Die von einem globalen Journalisten-Netzwerk ausgelöste Diskussion um die sogenannten Paradise Papers hat den Landtag erreicht. In einer von der SPD beantragten Aktuellen Stunde gingen die Meinungen darüber auseinander, wie die Politik auf fragwürdige Steuervermeidungsmethoden reagieren soll. CDU, SPD, Grüne und SSW waren sich einig in der Bewertung der Steuersparmodelle: Diese seien zwar legal – aber nicht alles, was legal sei, sei auch legitim. Die Sozialdemokraten griffen insbesondere die Liberalen frontal an. Es sei „super“, dass das grüne Finanzministerin gegen „Steuertricks“ vorgehe, der Koalitionspartner FDP dies aber ganz anders sehe, ätzte SPD-Fraktionschef Ralf Stegner.
Stegner spielte damit auf Wolfgang Kubickis (FDP) Anwaltsmandat im Streit um die sogenannten Cum-Ex-Geschäfte an, bei denen es um die Mehrfacherstattung von Kapitalertragssteuern geht. Es sei „Realsatire“, wenn Kubicki jetzt als Finanzminister für ein mögliches Jamaika-Bündnis im Bund gehandelt werde.
Ein „Geschmäckle“ habe es nach Ansicht des Sozialdemokraten auch, dass Ex-Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) als Direktor eines nordfriesischen Museums in den Paradise Papers auftaucht. Die Briefkastenfirma, um die es hier gehe, werde immerhin vom „mit Abstand größten Parteispender der CDU Schleswig-Holstein“ geführt. „Ich weiß, dass Sie das nervös macht, aber wir werden dem nachgehen“, kündigte Stegner an.
FDP begrüßt Anzeigepflicht von Steuervermeidungsmodellen
Wolfgang Kubicki (FDP) konterte Stegners Vorwürfe umgehend. Der Rechtsstaat verlange die Einhaltung von Gesetzen, erklärte der Fraktionschef der Liberalen. Alles andere sei Willkür. Als Anwalt sei es seine Aufgabe, seine Mandanten davor zu schützen. Mit Blick auf die Steuerpolitik stellte er klar, dass Jamaika alles tun werde, „um ein höchstmögliches Steuereinkommen zu generieren“.
Die von der Koalition auf den Weg gebrachte Bundesratsinitiative für eine Anzeigepflicht von Steuervermeidungsmodellen begrüßte Kubicki in diesem Zusammenhang. Gleichwohl müsse man abwarten, wie sich dies auf die Arbeit der Finanzbehörden auswirke. Die Anzeigepflicht könnte dazu führen, dass diese mit Informationen überflutet würden und deshalb nach der „Stecknadel im Heuhaufen“ suchen müssten.
CDU will Prüfung internationaler Unternehmen an den Bund geben
Stegner unterstelle auch der Union „unterschwellig“, dass sie „kein Interesse an Steuerehrlichkeit“ habe, konstatierte der CDU-Fraktionsvorsitzende Tobias Koch. „Das ist unanständig.“ Auf dieses Niveau sollten sich Demokraten nicht begeben. Zumal die Vorwürfe gegen Carstensen „ohne Substanz“ seien. Mit Blick auf die Steuerpolitik machte der Christdemokrat klar, dass die Jamaika-Koalition es sich zum Ziel gesetzt habe, Steuerhinterziehung zu bekämpfen und Schlupflöcher zu schließen. Die eingebrachte Bundesratsinitiative sei ein erster Schritt dahin, so Koch. Darüber sei die Koalition bereit, die Steuerprüfung von im Land ansässigen internationalen Unternehmen an den Bund abzutreten.
In dieselbe Richtung argumentierte Lars Harms (SSW): Es sei schwierig für die aufwändige und schwierige Steuerverfahren genügend Fachleute zu bekommen. Deshalb wäre es klug, das Personal in einer Bundesbehörde zusammenzuziehen. Harms äußerte sich in seiner Rede auch kurz zu Ex- Ministerpräsident Carstensen. Sich über eine niederländische Firma für ein Museum in Nordfriesland zu engagieren, das ginge auch anders. „Da haben wir als Politiker eine Verantwortung.“
AfD nimmt Europa in die Pflicht
„Durch Enthüllungen wie den „Panama Papers“ und „Paradise Papers“ wird das Vertrauen in eine gerechte Gesellschaft in Frage gestellt“, konstatierte die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Eka von Kalben. „Und da haben wir alle hier ein Problem.“ Um dem entgegenzuwirken, müssten Gesetze gemacht werden, die „hochkomplexe Steuervermeidungsmodelle“ verhindern. Mit ihrer Bundesratsinitiative habe die Koalition einen Anfang gemacht.
Bei dem Antrag der SPD zur Aktuellen Stunde handele es sich um einen „billigen und vorhersehbaren SPD-Reflex“, mokierte sich Jörg Nobis (AfD). Die SPD habe im Bund lange mitregiert und dabei kein großes Interesse an Steuergerechtigkeit gezeigt. Nobis bezeichnete die Probleme in der Steuerpolitik vor allem als ein übergeordnetes Problem der Europäischen Union. Brüssel lasse Oasen wie die Niederlande, Luxemburg, Malta und Irland und damit Ungerechtigkeit zu. Es brauche bei dieser Debatte vor allem „mehr Ehrlichkeit“.
Nicht der Populismus, sondern die Gerechtigkeit muss siegen
„Immerhin sind wir uns alle einig, dass wir in Sachen Steuergerechtigkeit noch viel tun müssen“, befand Finanzministerin Monika Heinold (Grüne). Schleswig-Holstein werde „als kleines Rädchen seinen Teil dazu beitragen“. Klar sei, dass es mehr Transparenz brauche. Hier sei die geplante Anzeigepflicht ein erster Schritt, hier sei gegenüber dem Bund noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten.
Darüber hinaus habe sich die Jamaika-Koalition im Norden vorgenommen, die sogenannten Share-Deals bei der Grunderwerbssteuer abzuschaffen, so Heinold. Diese speziellen Vereinbarungen mit Unternehmen würden dazu führen, dass dem Staat jährlich eine Milliarde Euro entgehen. Mit diesem Geld könnte man Familien, die ein Eigenheim erwerben wollen, entlasten. Solche Regelungen zu ändern, würde letztendlich dafür sorgen, dass nicht der Populismus, sondern „die Gerechtigkeit in unserem Land siegt“.