In der Jamaika-Koalition herrschen unterschiedliche Ansichten zur Ausweitung der sogenannten sicheren Herkunftsstaaten in Asylverfahren. Die Partner wollen nun Möglichkeiten ausloten, doch noch auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Für jeden Staat müssten „Fallgruppen mit einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast“ definiert werden, schlug Jan Marcus Rossa (FDP) vor. CDU und Liberale sehen die Kategorisierung als sinnvoll an, die Grünen lehnen sie ab. Ein Antrag der AfD, der die Landesregierung auffordert, im Bundesrat die Maghreb-Staaten und Georgien als sogenannte sichere Herkunftsländer einzustufen, wurde mit breiter Mehrheit abgelehnt.
Der Bundestag hatte sich am 18. Januar für die Ausweitung der sicheren Staaten ausgesprochen. Die Zustimmung im Bundesrat aber gilt als unsicher. Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) machte deutlich: Die Landesregierung werde sich, wie es der Koalitionsvertrag vorschreibt, bei koalitionsinterner Unstimmigkeit enthalten. Er sprach sich erneut für das Konzept der sicheren Herkunftsstaaten aus. Es könne Bundesbehörden entlasten, „ohne das Recht für diejenigen, die einen berechtigten Schutz haben, zu beschränken“, sagte er. Ähnlich hatte Claus Schaffer (AfD) den Antrag seiner Fraktion begründet. Mehr als 97 Prozent der Asylanträge aus diesen Ländern hätten gar keine Chance auf Anerkennung, erklärte er und forderte, die Zahl der sicheren Herkunftsstaaten auf alle Länder auszuweiten, deren Anerkennung unter fünf Prozent liegt.
Grüne beharren auf ihrem Standpunkt
Die Grünen würden von ihrer Position gegen die Einstufung von Marokko, Tunesien, Algerien sowie Georgien als sichere Herkunftsländer nicht abrücken, unterstrich hingegen Aminata Touré (Grüne). Als Beispiel nannte sie die staatliche Verfolgung von Lesben und Schwulen in einigen Maghreb-Staaten. Das entspreche weder verfassungs- noch europarechtlichen Vorgaben. Ihr Parteifreund Burkhard Peters verwies darauf, dass es schon heute die Möglichkeit zu schnellen Abschiebungen innerhalb von vier Wochen gebe. Dies sei der Fall bei Asylanträgen, die als „offensichtlich unbegründet“ eingestuft würden.
Die SPD-Abgeordnete Serpil Midyatli stellte sich an die Seite der Grünen. Das Recht auf Asyl sei ein „individuelles Recht“, das mit einer Einstufung in sichere Herkunftsländer „ausgehöhlt“ werde, sagte sie. Lars Harms (SSW) drängte auf eine „europäische Lösung“. Es dürfe nicht sein, das jedes Land seine eigenen Kriterien ansetze.
CDU regt Grundgesetz-Änderung an
Claus Christian Claussen (CDU) appellierte an die Grünen, „sich zu bewegen“. Die Attraktivität Deutschlands für Nicht-Schutzbedürftige müsse weiter verringert werden. Er forderte zudem eine Grundgesetz-Änderung, damit Enthaltungen im Bundesrat nicht faktisch als Ablehnung gelten. Statt der bisherigen Praxis sollten sie „hälftig als Ja und hälftig als Nein“ gewertet werden, um „die Trägheit des Föderalismus zu bewegen“, so Claussen. Jan Marcus Rossa (FDP) erklärte, der Bundesrat werde die für Freitag geplante Entscheidung zu dem Thema womöglich vertagen.