Im Grundsatz ist sich der Landtag einig: Die Standards bei der Haltung von Nutztieren sollen verbessert werden. Wie dieses passieren kann und wie schnell, darüber gibt es aber Differenzen. Der Landtag verabschiedete letztlich bei Enthaltung von SPD und SSW einen Vier-Punkte-Plan der Jamaika-Koalition. Darin wird die Landesregierung aufgefordert, sich auf Bundes- und EU-Ebene für Tierwohl-Mindeststandards, eine verpflichtende Tierhaltungskennzeichnung und eine Umbau-Regelung für größere Ställe einzusetzen. Die Bundesregierung soll zudem europarechtskonforme Regelungen vornehmen, die sicherstellen, dass nur solche tierischen Produkte auf den deutschen Markt kommen, deren Herkunft und Haltung gekennzeichnet sind und deren Haltung den deutschen gesetzlichen Tierwohl-Mindeststandards entspricht.
Das Bundeskabinett hatte am Mittwoch einen Gesetzentwurf zur Verbesserung des Tierwohls beschlossen. Mit einer entsprechenden Änderung des Baugesetzbuches werde ermöglicht, dass für eine Erweiterung oder den Umbau von Ställen, die der Verbesserung des Tierwohls dienen, eine Vorlage eines Bebauungsplans nicht mehr erforderlich sei, teilte das Bundeslandwirtschaftsministeriummit. „Dieser Teil Ihres Antrags ist also erledigt“, konstatierte Kirsten Eickhoff-Weber (SPD) in Richtung der Jamaika-Koalition. Sie forderte eine Strategie und „vor allem eine Definition, was tiergerecht ist“.
Jamaika will Planungssicherheit
Wie die SPD verlangten auch CDU, Grüne und FDP europaweite Standards. „Der Berufsstand braucht Orientierung, und die Kluft zur Gesellschaft darf nicht größer werden“, erklärte Heiner Rickers (CDU). Er verwies darauf, dass für den Umbau der Ställe in Deutschland drei Milliarden Euro nötig seien. Diese müssten in einen Topf, aus dem dann 25 Jahre ausgeschüttet wird. Bernd Voß (Grüne) betonte, man müsse „beharrlich“ an dem Thema dranbleiben. „Wir wollen raus aus dieser nervigen Diskussion.“ Betriebe müssten eine faire Chance bekommen, den Weg mitzugehen. Voß forderte eine klare Kennzeichnung, ein „Finanzierungsinstrument mit Lenkungsfunktion“ und eine Erleichterung der Genehmigungen für den Stallumbau.
Auch Oliver Kumbartzky (FDP) betonte, die Landwirte bräuchten Planungssicherheit. Nur so hätten sie eine „wirtschaftlich tragfähige Perspektive“. Ein staatliches Tierwohl-Label dürfe nicht an den Grenzen haltmachen, sonst gebe es Wettbewerbsnachteile für deutsche Landwirte.
SSW warnt vor „Aufschrei in der EU“
Lars Harms (SSW) warnte, „am ganz großen Rad“ zu drehen. Schon in Deutschland schaffe man kein einheitliches Label. Harms hob hervor, dass die anderen europäischen Länder sich dagegen wehren würden, wenn Deutschland nur noch Fleisch, das nach hiesigen Standards produziert wäre, importieren würde. Statt einer Flächenprämie für Landwirte wie bisher schlug der SSW-Vorsitzende im Landtag eine Prämie für Tierwohl und Umweltschutz vor.
Man könne Fleischproduzenten nicht immer neue Auflagen machen „und gleichzeitig Fleisch importieren, das nicht nach unseren Standards produziert worden ist“, erklärte Volker Schnurrbusch (AfD). Er forderte ein Importverbot von Billig-Fleisch.
Albrecht kritisiert Bundesregierung
Landwirtschaftsminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) betonte, Schleswig-Holstein bringe schon jetzt das Thema auf Europaebene voran. „Die Gesellschaft erwartet, dass sich da was ändert“, sagte er. Auch die meisten Landwirte zögen an diesem Strang. Allerdings gebe es zwei Punkte, die es schwierig machten, dem Ziel näher zu kommen. Da sei auf der einen Seite der europäische Binnenmarkt, in dem Deutschland den Tierschutz zwar schon früh verankert habe. Auf der anderen Seite sei in Europa wenig bei dem Thema passiert.
Die Bundesregierung habe nichts unternommen, kritisierte der Minister. Zudem seien in der Vergangenheit gesetzliche Regelungen in Deutschland nicht richtig umgesetzt worden. „Jetzt sind wir dazu gezwungen. Und das rächt sich“, sagte Albrecht. Er brachte zudem einen Fonds oder eine Tierwohl-Umlage oder -abgabe in die Diskussion, aus der dann Geld an die Landwirte fließen könnte.