Die Debatte um die Informationspolitik von Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) angesichts der Messerattacke eines Asylbewerbers in der Landesunterkunft für Flüchtlinge in Boostedt (Kreis Segeberg) hat jetzt auch den Landtag erreicht. In einer Aktuellen Stunde warf die AfD dem Minister vor, den Vorfall bei der jüngsten Bürgerversammlung, in der es auch um das Thema Kriminalität ging, bewusst verschwiegen zu haben. Von allen Fraktionen wurde die AFD scharf kritisiert: Sie nutze die Aktuelle Stunde einzig um populistische Politik zu betreiben.
Innenminister Grote, der gestern bereits im Innen- und Rechtausschuss ausführlich zu dem Fall Stellung bezogen hatte, bedauert im Plenum erneut sein jüngstes Vorgehen und bekräftigte, er habe nichts verschleiern wollen. Zugleich wehrte sich auch inhaltlich gegen die Anschuldigung der AfD. Ihm sei „ein offener Umgang mit dem Thema Kriminalität insgesamt wichtig“, betonte er.
AfD: Jamaika will beschönigen
Hintergrund der Debatte: Am vergangenen Freitag (21. September) war bekannt geworden, dass Staatsanwaltschaft, Polizei und Politiker die Öffentlichkeit tagelang nicht über ein am 14. September verübtes Gewaltverbrechen in der Landesunterkunft informiert haben. Wenige Tage nach der Tat fand eine Bürgerversammlung in Boostedt über die Flüchtlingssituation in der Gemeinde statt. Hier wurde der Vorfall von anwesenden Politikern, darunter Innenminister Grote, nicht erwähnt. Bei dem Gewaltakt soll ein Mann während eines familiären Streits mit einem Küchenmesser mehrfach in Tötungsabsicht auf seine von ihm getrennt lebende Frau eingestochen haben.
Claus Schaffer (AfD) nutzte die Aktuelle Stunde für einen Frontalangriff auf die Flüchtlingspolitik der Jamaika-Koalition. „Die Landesregierung hält bewusst Fakten zurück, um ein geschöntes Bild von der Flüchtlingssituation in Schleswig-Holstein zu zeichnen“, sagte er. Dies sei angesichts der Bedeutung solcher Informationen für die Bevölkerung ein Skandal.
CDU: Keine Frage im Ausschuss, aber Plenardebatte
Der Innenminister und die zuständigen Behörden hätten im Innen- und Rechtsausschuss deutlich gemacht, dass es keinerlei Absprachen gegeben habe, konterte Claus Christian Claussen (CDU). Sämtliche Fragen seien nachvollziehbar beantwortet worden. Offensichtlich auch für die AfD, die im Ausschuss keine einzige Frage gestellt habe.
Es sei nicht immer leicht zu entscheiden, welche Straftaten öffentlich zu machen seien und welche nicht, konstatierte Christopher Vogt (FDP). Mit Blick auf die Bürgerversammlung in Bootstedt sei es „falsch“ gewesen, den Vorfall zu verschweigen. Grote habe, weil er das eingestanden habe, „Größe“ gezeigt, sagte Vogt und warf der AfD eine „perfide Strategie“ vor. Die Instrumentalisierung des Vorfalls ziele darauf ab, „Verunsicherung zu stiften, um das Misstrauen gegenüber Regierenden zu schüren“.
SSW: Hetze und gegen Ausländer
In dieselbe Richtung argumentierten Eka von Kalben (Grüne) und Kai Dolgner (SPD). Der AfD gehe es nicht um den tragischen Vorfall, sondern darum ihn politisch zu nutzen, betonte von Kalben. „Die gute Nachricht ist, dass das Opfer das Krankenhaus inzwischen wieder verlassen konnte“, rief Dolgner der AfD süffisant zu. Angesichts der Ausführungen des Ministers im Innen- und Rechtsausschuss bezweifelte Lars Harms (SSW) die Notwendigkeit der Aktuellen Stunde. Sie diene der AfD einzig dazu, „zu hetzen und gegen Ausländer vorzugehen“.
In der weiteren Debatte lobten CDU, SPD, Grüne, FDP und SSW unisono die Hilfsbereitschaft und Toleranz der Boostedter Bürger im Umgang mit den Flüchtlingen. Innenminister Grote stellte in diesem Zusammenhang klar, dass er die Sorge der Bürger „sehr ernst nehme“. Sein Ministerium habe mittlerweile aufgrund einiger Vorfälle „außerhalb und innerhalb“ der Flüchtlingsunterkunft reagiert und das Personal verstärkt.