Gut drei Monate vor der Kommunalwahl haben Jamaika-Koalition und Opposition die Finanz-Vereinbarung der Landesregierung mit den kommunalen Landesverbänden emotional diskutiert – quasi als Auftakt zum Wahlkampf für die Wahl der Gemeinde- und Kreisvertretungen am 6. Mai.
Während Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) in einer Regierungserklärung den kürzlich nach monatelangen Diskussionen erreichten Durchbruch bei den Kommunalfinanzen als „Meilenstein“ auf dem Weg zur geplanten Reform des kommunalen Finanzausgleiches lobte, bescheinigte Oppositionsführer Ralf Stegner (SPD) der Jamaika-Regierung „Windstille“ bei wichtigen Themen. „Das Geld kommt Ihnen quasi aus den Ohren heraus, aber Sie überdecken damit nur Ihre inhaltslose Konzeptionslosigkeit“, so Stegner.
„Eltern dürfen nicht mehr belastet werden“
Die Kommunen bekommen bereits von diesem Jahr an deutlich mehr Geld für die Kita-Finanzierung, für den Schulbau, für Sportstätten und weitere Investitionen. Insgesamt würden Städte und Gemeinden zwischen 2018 und 2020 um mehr als 276 Millionen Euro entlastet, betonte Daniel Günther. Hinzu kämen noch Konsolidierungshilfen. Damit gehe das Land zwar an seine eigenen finanziellen Grenzen, „dennoch haben wir das Paket aus voller Überzeugung geschlossen“, so der Ministerpräsident. Denn: Land und Kommunen stünden gemeinsam in der Verantwortung, dass Schleswig-Holstein ein familienfreundliches und lebenswertes Land ist.
Günther ging in Seiner Regierungserklärung vor allem auf die Kita-Finanzierung ein. Das Land erhöht bei der Krippen-Finanzierung seine Mittel von gut 50 Millionen Euro im laufenden Jahr auf 80 und 2019 auf 95 Millionen. Bei den Kindern über drei Jahren wurden Entlastungen in diesem Jahr um 15 Millionen Euro und in den zwei folgenden Jahren um jeweils 20 Millionen vereinbart. Er erwarte, dass die Elternbeiträge mindestens stabil bleiben. „Eltern dürfen nicht mehr belastet werden“, mahnte Günther.
SPD: Einkommensschwache mehr unterstützen
Stegner hielt in seiner Replik der Regierung hingegen Wählertäuschung vor: „Sie sind meilenweit von dem weg, was Sie versprochen haben.“ Das gelte nicht nur bei der Kita-Finanzierung und der Beitragsfreiheit, sondern auch bei Straßenausbaubeiträgen. Hier habe Daniel Günther den Kommunen vor der Wahl im vergangenen Jahr einen kompletten finanziellen Ausgleich zugesagt. Den gebe es nun aber nicht. Bei der Umstellung von G8 auf G9 prophezeite der Oppositionsführer Klagen der Schulträger vor dem Verwaltungsgericht. Denn auch hier fange das Land die anstehenden Kosten nicht auf.
Der Oppositionsführer im Landtag forderte mehr Engagement, um Menschen mit niedrigen Einkommen zu unterstützen, eine bessere Windenergieplanung und vor allem einen Altschuldentilgungsfonds, um finanzschwache Kommunen besser zu unterstützen. Die Vereinbarung der Landesregierung mit den Kommunen stehe angesichts der bevorstehenden Kommunalwahl eher unter der Devise „Ruhe in den Rathäusern“, sagte er.
Koch prangert „Miesepeterei“ an
Ralf Stegner sei der einzige im Land, der mit dem Ergebnis der Verhandlungen zwischen Land und Kommunen unzufrieden sei, reagierte CDU-Fraktionschef Tobias Koch auf die Rede des Oppositionsführers. Glaubwürdiger als diese „Miesepeterei“ und auch besser für die politische Kultur wäre es, wenn Stegner „unbestreitbare Erfolge anerkennen“ würde. Als Beispiel hob Koch hier die zusätzliche Unterstützung der Kinderbetreuung hervor. Die Beteiligung des Landes an den Kosten, der zwischenzeitlich auf 20 Prozent abgesunken sei, steige wieder auf 30 Prozent.
Eka von Kalben, die Fraktionsvorsitzende der Grünen, würdigte die Kommunen als „Kitt der Gesellschaft“. Hier würde das Leben der Menschen haupt- und ehrenamtlich organisiert und sich entscheiden, „wie wir leben“. Deshalb sei es gut, sie für ihre Arbeit – etwa bei der Integration – finanziell zu entlasten. Auch sie hob die Entlastungen im Kita-Bereich hervor. Dies sei das „Schlüsselprojekt“ der Jamaika-Koalition, sagte von Kalben und kündigte eine große Kita-Reform an, die zu einem transparenten System mit stabilen Beiträgen führen werde.
Vogt: SPD verlässt Pfad des Machbaren
Die Kommunen bräuchten keine Lobhudeleien, befand Christopher Vogt. Die Gemeinden würden ihre Bedeutung sehr gut selbst einschätzen können, sagte der neue Fraktionschef der FDP. Für die Landespolitik sei es wichtig, die Voraussetzungen für finanzielle Solidität, gute frühkindliche Bildung und für ein faires Miteinander zu schaffen. Der SPD warf Vogt vor, den Pfad des Machbaren verlassen zu haben. Als Beispiel nannte er die von den Sozialdemokraten geforderte Wiedereinführung des Weihnachtsgeldes: Das sei zwar „sehr sympathisch“, aber „wie wollen Sie das bezahlen?“ fragte Vogt.
Claus Schaffer (AfD) hielt der Jamaika-Koalition vor, zu wenig für die Entschuldung des Landes zu tun. Die Haushaltssystematik würde „Risiken wie die HSH Nordbank nicht abbilden“. Schaffer monierte zudem, dass mit den Kitas die „Fremdbetreuung zum Ideal“ erhoben würde und Alternativen, wie beispielsweise die Betreuung der Kinder durch Großeltern, keine Rolle spielten.
SSW: Kommunen sollen in den Dämmerschlaf versetzt
Für Lars Harms (SSW) ist das Verhandlungsergebnis zwischen Land und Kommunen „kein Rettungspaket, sondern ein Ruhekissen“. Die Kommunen sollten mit dem Finanzpaket vor der Kommunalwahl in den Dämmerschlaf versetzt werden. Was die Kita-Finanzierung anbelange, so Harms, müsse sich die Jamaika-Koalition fragen lassen, was die Verbesserung der Betreuungsqualität bringe, wenn nur besserverdienende Eltern ihre Kinder in den Kindergarten schicken können.