In seinem Gesetzentwurf greift der SSW auch einen Wunsch auf, den Gerichtspräsident Bernhard Flor anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Landesverfassungsgerichts Anfang Mai an die Politik formuliert hatte: Sie soll nach seiner Auffassung auch jedem Bürger die Möglichkeit geben, individuelle Verfassungsbeschwerden einzureichen. Dies ist bisher nicht möglich.
„Wer sich in seinen Grundrechten beeinträchtigt sieht, muss den Gang vor das Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe antreten. Und wenn es sich um landesspezifische Grundrechte handelt, etwa das Recht auf gewaltfreie Erziehung, die Bekenntnisfreiheit zu einer nationalen Minderheit oder das Recht auf freie Schulwahl, bleibt den Menschen gar selbst diese Möglichkeit verwehrt“, kritisiert der Vorsitzende des SSW im Landtag, Lars Harms, in einer Pressemitteilung vom 25. Mai 2018.
Nicht nur Grundrechte im Fokus
Deshalb will der SSW den Bürgern über das Einklagen von Grundrechten hinaus die Möglichkeit geben, „Verfassungsbeschwerde gegen Landesgesetze zu erheben, um deren Wirkungen verfassungsrechtlich hinterfragen zu können.“
Das Recht zur Anrufung des Landesverfassungsgerichts haben die Landesregierung, ein Drittel der Mitglieder des Landtages, zwei Fraktionen oder eine Fraktion gemeinsam mit den Abgeordneten, denen die Rechte einer Fraktion zustehen (gemeint ist der SSW). Auch Kommunen können sich ans Gericht wenden, ebenso wie Vertreter von Volksinitiativen, deren Vorstoß vom Landtag abgelehnt wurde.
Mehr Informationen:
Aufgaben und Zuständigkeiten des Landesverfassungsgerichts (S-H-Portal der Landesrgierung)
Stichwort: Landesverfassungsgericht
Am 1. Mai 2008 hat Schleswig-Holstein als letztes Bundesland ein eigenes Verfassungsgericht bekommen. Nach Beschluss des Landtages bildet es anstelle des bislang zuständigen Bundesverfassungsgerichts die höchste juristische Instanz des Landesrechts und damit das oberste Organ der Rechtsprechung, der Judikative.
Das Gericht besteht aus sieben ehrenamtlichen Richtern, die vom Landtag gewählt werden. Es hat seinen Sitz in Schleswig. Das Gericht tritt nur zusammen, wenn es angerufen wird – etwa bei Streitigkeiten über die Auslegung der Landesverfassung oder über die Vereinbarkeit von Landesgesetzen mit der Verfassung. Auch eventuelle Eingriffe der Landesebene in die kommunale Selbstverwaltung oder die Zulässigkeit von Volksinitiativen können das Gericht beschäftigen.
Das Recht zur Anrufung des Gerichts haben die Landesregierung, ein Drittel der Mitglieder des Landtages oder zwei Fraktionen. Auch Kommunen können sich ans Gericht wenden, ebenso wie Vertreter von Volksinitiativen, deren Vorstoß vom Landtag abgelehnt wurde. Klagen einzelner Bürger sind hingegen nicht möglich.
Das Landesverfassungsgericht hat in den vergangenen Jahren mehrere weitreichende Entscheidungen getroffen. Dazu gehörten die Anordnung einer Neuwahl des Landtages (2010), die Bestätigung der Befreiung des SSW von der Fünf-Prozent-Sperrklausel (2013) und die Forderung nach Nachbesserungen am kommunalen Finanzausgleich (2017).