Die AfD ist mit ihrer Forderung, das deutsch-türkische Sozialversicherungsabkommen von 1964 zu kündigen, gescheitert. Alle anderen Fraktionen lehnten den Antrag ab. Das Papier sei „völlig unreflektiert von der NPD übernommen“ worden und „an Sinnlosigkeit kaum zu überbieten“, so der Tenor.
Konkret geht es in dem Abkommen um die Möglichkeit von in Deutschland arbeitenden türkischstämmigen Bürgern, ihre auch in der Türkei wohnenden Familienangehörigen mitzuversichern. Das mag vor 50 Jahren für die „Gastarbeiter“ einen guten Grund gehabt haben, stelle sich heute aber als „ungerecht“ dar, begründete Claus Schaffer (AfD) den Antrag. „Wir wollen eine Aktualisierung des Abkommens, um Ungleichbehandlungen zu beseitigen“, sagte er. Auch diesen Punkt bestritten Redner der anderen Fraktionen.
Garg: Kosten weiter rückläufig
Sozialminister Heiner Garg (FDP) lieferte Fakten. Demnach ist die Zahl der Anspruchsberechtigten von 2001 bis 2016 von 38.000 auf rund 10.000 zurückgegangen. Die Kosten betrugen 2014 insgesamt etwa fünf Millionen Euro und machten damit 0,0021 Prozent der Gesamtausgaben der Deutschen Krankenversicherung aus. „Und die Tendenz ist weiter rückläufig“, so Garg Eine Kündigung hätte zudem die Folge, dass sämtliche Deutsche in der Türkei keinen Krankenversicherungsschutz mehr hätten, egal ob Arbeiter oder Touristen. Und: „Die AfD schafft sogar einen Anreiz dafür, dass hier lebende Türken ihre Familienangehörigen nach Deutschland holen“, erklärte der Minister.
Breite Front gegen AfD-Vorstoß
„Das ist ein fadenscheiniger Versuch, Deutsche und Ausländer in Konkurrenz zu bringen“, erklärte Katja Rathje-Hoffmann (CDU). Der AfD gehe es nur darum eine „Neiddebatte anzuzetteln“. Ähnlich äußerten sich die anderen Redner. Die AfD zeige „plumpe Menschenfeindlichkeit“, konstatierte Tobias von Pein (SPD). Wenn irgendwas aus der Zeit gefallen sei, „dann ist es Ihre Partei“, sagte er.
„Sie wollen spalten und sie wollen Ängste schüren“, schloss Marret Bohn (Grüne) an. Schon 2011 sei die NPD mit diesem Thema an den Bundestag herangetreten. Vor dem Hintergrund, dass die AfD in Sachsen-Anhalt einen ähnlichen Antrag vor kurzem diskutierte, nannte Dennys Bornhöft (FDP) den Antrag „ein Stück aus dem Franchise-Baukasten der AfD, der durch die Republik geistert“. Und Lars Harms (SSW) ergänzte: „Wer auf dieser Basis irgendwelche Ressentiments unterstellen will, der sollte sich eigentlich nur schämen.“