Kommunen sollen schon bald wieder selbst entscheiden können, ob sie von Anwohnern Beiträge für den Straßenbau vor ihrer Haustür erheben oder darauf verzichten wollen. Das sieht ein Gesetzentwurf der Jamaika-Koalition vor, mit dem sie die 2012 von der rot-grün-blauen Vorgängerregierung eingeführte „Pflicht“-Erhebung wieder rückgängig möchte. Im Plenum zeichnet sich breite Unterstützung für die „Kann-Regelung“ ab, nur die SPD beklagt, das Land wälze Probleme auf die Kommunen ab.
Jamaika mache sich mit dem Gesetzentwurf auf den Weg, eines der größten Ärgernisse für die Menschen in Schleswig-Holstein aus der letzten Legislaturperiode zu beseitigen, sagte Stephan Holowaty (FDP). Er versprach: „Wir werden sicherstellen, dass es echte Wahlmöglichkeiten gibt, dass der Verzicht auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen nicht zu Nachteilen bei der Genehmigung des Kommunalhaushaltes oder der Mittelzuweisung des Landes führen, dass Konsolidierungsgemeinden nicht schlechter gestellt oder gar bestraft werden.“
Ähnlich äußerte sich seine Koalitionskollegin Petra Nicolaisen von der CDU. Auch Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) erachtete es für sinnvoll, den Kommunen die Entscheidung an die Hand zu geben: „Es wird nichts verboten, niemanden werden Grenzen gesetzt, sondern es gibt neue Gestaltungsmöglichkeiten und Eigenverantwortung.“
SPD kritisiert fehlende Ausgleichszahlungen
Beate Raudies (SPD) hielt der Koalition dagegen vor, die Verantwortung in die kommunalen Vertretungen zu verschieben. „Sie kippen diese Probleme den Kommunalpolitikern vor Ort vor die Füße, die sich neben der nebulösen Finanzierung auch noch mit den absehbaren Protesten der Zukurzgekommenen herumschlagen dürfen.“ Viel schlimmer sei aber, so Raudies, dass der versprochene finanzielle Ausgleich für Kommunen, die auf Ausbaubeiträge verzichten wollen, „auf den Sankt Nimmerleinstag“ verschoben werde.
Die AfD legte einen eigenen Gesetzentwurf ein, der den Ermessensspielraum der Gemeinden betont und größere Gestaltungsmöglichkeiten bei der Verteilung von Beiträgen fordert. Volker Schnurrbusch bemängelte, dass Anlieger oft noch nach Jahren zur Kasse gebeten werden. Viele Kommunen hätten gar keine Satzungen, und wenn, dann würden sie oft nicht oder intransparent umgesetzt.
„Es wird harte Diskussionen geben“
Die Grünen hatten in der alten Küstenkoalition mit SPD und SSW noch betont, dass es keinen Wettbewerb der Kommunen geben dürfe. Daher sei der jetzt vorliegende Gesetzentwurf für ihre Fraktion kein leichter Weg gewesen, gestand Ines Strehlau (Grüne) ein. Viele Gemeinden aber seien mit dem Status quo nicht zufrieden und Bürger monierten immer wieder nicht nachvollziehbare Entscheidungen der Verwaltung.
Lars Harms vom SSW hält es heute „grundsätzlich richtig, den Gemeinden Handlungsfreiheit zu gewähren”. Entscheidend sei nun, was die Gemeinden dazu sagen. „Es wird harte Diskussionen geben“, prophezeite er.
Der Innen- und Rechtsausschuss berät die Gesetzentwürfe weiter.