Wenige Tage vor der Europawahl galt die Lesung des Schriftstellers Robert Menasse im Rahmen der Reihe „Politische Literatur im Landtag“ dem Blick auf Europa. Leidenschaftlich, mit flammendem Eifer stellte der 64-jährige Österreicher den rund 300 Gästen im Plenarsaal seinen 2017 erschienen Roman „Die Hauptstadt“ vor, der einen satirischen Blick in die Büros der Europäischen Kommission in Brüssel wirft: Auf Beamte, die den 60. Jahrestag ihrer EU-Behörde feiern und mit einer kuriosen Idee das Image der EU-Kommission aufpolieren wollen. Der mehrfach ausgezeichnete Autor, auch bekannt für seine politischen Essays, verwebt dabei Zeiten, Nationen und Institutionen, kleinliche Bürokratie und große Gefühle zu einer Panoramaaufnahme von Europa – kriminalistisch, philosophisch und ironisch.
Keine Frage: Menasse ist ein überzeugter Europäer. Dies wird auch in einer nach der Lesung anberaumten Diskussionsrunde mit dem Publikum, moderiert von NDR-Kulturmoderator Jan Ehlert, deutlich. „Ich bin für die Abschaffung der nationalen Pässe, dann muss man der nachfolgenden Generation Europa nicht mehr erklären“, so der Gast aus Österreich. Auf die Frage aus dem Publikum, wann er nach der EU und Brüssel nun die Geschehnisse in Österreich in den letzten Jahren literarisch verarbeite, antwortete er: „Ich habe schon länger keine Kurzgeschichten mehr geschrieben.“
„Der Landtag wird wichtiger“
Zuvor schon hatte Menasse in einem Interview mit der Landtagszeitschrift seine Idee von einer „Europäischen Republik“ skizziert. Dabei nimmt die Macht der Nationalstaaten ab und die Rolle der regionalen Ebene wird gestärkt. „Nationale Parlamente verlieren an Bedeutung, aber zugleich werden wir eine Zunahme der Bedeutung von regionalen Parlamenten erleben“, sagt Menasse: „Der Landtag wird wichtiger, der Bundestag wird unwichtiger.“
Das ausführliche Interview ist in der Ende Juni erscheinenden Parlamentszeitschrift „Der Landtag“ zu lesen.