Nach mehreren Messerattacken auf Ordnungshüter in diesem Jahr könnten Schleswig-Holsteins Polizisten bald mit neuartigen Elektro-Waffen ausgerüstet werden. Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) kündigte einen Modellversuch mit sogenannten Tasern an. Allerdings hat insbesondere der grüne Koalitionspartner noch Beratungsbedarf. Der Landtag debattierte das Thema auf Initiative der AfD. Die Oppositionsfraktion legte einen Gesetzentwurf vor, um den Weg für „Distanz-Elektroimpulsgeräte“ freizumachen. Darüber berät nun der Innen- und Rechtsausschuss.
Es sei dringend erforderlich, im Landesverwaltungsgesetz die Lücke zwischen Schlagloch und Pfefferspray auf der einen Seite sowie Schusswaffen auf der anderen Seite zu schließen, betonte Claus Schaffer (AfD). Der „Taser“ biete eine „zusätzliche Möglichkeit, den zumeist tödlichen Schuss zu vermeiden“, so Schaffer: „Am Ende werden Taser Menschenleben retten.“ Die Waffen verschießen Drähte, die sich mit einem Widerhaken an den Angreifer heften und ihn mit Elektroschocks kampfunfähig machen sollen.
Ende Dezember soll die Analyse vorliegen
Innenminister Grote plant ein Modellprojekt, allerdings zunächst nur bei polizeilichen Spezialkräften. Es müssten zunächst die „Erfahrungen aus einem abgegrenzten Bereich“ ausgewertet werden, „bevor wir die gesamt Schutzpolizei ausstatten“. Die Regierung arbeite derzeit an einer „Schwachstellenanalyse des Polizeirechts“, so Grote. Die Ergebnisse sollen zum Jahresende veröffentlicht werden. Danach werde ein Gesetzentwurf vorgelegt, der nicht nur den „Taser“, sondern auch den Einsatz von Schusswaffen grundsätzlich neu regeln soll.
Tim Brockmann (CDU) sprach sich klar für die neue E-Waffe aus: „Ich frage mich, warum wir unseren Polizisten dieses Mittel verweigern sollten.“ Er sei „überzeugt“, dass niemand leichtfertig ein solches Gerät einsetzen werde. „Alles was unterhalb einer Schusswaffe liegt, sollte mindestens getestet werden“, fand auch Jörg Hansen (FDP). Allerdings sah er als Polizeibeamter auch praktische Problem: „Wo sollen wir das Gerät unterbringen?“ Polizisten seien mit Waffe, Reservemagazin, Handschellen, Funkgerät und Taschenlampe ohnehin schon schwer beladen.
Grüne warnen vor „Schnellschüssen“
Er sei „misstrauisch gegenüber Schnellschüssen“, stellte Burkhard Peters (Grüne) klar. Seine Partei habe „den Anspruch, im Bereich der inneren Sicherheit die Dinge gründlich zu beleuchten“. So sei in Nürnberg ein Mann nach „Taser“-Beschuss verstorben: „Die Gefährlichkeit wird regelmäßig unterschätzt.“
Auch Kathrin Wagner-Bockey (SPD) sah in der Elektro-Pistole keine „menschenfreundliche Wunderwaffe“. Die Kriminalkommissarin befürchtete, dass Polizisten in der „Hektik des Einsatzes“ künftig „eine Entscheidung mehr“ zu treffen hätten - und das „in Bruchteilen von Sekunden“. Lars Harms (SSW) mahnte, die neue Technik müsse „in Ruhe“ geprüft werden. Es gebe keinen Notstand, denn Deutschland sei ein friedliches Land: „Viele Polizisten kommen durch ihr Berufsleben, ohne einmal die Schusswaffe gezückt zu haben.“