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5. November 2020 – Sozialausschusssitzung

Garg: „Testlabore laufen über dem Anschlag“

In Schleswig-Holstein wird immer mehr auf den Covid-19-Virus getestet. Gesundheitsminister Garg ist angesichts der Auslastung der Labore besorgt. Seine Kritik: Es wird zu oft auf reiner Verdachtsbasis getestet.

Ein Pfleger in einem Kieler Altenwohnheim erneuert seinen Mundschutz vor dem Spiegel.
Der Mundschutz ist für das Personal Pflicht in Pflegeheimen. Jetzt gibt es dort auch zunehmend Schnelltests. Foto: dpa, Frank Molter

Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) hat im Sozialausschuss zur Vorsicht im Umgang mit Antigen-Schnelltests gewarnt. Derzeit seien zwar Verlässlichkeitsquoten von weit über 90 Prozent im Gespräch, allerdings würden solche Angaben vor allem auf Herstellerinformationen beruhen. Grundsätzlich seien diese Schnelltests aber geeignet, um die Labore zu entlasten. Hier sieht der Minister ein „richtiges Problem“. Denn die Labore seien bei rund 50.000 Testungen pro Woche bis zu 99 Prozent ausgelastet, sagte er in der heutigen Ausschusssitzung im Landeshaus.

„Die Labore sind nicht am, sie laufen längst über dem Anschlag“, sagte Garg. Seinen Worten zufolge werden in diesen Wochen die Arztpraxen überrannt, weil die Patienten bei steigenden Infektionszahlen sensibler geworden sind und bereits bei den kleinsten Erkältungssymptomen einen Test verlangten. Bereits in der Sommerzeit seien etwa durch Reiserückkehrer Laborkapazitäten „verballert worden“, so der Gesundheitsminister. Dies gelte es künftig zu verhindern, um bei einer weiteren Zuspitzung der Pandemie entsprechend reagieren zu können: „Eine klare Priorisierung ist wichtig – und die beginnt beim Auftreten von klaren Symptomen und nicht bei der Testung von Reiserückkehrern.“

Wie verlässlich sind Antigen-Schnelltests?

Seine Warnung in Bezug auf die Antigen-Schnelltests wollte er nicht als Aufruf zu einer Abkehr von diesen Tests verstanden wissen, sagte er auf Nachfragen mehrerer Abgeordneter. Aber zum einen gebe es bei diesen laborunabhängigen Tests noch kapazitätsbedingte Grenzen und deshalb sei beispielsweise in Pflegeheimen zuvorderst das Personal regelmäßig zu testen und nicht die Besucher. Zum anderen stünden unabhängige Untersuchungen zur Verlässlichkeit noch aus, und auch bei unfachmännischer Entnahme der Proben könne es zu falschen Ergebnissen kommen.

Hier sprang ihm die SPD-Abgeordnete Birte Pauls beiseite. Sie verwies auf zwei Seniorenwohnanlagen in Großhandsdorf im Kreis Stormarn, wo Anfang November nach Schnelltests zunächst 36 Infektionen gemeldet worden waren. Bei einem daraufhin angesetzten PCR-Reihentest der Bewohner und Mitarbeiter wurde das Virus dann aber nur bei 14 Personen nachgewiesen. Möglicherweise sei eine komplette Charge des angewendeten Produktes fehlerhaft gewesen, hieß es.

249 freie Intensivbetten – inklusive Personal

Zu der Frage, ob und wann bei einer anhaltend steigenden Zahl der Neuinfektionen die Belastungsgrenze in Schleswig-Holsteins Krankenhäusern erreicht wird, wollte Gesundheitsminister Garg keine Prognosen abgeben. Seinen Angaben zufolge gibt es derzeit 249 freie Betten auf den Intensivstationen des Landes – bei ausreichendem Personal, wie er betonte. Weitere knapp 400 Betten seien in Reserve, diese allerdings rechnerisch nicht mit Personal unterlegt.

Ab welcher Belegungsgrenze das Ministerium empfehlen werde, Pflegepersonal von anderen Stationen zugunsten der Betreuung von Corona-Patienten abzuziehen? Auch hierzu wollte Garg sich nicht festlegen: Grundsätzlich sei es nicht auszuschließen, dass wie im Frühjahr Pflegekräfte verlegt werden und damit etwa Operationen verschoben werden müssten. „Wir gucken uns jeden Tag die Zahlen an“, so Garg.

579 intensivstationäre Belegungen

Am gestrigen Abend waren landesweit 262 Corona-Neuinfektionen gemeldet worden. Regierungsangaben zufolge haben sich somit seit Beginn der Pandemie 9093 Schleswig-Holsteiner nachweislich mit Sars-CoV-2 infiziert. Laut Minister Garg befinden sich 579 Patienten derzeit auf den Intensivstationen der Kliniken, darunter 114 Covid-19-Patienten.

Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit dem Virus stieg am Mittwoch um 2 auf 192. Es wurden 114 Covid-19-Patienten verzeichnet, die Stand Mittwoch im Krankenhaus behandelt wurden – am Dienstag waren es 110. Rund 6400 Menschen in Schleswig-Holstein gelten nach Schätzungen des Robert Koch-Instituts (RKI) als genesen.