Für die Anfang des Jahres zum wiederholten Mal von Sturmfluten heimgesuchte Ostseeküste will die Landesregierung eine nachhaltige Küstenschutz-Strategie entwickeln. Dies hat Umweltminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) in einer Regierungserklärung angekündigt. Dafür werde eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe eingerichtet. Zudem setze die Landesregierung auf die wissenschaftliche Expertise der Kieler Universität. Ziel, so der Minister, sei eine ökologische und ökonomische Strategie. Die Opposition vermisste den Nachrichtenwert in der Rede des Ministers.
In seiner weiteren Rede machte Albrecht deutlich, dass schon heute ein Viertel des Landes ohne den Schutz von Deichen überschwemmt wäre. 90 Prozent des Küstenschutzes betrifft seinen Angaben zufolge derzeit die Elbe und die Nordsee. Zehn Prozent der Küstenschutzgelder gehen an die Ostsee, wie etwa 32 Millionen Euro nach Heiligenhafen oder fünf Millionen für 20 Kilometer Deichlinie nach Lübeck, sagte der Minister. In Fehmarn seien weitere drei Millionen für Schutzmaßnahmen geplant. Ein grundsätzlicher Unterschied zur Nordseeküste sei, dass an der Ostküste für den Großteil der Deiche die Kommunen zuständig seien.
Parlament unterstützt Langzeit-Maßnahmen
In der anschließenden Debatte bezweifelten die Sozialdemokraten den Sinn der Regierungserklärung. „Ich dachte, Sie arbeiten schon ressortübergreifend“, sagte die Umweltpolitikerin der SPD, Sandra Redmann. Als einzige konkrete Neuheit machte sie aus, dass die Landesregierung eine Arbeitsgruppe gründen wolle. Dass die Gemeinden, die mit Sturmschäden zu kämpfen haben, mit einer Soforthilfe von einer Million Euro rechnen können, sei ja bereits gestern von FDP-Wirtschaftsminister Bernd Buchholz verkündet worden.
Einig waren sich die Parlamentarier, dass an der Ostseeküste langfristig etwas für den Küstenschutz und damit auch für weggespülte Strände und geschädigte Strandpromenaden getan werden müsse. Es könne nicht sein, dass Stürme Jahr um Jahr für Schäden sorgen, um dann darauf mit Soforthilfen zu reagieren, hieß es. Deutlich wurden in der Debatte aber auch Meinungsunterschiede über etwaige Schutzmaßnahmen. Ja, man müsse mit der Natur denken und bauen, erklärte Klaus Jensen (CDU), die erste Aufgabe sei es aber, „Leib und Leben zu schützen“. Er warb deshalb dafür, auch am „flächenhaften Küstenschutz“ – etwa mit Buhnen und Sandvorspülungen – festzuhalten.
Sandvorspülungen umstritten
Umweltminister Albrecht wiederum wies in punkto Sandaufspülung auf die hohen Kosten und schnelle Verwehung von Sand hin. Bei der häufig als Beispiel angefügten Insel Sylt sah er einen Sonderfall. Dort fungiere der aufgespülte Sand als Wellenbrecher und schütze zudem das dahinter liegende Wattenmeer.
Seit 1962 existiert in Schleswig-Holstein der Generalplan Küstenschutz, der als Konsequenz aus der Sturmflut 1962 entstanden ist. Zuständig für den Deichbau ist der Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein. Er kümmert sich um 1105 Kilometer Küstenlinie und 3938 Quadratkilometer Küstenniederungen – und schützt damit direkt 354.000 Menschen. Derzeit gehen die Küstenschützer bis zum Ende des Jahrhunderts von einem Anstieg des Meeresspiegels zwischen 0,4 bis 1,4 Meter aus.
Weitere Hauptredner:
Bernd Voß (Grüne), Oliver Kumbartzky (FDP), Volker Schnurrbusch (AfD), Flemming Meyer (SSW)