Mit einem umfangreichen „Landesaktionsplan“ will die Landesregierung gegen rassistische Denkmuster vorgehen. Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) stellte im Landtag die Schwerpunkte vor, das Gesamtkonzept soll noch vor den Sommerferien folgen. „Wir ersetzen den Rassebegriff in Gesetzen und Verordnungen“, kündigte die Ministerin an. Dort seien noch „Denkmuster aus längst vergangenen Zeiten“ erkennbar. Zudem würden die Demokratiebildung und die rassismuskritische Aufklärung im Bildungsbereich gestärkt. Dazu gehöre auch die Aufarbeitung der schleswig-holsteinischen Kolonialgeschichte.
Das Thema solle auch verstärkt in die Aus- und Fortbildung von Lehrern einfließen, so Sütterlin-Waack. Um einen „vielfältigen Öffentlichen Dienst“ zu schaffen, sollen „Werbebotschafter“ alle Bevölkerungsgruppen ansprechen. Für die Verwaltung wird ein „Leitfaden zu rassismuskritischer Sprache“ erarbeitet. Außerdem sind Veranstaltungen der politischen Bildung geplant, gemeinsam mit dem Landesbeauftragten für politische Bildung, Christian Meyer-Heidemann. Schleswig-Holstein sei vielfältig, weltoffen, tolerant und „ein Zuhause für alle Menschen“, unterstrich die Ministerin.
„Deutschsein ist vielfältig“
Der Plan stieß im Landtag auf breiten Zuspruch. „Wir müssen als Staat mehr tun, um dem Grundrecht, rassismusfrei zu leben, gerecht zu werden“, forderte Aminata Touré (Grüne). Nötig sei ein „vielfältiges Verständnis davon, deutsch zu sein“. „Migrantisches Leben und Geschichte“ müssten sichtbarer werden. „Rassistische Denkmuster sind in der Gesellschaft extrem weit verbreitet“, merkte Tobias von Pein (SPD) an. Er forderte einen strengen Blick auf Staatsbedienstete: „Wer Rassist ist, hat in Polizei und Verwaltung nichts zu suchen.“ Zudem machte er sich für eine „Forschungsstelle“ zum Rassismus in Schleswig-Holstein an einer Uni im Lande stark.
„Rassismus geht uns alle an“, so Tobias von der Heide (CDU). Es sei kein Problem von einzelnen, sondern betreffe die Gesamtgesellschaft. Er wandte sich gegen Bestrebungen, Straßen mit kolonial belasteten Namen umzubenennen und umstrittene Denkmäler abzubauen. Man dürfe nicht die Vergangenheit „vertilgen“, sondern müsse sich „aktiv mit ihr auseinandersetzen“. Lars Harms (SSW) unterstützte den Aktionsplan: „Dass Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe keine Wohnung bekommen, darf nicht mehr sein. Dass sie aufgrund ihres Nachnamens nicht zu Bewerbungsgesprächen eingeladen werden, darf nicht mehr sein. Und dass Menschen in Deutschland sich aufgrund ihres Aussehens, ihrer vermeintlichen Herkunft oder Religion nicht sicher fühlen, darf erst recht nicht mehr sein.“
Neuer Vorschlag in der Grundgesetz-Debatte
Der FDP-Abgeordnete Jan Marcus Rossa brachte einen neuen Vorschlag in die aktuelle Debatte um eine Änderung des Artikels 3 des Grundgesetzes ein. Dort ist verankert, dass niemand wegen „seiner Rasse“ benachteiligt werden darf. Die Formulierung steht in der Kritik. Moniert wird, dass der Rasse-Begriff aus dem Tierreich auf Menschen übertragen werde. Rossa schlägt folgende Formulierung vor: ‚Rassismus ist unzulässig. Der Staat ist verpflichtet, rassistisch motivierten Ungleichbehandlungen aktiv entgegenzuwirken.‘“
Der Debatte lagen zwei Anträge von SPD und Jamaika zugrunde. Der SPD-Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt, der Koalitionsantrag mehrheitlich angenommen.