Seit 1700 Jahren ist jüdisches Leben auf dem Gebiet des heutigen Deutschland nachgewiesen. Aus diesem Anlass haben sich Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und wichtige Institutionen zusammengeschlossen, um dieses Ereignis unter der Leitung eines eigens gegründeten Vereins zu begehen. Unter dem Namen „#2021JLID – Jüdisches Leben in Deutschland“ werden bundesweit rund tausend Veranstaltungen ausgerichtet, darunter Konzerte, Ausstellungen, Theaterstücke und Filmpräsentationen. Ziel des Festjahres ist es auch, dem erstarkenden Antisemitismus etwas entgegenzusetzen. Vor diesem Hintergrund fordert die Kieler SPD-Landtagsfraktion, das jüdische Leben und seine kulturelle und historische Bedeutung deutlicher herauszustellen.
Nach dem Willen der Sozialdemokraten soll der Landtag seine Beschlüsse zum Schutz und zur Stärkung des jüdischen Lebens erneuern und sich dafür einsetzen, dass sich die Bürger „auf vielen Ebenen und zu vielen Gelegenheiten mit dem jüdischen Leben im Hier und Jetzt befassen, mit jüdischer Religion, jüdischer Kultur, jüdischer Philosophie, jüdischer Tradition aber auch jüdischem Essen“. Schulen könnten sich zum Beispiel mit dem jüdischen Laubhüttenfest beschäftigen. Und, so die SPD: Die Landesregierung soll darauf achten, dass diese Thematik sich in den Rundfunk- und Fernsehprogrammen des NDR „in angemessener Form und zu angemessener Uhrzeit“ wiederfindet.
Koalition will Runden Tisch
Auch die Koalitionsfraktionen rufen in einem zweiseitigen Antrag dazu auf, die dauerhafte Verpflichtung des Landes anzuerkennen, jüdisches Leben in Schleswig-Holstein zu fördern. Weiter soll anlässlich des Jubiläums ein Runder Tisch zum Thema jüdisches Leben und gegen Antisemitismus eingerichtet werden. Die unabhängige Dokumentationsstelle für antisemitische Vorfälle in Schleswig-Holstein (Lida) erfasste im vergangenen Jahr von Januar bis Oktober 47 antisemitische Vorgänge – das waren vier weniger als im Vergleichszeitraum 2019. Es dominierten 31 Fälle von verletzendem Verhalten. Zudem gab es eine Bedrohung, fünf Sachbeschädigungen und zehn Massenzuschriften.
In ihrem Antrag loben sowohl SPD wie auch CDU, Grüne und FDP die Einrichtung der Stelle des Landesbeauftragten ausdrücklich. Vor fast genau einem Jahr wurde der ehemalige Ministerpräsident Peter Harry Carstensen Beauftragter für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus in Schleswig-Holstein.
Sechs jüdische Gemeinden im Land
Der Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Schleswig-Holstein wurde im Jahr 2002 gegründet und ist somit der erste neu gegründete Landesverband der Nachkriegszeit im Land. Landesweit gibt es insgesamt sechs jüdische Gemeinden, nämlich in Kiel, Pinneberg, Ahrensburg-Stormarn, Bad Segeberg, Elmshorn und Lübeck. 2013 hatte die Jüdische Gemeinschaft Schleswig-Holstein nach Angaben der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland 1260 Mitglieder. Landesrabbiner der Jüdischen Gemeinschaft Schleswig-Holstein ist seit 2008 Dov-Levy Barsilay, als Geschäftsführerin fungiert Viktoria Ladyshenski.
Ein 2018 neu aufgelegter Staatsvertrag mit den jüdischen Landesverbänden definiert die Zusammenarbeit des Landes Schleswig-Holstein mit den jüdischen Gemeinden und bekennt sich nachdrücklich zu einer gemeinsamen, toleranten, demokratischen und friedlichen Zukunft des jüdischen Lebens in Schleswig-Holstein.
(Stand: 22. Februar 2021)
Vorherige Debatte zum Thema:
November 2018 (Grundlagenvertrag)