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Computerspiele sind mittlerweile Bestandteil der Alltagskultur. Immer mehr Menschen begeistern sich für das „Zocken“ am heimischen Rechner, Tablet oder Smartphone. Die Frage im Innenausschuss: Ist das eigentlich Sport?
Der Ausflug in die virtuelle Welt ist inzwischen ein Gemeinschaftserlebnis. Wettkämpfe im „elektronischen Sport“ (E-Sport) locken tausende Fans in die Hallen und finden Millionen Anhänger in Fernsehen und Internet. Die Branche setzt in Deutschland pro Jahr 130 Millionen Euro um und ist damit größer als der Profi-Handball. Die Entwicklung birgt Herausforderungen für Politik, Sportverbände und Jugendschützer. Das wurde heute bei einer ganztägigen Anhörung im Innen- und Rechtsausschuss deutlich.
CDU, Grüne und FDP hatten im vergangenen September eine „feste gesellschaftliche Integration“ des E-Sport gefordert. Einige der Ideen: Schulen und Jugendtreffs sollen Angebote zum gemeinsamen Spielen machen, E-Sport soll als gemeinnützig anerkannt werden, und an der Fachhochschule Westküste soll eine „Akademie“ für elektronisches Spielen entstehen. Im Landeshaushalt 2019 sind 500.000 Euro für kommunale E-Sport-Häuser veranschlagt. Auch die Opposition signalisierte grundsätzlichen Zuspruch. Im Ausschuss wurden aber auch kritische Töne angeschlagen. Die Frage: Ist das eigentlich Sport?
„Nur weil da E-Sport draufsteht, ist es noch lange kein Sport“, betonte Manfred Konitzer-Haars, Hauptgeschäftsführer des Landessportverbandes. Zwar böten die Computerversionen von Golf oder Fußball „Möglichkeiten zur Weiterentwicklung der Sportart“. Aber Ego-Shooter-Spiele, die auf eine „physische Vernichtung des Gegners“ abzielten, entsprächen „nicht dem Wertesystem des Sports“. Das sah die SPD-Abgeordnete Kathrin Wagner-Bockey genauso: „Sind Baller-Spiele gemeinwohlorientiert? Ich sage nein!“ Ihr Fraktionskollege Kai Dolgner widersprach: Auch eine Sportart wie Biathlon habe ihren Ursprung im Schießen auf einen Gegner: „Früher hieß das Militär-Patrouillenlauf.“ Claus Schaffer (AfD) merkte an: „Wer E-Games spielt, der will nicht töten, der will Punkte sammeln.“
Jana Möglich hat nach eigenen Angaben zehn Jahre leistungsmäßig E-Sport betrieben, heute vertritt sie die „Initiative zur Förderung der Spielebranche in Schleswig-Holstein“. Sie unterstrich, dass beim gemeinsamen Computerspielen nicht nur Koordination, Kondition und Präzision gefragt seien, sondern auch ein klassischer sportlicher Wert wie Teamgeist: „Ich war mit Menschen verschiedenen Alters, verschiedener Herkunft und mit Behinderung gemeinsam aktiv.“
Der Grünen-Abgeordnete Rasmus Andresen rief die Sportverbände auf, sich der Entwicklung nicht zu verschließen: „Nur wenn der organisierte Sport den E-Sport aufnimmt, kann er das Geschehen kontrollieren und in die richtigen Bahnen lenken.“ Demgegenüber pochte Daniel Illmer auf die Position des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), E-Sport nicht als „eigenständige sportliche Aktivität“ anzuerkennen. Ein zentraler Kritikpunkt des DOSB: Bei E-Spielen gebe es keine „Regelautonomie“. Die Regeln kämen nicht von den Spielern, „sondern von der Spiele-Industrie“.
Ria Lissinna von der „Aktion Kinder- und Jugendschutz“ zählte die negativen Folgen auf: „Suchtverhalten, problematische Wege der Konfliktlösung und ein problematisches Gesellschaftsbild.“ Auf eine Gesetzeslücke wies Matthias Hoffmann vom Kinderschutzbund hin. Das Mindestalter auf der Spiele-Verpackung beziehe sich nur auf die Spieler, nicht jedoch auf die Zuschauer. Das berge Probleme, wenn bei Profi-Wettkämpfen Spiele ab 16 oder ab 18 über die Leinwand flimmerten – und wenn ein Teil des Publikums noch im Kindesalter sei. Auch im Internet seien Live-Übertragungen und Aufzeichnungen solcher Spiele ohne Alterssperre verfügbar. Hier fehle eine „klare jugendschutzrechtliche Regelung“, so Hoffmann.
An dieser Stelle seien die Eltern gefordert, doch die hätten oft keinen vollständigen Einblick, sagte der CDU-Abgeordnete Tim Brockmann. Er gestand zugleich ein: „Auch ich als Vater eines Elfjährigen fühle mich manchmal überfordert.“ Deswegen müssten speziell ausgebildete Lehrer E-Sport-AGs an den Schulen anbieten und „Aufklärungsarbeit leisten“, forderte Christin Godt von der Landesschülervertretung der Gymnasien. Solche Aktivitäten dürften aber den „echten“ Sportunterricht nicht verdrängen. Alexandra Ehlers, Vorsitzende des Landesjugendrings, regte Spieltreffs in Jugendeinrichtungen an: „Es muss cooler sein, dorthin zu gehen, als allein zu Hause zu sitzen.“
Trotz unterschiedlicher Sichtweisen waren sich die Diskussionsteilnehmer einig: E-Sport ist so stark in der Jugendkultur verankert, dass man das Thema nicht ignorieren könne. „Der E-Sport ist im Kommen“, betonte Jens-Uwe Bahr vom Branchenverband „game Schleswig-Holstein“. Er rief dazu auf: „Wir müssen mitgestalten.“