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27. August 2020 – August-Plenum

Immer mehr Schüler benötigen pädagogischen Sonderbedarf

Inklusion ist wichtig – darin ist sich der Landtag einig. Wo aber stößt ein gemeinsamer Unterricht für alle Kinder an seine Grenzen, fragt die AfD.

Inklusion Schule
In Schleswig-Holstein können Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf alle Schulabschlüsse erreichen. Foto: dpa, Holger Hollemann

Die AfD-Fraktion ist mit ihrem Versuch gescheitert, die Debatte zur Zukunft von Inklusion und Förderschulen neu zu entfachen. Der Debatte vorausgegangen war eine Große Anfrage mit dem Ziel, „einen Überblick über die Qualität sonderpädagogischer Förderung an verschiedenen Förderorten zu erhalten“. Das Plenum lehnte es mit breiter Mehrheit ab, die Antwort der Landesregierung an den Bildungsausschuss zu überweisen.

Die Regierung kommt in ihrer Antwort auf die Anfrage zu dem Schluss, dass die Zahl der Schüler, die sogenanntem pädagogischen Sonderbedarf benötigen, in öffentlichen allgemeinbildenden und privaten Schulen Schleswig-Holsteins weiter ansteigt – von 15.675 Kindern im Schuljahr 2009/2010 auf 17.342 im Schuljahr 2018/2019. Nach kontinuierlich sinkenden Schülerzahlen mit pädagogischem Sonderbedarf in den vergangenen neun Jahren, stieg die Zahl zum Schuljahr 2018/2019 auf 5.514 wieder leicht an. Das waren rund 150 mehr als im Jahr zuvor.

Gemeinsamen Unterricht nicht um jeden Preis

Auch 30 Jahre nach den Anfängen der Inklusion im Jahr 1993 gebe es „keine allgemeine Definition, was Inklusion überhaupt ist“, sagte der Sonderschullehrer Frank Brodehl (AfD). Die Häufigkeit, mit der das Thema diskutiert werde, sei ein Zeichen dafür, dass „es im Schulgebälk knistert“. Brodehl sprach sich gegen eine Abschaffung der Förderschulen und für ein differenzierendes Schulsystem mit Förderschulen und Gymnasien aus. Gemeinsamer Unterricht dürfe nicht um jeden Preis stattfinden, denn sonst drohten Einschränkungen der Unterrichtsqualität oder der Qualität von Förderung.

„Die AfD will keine Integration, sondern Segregation“, wähnte der SPD-Bildungsexperte Martin Habersaat. Die AfD sei rückwärtsgewandt und wolle die Uhr zurückdrehen. „Wer irgendwie auffällt wird rausgenommen und irgendwo hingesteckt. Und das ist falsch“, so Habersaat. Die Schulen müssten für alle jungen Menschen offen sein. Vor diesem Hintergrund forderte der SPD-Abgeordnete Klarheit über die Zukunft der Schulassistenz. Die Regierung habe 200.000 Euro für eine Studie zu dem Thema ausgegeben, die nun seit fast einem Jahr im Ministerium „herumdümpele“.

„Wir brauchen Qualitätssteigerung“

Bildungsministerin Karin Prien (CDU) bezog zu dem Thema Schulbegleitung keine Stellung. Sie verwies darauf, dass die Inklusion „aufgrund der Pandemie in den Hintergrund gerückt“ sei. Nun sei es wichtig, den Faden wiederaufzunehmen. In Planung sei etwa ein Fachtag zum Ende des Jahres. „Wir brauchen eine Qualitätssteigerung“, sagte Prien. Denn: Standards „sind nicht vorhanden“, so die Bildungsministerin.

Weitere Redner:
Anette Röttger (CDU), Ines Strehlau (Grüne), Anita Klahn (FDP), Jette Waldinger-Thiering (SSW)

Die Zahl der Schüler, die sogenanntem pädagogischen Sonderbedarf benötigen, steigt in öffentlichen allgemeinbildenden und privaten Schulen Schleswig-Holsteins weiter an. Das geht aus einer Antwort der Landesregierung auf eine Große Anfrage der AfD hervor. Waren es im Schuljahr 2009/2010 noch 15.675 Kinder, so stieg die Zahl bis zum Schuljahr 2018/2019 auf 17.342 an. Die Lehrerwochenstunden für diese Kinder und Jugendlichen erhöhten sich im gleichen Zeitraum von 12.497 auf 18.392. Allerdings sank die Lehrerwochenstunde pro Schüler von 1,78 auf 1,55.

Nach kontinuierlich sinkenden Schülerzahlen mit pädagogischem Sonderbedarf an Förderzentren in den vergangenen neun Jahren, stieg die Zahl zum Schuljahr 2018/2019 auf 5.514 wieder leicht an. Das waren rund 150 mehr als im Jahr zuvor.

Schüler sollen Anschluss finden

Pädagogischen Sonderbedarf haben Kinder und Jugendliche, die in ihren schulischen Bildungs-, Entwicklungs- oder Lernmöglichkeiten derart beeinträchtigt sind, dass bei ihnen Förderbedarf festgestellt wird. Das ist zum Beispiel bei einer Lese-Rechtschreib-Schwäche oder ADHS der Fall. Die sonderpädagogische Förderung kann grundsätzlich in allen Schularten realisiert werden. In Deutschland haben rund eine halbe Millionen Kinder und Jugendliche beziehungsweise sechs Prozent aller Schüler einen diagnostizierten sonderpädagogischen Förderbedarf. Die Quoten sind dabei in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich.

Laut Landesregierung gibt an den allgemeinbildenden Schulen vielfältige fördernde Angebote wie etwa binnendifferenzierenden Unterricht, Kursangebote, Gespräche der Lehrkräfte mit den Eltern, verschiedene Formen von Förderunterricht und im Ausnahmefall einen Wechsel der Klasse oder Schule. Damit soll erreicht werden, dass der Schüler die Leistungen verbessert und wieder den Anschluss an den Lern- und Leistungsstand der Klasse findet. Bei gravierenderen Schwierigkeiten helfen Förderzentren.

Lehrplan gibt Rahmen der Förderung vor

Die Landesregierung verweist in einer großen Anzahl ihrer Antworten auf den Bericht der Landesregierung zum Stand der Inklusion im schulischen Bildungsbereich sowie auf den Lehrplan Sonderpädagogische Förderung, der mit Wirkung vom 01. August 2004 in Kraft gesetzt wurde. Dieser gibt den Rahmen zur sonderpädagogischen Förderung vor und gilt für alle Schularten.

(Stand: 24. August 2020)

Debatte bei Berichtsvorlage:
Februar 2020
Vorherige Debatten/Meldung zum Thema:
Februar 2020
März 2019 (Bericht Schulassistenzen)
Februar 2019 (Zeugnisse Förderkinder)
September 2018
Juni 2018 (Berichte/ohne Aussprache)

Große Anfrage

Umsetzung sonderpädagogischer Standards an Grundschulen, Gemeinschaftsschulen und an Förderzentren in Schleswig-Holstein
Große Anfrage der Fraktion der AfD – Drs. 19/1755
(vom 17. Oktober 2019)
Antwort der Landesregierung – Drucksache 19/2105

Ausschussempfehlung

Bericht zum Stand der Inklusion im schulischen Bildungsbereich
Bericht der Landesregierung – Drs. 19/1913
Bericht und Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses – Drucksache 19/2233