Umweltminister Robert Habeck (Grüne) kündigte mit Blick auf Kiel an, verschiedene Alternativmaßnahmen zu prüfen, die dann in einen Luftreinhalteplan münden sollen. Da die Deutsche Umwelthilfe gegen das Ministerium klage, dränge die Zeit, sagte der Minister.
In Kiel werden an einem rund 180 Meter langen Stück des Theodor-Heuss-Rings werden die Stickoxid-Grenzwerte der EU nicht eingehalten. Die Luftbelastung an diesem Streckenabschnitt liegt bundesweit mit an der Spitze. Habeck forderte die Bundesregierung auf, Regelwerke mit differenzierten Lösungen zu schaffen, um pauschale Fahrverbote zu verhindern.
Die AfD, die die Debatte auf die Tagesordnung gesetzt hatte, lehnt eine Plaketten-Kennzeichnung von Diesel-Fahrzeugen, wie sie seit einiger Zeit öffentlich diskutiert wird, ab. „Ein Feldzug gegen die deutsche Automobilindustrie ist unverantwortlich“, erklärte Volker Schnurrbusch. Die Mobilität müsse auch für Dieselfahrer gesichert sein. Der Deutschen Umwelthilfe hielt Schnurrbusch „Lobbyismus“ vor. Der AfD-Antrag wurde von allen anderen Fraktionen abgelehnt.
SPD klagt Automobilindustrie an
Die SPD forderte die Automobilindustrie zu kostenfreien Soft- und Hardware-Nachrüstungen bei den Fahrzeugen auf. Verantwortung müssten „die Betrüger, nicht die Betrogenen“ tragen, erklärte Fraktionschef Ralf Stegner. „Die logische Folgerung daraus ist, dass es die Pflicht der Automobilindustrie ist, sich entweder um eine vernünftige, kostenfreie Nachrüstung zu kümmern, oder aber das mangelhafte Fahrzeug zu ersetzen“, fügte er an. Der Änderungsantrag der Sozialdemokraten fand jedoch ebenfalls keine Mehrheit.
CDU-Fraktionschef Tobias Koch mahnte eine sachliche Debatte und sprach sich gegen Fahrverbote aus. An Industriearbeitsplätzen gelte ein Grenzwert von 950 Mikrogramm Stickoxid pro Kubikmeter Luft für mehrere Arbeitsstunden am Tag. „Da ist also ein um das 24-fache höherer Wert zulässig. Selbst für Büroräume ist mit 60 Mikrogramm eine höhere Belastung erlaubt als auf dem Fußweg am Theodor-Heuß-Ring“, machte er deutlich. Auch für den liberalen Fraktionschef Christopher Vogt ist die Dieseltechnologie besser als ihr Ruf. Er forderte für Kiel eine Stärkung des ÖPNV und eine Verbesserung des Verkehrsflusses.
Grüne ziehen Oslo als Vorbild heran
Kiel könnte von Oslo lernen, regte Andreas Tietze (Grüne) an. „100.000 E-Fahrzeuge, freie Schnell-Ladeinfrastruktur in der Stadt, E-Autos fahren auf Busspuren und sind von der City-Maut ausgenommen. Bis 2030 will Oslo den Verbrennungsmotor im gesamten Stadtgebiet verbieten.“ Das sei innovative und kluge Politik für eine moderne Stadt- und Mobilitätspolitik im 21. Jahrhundert, konstatierte er. Davon sei die Landeshauptstadt „meilenweit entfernt“.
Flemming Meyer (SSW) sieht die Bundesregierung in der Pflicht. Sie dürfe Kommunen und Länder nicht alleine lassen. Ein Dieselfahrverbot auf dem Theodor-Heuss-Ring lehnt er ab. Das würde das Problem nicht beheben, sondern nur auf andere Straßen verlagern, so Meyer.
Umweltschützer und einige Kommunen hatten eine neue blaue Plakette gefordert, mit der saubere Diesel-Autos von Fahrverboten in bestimmten Stadtbereichen ausgenommen werden könnten. Die Bundesregierung hat dagegen deutlich gemacht, dass sie nur punktuelle Fahrbeschränkungen etwa für Straßen mit hoher Luftbelastung ermöglichen will. Diese könnten über Schilder oder digitale Anzeigen geregelt werden – ohne neue Plakette.