Die Landesregierung hält an ihren Grundsätzen der Flüchtlingspolitik fest und will auch weiter jeden Einzelfall bei Abschiebungen nach Afghanistan prüfen. Das kündigte Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) in einer vom SSW auf die Tagesordnung gesetzten Debatte an. Die Partei der dänischen Minderheit hatte wortwörtlich Teile des Koalitionsvertrags von CDU, Grünen und FDP zu „Rückführungen in Staaten mit besonders unübersichtlicher Sicherheitslage“ in einen eigenen Antrag geschrieben.
Aus Schleswig-Holstein werden laut Grote deutschlandweit die wenigsten Afghanen abgeschoben. In 2018 seien es fünf, in diesem Jahr bisher drei Straftäter gewesen, sagte er. 1900 vollziehbar ausreisepflichtige Afghanen lebten im Land, 1100 davon seien aus medizinischen oder humanitären Gründen geduldet. Bei 550 Personen gebe es keine Papiere, der Rest sei „untergetaucht“, so der Minister. Zugleich kritisierte er die Bundesregierung für ihre Abschiebepraxis nach Afghanistan. Das sei nicht seine „Denke“. Am Status in Afghanistan habe sich seiner Meinung nach nichts geändert.
Grüne: „Unser Koalitionsvertrag gilt“
Der Vorsitzende des SSW, Lars Harms, bekannte, Anfang März in einem Zeitungsbericht gelesen zu haben, dass der Innenminister sich neue Absprachen mit Afghanistan erhoffe, um Abschiebungen besser durchführen zu können. Nachdem es keinen „erheblichen Widerspruch aus der Regierungskoalition“ gegeben habe, sei der Antrag verfasst worden, so Harms. Für den SSW stehe außer Frage, dass „Jamaika alle rechtlichen Möglichkeiten des Landes ausschöpfen muss“, um die drohenden Abschiebungen nach Afghanistan zu verhindern. Denn „täglich“ gebe es dort Terrorismus mit zivilen Opfern, so Harms.
Es sei „eine Anerkennung der Kompetenz“ der Landesregierung, wenn ein Antrag wortwörtlich den Koalitionsvertrag zitiere, konstatierte Barbara Ostmeier (CDU). Jede humanitäre Lösung müsse aber auch „im Einklang mit dem Rechtsstaat stehen“, mahnte sie. „Unser Koalitionsvertrag gilt“, untermauerte Aminata Touré (Grüne). Die Politikerin der Grünen forderte Innenminister Grote auf, sich bei der anstehenden Innenminister-Konferenz für eine neue Lagebewertung Afghanistans einzusetzen.
Abschiebung nicht nur von Straftätern
Für SPD-Fraktionschef Ralf Stegner ist die Sicherheitslage in Afghanistan nicht besser geworden. Daher halte er Abschiebe-Debatten „regelmäßig für befremdlich“, so Stegner. Abschiebungen seien kein Selbstzweck, um „das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu beruhigen“. Die Innenminister sollten sich „auf die Kriminellen und Gefährder fokussieren, nicht auf Leute, die gut integriert sind“, sagte der Oppositionsführer im Kieler Landtag. Jan Marcus Rossa (FDP) zeigte sich überrascht von dieser Kritik. Im Koalitionsvertrag stehe, dass „jeder Einzelfall“ geprüft werde, sagte er. Die Koalition habe sich aber „nicht darauf geeignet, dass nur Straftäter, Gefährder oder Menschen, die sich ihrer Abschiebung verweigern“ abgeschoben werden.
Die große Mehrheit der Migranten sei Wirtschaftsmigranten, sagte Claus Schaffer (AfD). Schon „zu viele Ausländer ohne Bleiberecht“ verweilten „viel zu lange“ in Deutschland. Es dürfe nicht darum gehen, dass Flüchtlingslobbyisten die Politik bestimmten und damit „für einen kompletten Abschiebestopp“ sorgten, so Schaffer.
Der SSW-Antrag wurde bei Ablehnung der AfD angenommen.