sich für höhere Geldbußen einzusetzen.
In der Frage der Gesetzesänderung zeigen erste Gespräche mit Fachleuten, dass die vorgeschlagene Lösung vielleicht noch nicht ganz zu dem Problem passt:
Dazu drei Gedanken:
1. Die obere Denkmalschutzbehörde war ja bereits mit dem Fall List befasst. Allerdings bedeutet ein Vor-Ort-Termin von Kiel aus eine Tagesreise, was eben erst für den Januar 2023 geplant war. Müssen wir über dezentralere Strukturen nachdenken, vielleicht in Zusammenarbeit mit den Ämtern für ländliche Räume?
2. Die untere Bauaufsicht eines Landkreises schaut in der Regel auf die aktuelle Denkmalliste ihres Kreises, wenn Bauanträge zu bescheiden sind. In der Regel hat sie von in Aussicht genommenen Eintragungen in die Denkmalliste durch die obere Denkmalschutzbehörde keine Kenntnis. Folglich müssten die Landkreise als untere Landesbehörden (Bauaufsicht und Denkmalschutz) kontinuierlich über die beabsichtigten Eintragungsverfahren in die Denkmalliste informiert sein. Herr Schrödter, da geht doch bestimmt was mit Digitalisierung?
3. Bei einer ersten Überprüfung war der Alte Gasthof nicht als schutzwürdig eingestuft worden, weil es zu viele Umbauten gegeben habe. Erst wird die eine Wand ersetzt, dann eine andere, dann wird das Dach erneuert…Ist ein Gebäude irgendwann gar kein Denkmal mehr, sondern ein Nachbau? Und wenn es so wäre, wäre nicht auch der Nachbau denkmalschutzwürdig, weil es die Kulturlandschaft prägt? Der Alte Gasthof war eines von zehn Gebäuden, die 1910 in List standen. Jetzt steht er nicht mehr, weil er ohne Genehmigung abgerissen wurde.
Dezentrale Strukturen, Digitalisierung, Schutz der Kulturlandschaft - diese drei Gedanken würde ich gerne einer Anhörung zum Gesetzentwurf mitgeben.“



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