Die SPD fordert dazu auf, den im Juni vergangenen Jahres einvernehmlich gefassten Landtagsbeschluss zum Schiffbau zu erneuern und die Auftragsvergabe bei Behörden-, Forschungs- und Marineschiffen zu beschleunigen beziehungsweise geplante öffentliche Aufträge vorzuziehen. Die Landesregierung solle weiter darauf drängen, dass die Bundesregierung ihr Versprechen, „Aufträge im Bereich der Schlüsseltechnologie Marineschiffbau (Über- wie auch Unterwasser) zum Erhalt und zur Sicherung maritimer Fachkompetenzen nur national auszuschreiben“, umsetzt, heißt es in dem Antrag.
Die Sozialdemokraten begründen dies mit der anhaltenden Corona-Pandemie, die „die maritime Wirtschaft und ihre Beschäftigten vor große Herausforderungen“ stelle. Mit dem Antrag wird zudem gefordert, die für die Beschaffung und Instandhaltung von staatlichen Schiffen zuständigen Ämter und Behörden organisatorisch und personell so auszustatten, dass sie Aufträge kompetenter und zügiger vergeben können. Auch auf die Einbeziehung von mittelständischen Unternehmen sei zu achten.
Die Auftragslage im Norden
Hintergrund: Die Corona-Krise trifft auch die großen schleswig-holsteinischen Werften hart. Einige von ihnen haben bereits Jobs gestrichen. Ein Überblick über die aktuelle Situation im Land:
Flensburger Schiffbau-Gesellschaft
Kurz vor dem vollständigen Untergang ist die FSG im September 2020 neu aufgestellt worden und unter Regie der Tennor Holding des Investors Lars Windhorst ohne Altschulden, aber mit zunächst leeren Auftragsbüchern und halbierter Mannschaft an den Start gegangen. Für die alte FSG wurde ein Insolvenzverfahren eröffnet. Aktuell gibt es rund 360 Beschäftigte – ein Großteil davon war im Februar dieses Jahres, wie schon seit Neustart, in Kurzarbeit.
Seit dem 1. März fährt die Werft den Betrieb wieder hoch. Kiellegung des ersten fest bestellten RoRo-Schiffs war am 30. Dezember. Auftraggeber ist IVP Invest, ein Unternehmen von Windhorst. Es gibt eine Option für ein zweites Schiff. Das Gesamtvolumen beträgt 140 Millionen Euro. Künftig will die FSG auch im internationalen Marineschiffbau wirken.
Nobiskrug
Die Rendsburger Werft hat seit ihrer Gründung 1905 weit über 750 Schiffe gebaut. Nobiskrug gehört zur internationalen Schiffbaugruppe Privinvest. 2020 kündigte die Werft 120 Mitarbeitern betriebsbedingt. Aktuell gibt es 330 Jobs. Die Werft sieht sich „solide aufgestellt“. Sie ist auf den Bau von Luxusjachten ab 60 Metern Länge spezialisiert. Aktuell liegen vier Aufträge für Neubauten und zwei sogenannte Refit-Aufträge beziehungsweise Reparaturen vor. Zu den bekanntesten Neubauten vergangener Jahre gehörte die Mega-Segeljacht „A“. Sie wurde von Nobiskrug aber in Kiel gebaut und ist knapp 143 Meter lang.
Thyssenkrupp Marine Systems
Die Kieler Werft Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS, ehemals HDW) ist vergleichsweise gut durch die Corona-Krise gekommen. Größere wirtschaftliche Probleme hat die Werft nach eigenen Angaben nicht. Durch pandemiebedingte Auftragsverschiebungen sei es in den vergangenen Monaten lediglich in kleinem Umfang zu Kurzarbeit gekommen. Im Februar waren demnach rund 100 Stellen betroffen.
In Sichtweite der Kieler Innenstadt entstehen ausschließlich Militärschiffe und U-Boote. Vor allem dank des Exports der mit Brennstoffzellen-Antrieb ausgestatteten U-Boote hat die Werft gut zu tun. Allein am Standort Kiel gibt es aktuell mehr als 3000 Mitarbeiter. Weitere 510 Beschäftigte arbeiten am Standort Hamburg, 193 in Emden. Hinzu kommen 1385 Jobs bei der Tochter Atlas Elektronik in Bremen und andernorts sowie 156 Beschäftigte bei Hagenuk in Kiel.
German Naval Yards
Auf die Kieler Werft German Naval Yards hat die Pandemie bereits durchgeschlagen. Mitte Februar wurde bekannt, dass dort 134 der aktuell 511 Arbeitsplätze wegfallen sollen. Geschäftsführung, Betriebsrat und Gewerkschaft haben sich auf einen Sozialtarifvertrag verständigt. Im Gegenzug will der Besitzer Privinvest Holding in den Standort investieren. Deren Vorstandsvorsitzender ist Iskandar Safa, ein französischer Geschäftsmann libanesischer Herkunft.
Die Werft ist hervorgegangen aus dem Überwasser-Schiffbau von HDW. Sie ist auf den Bau von Marineschiffen spezialisiert. Derzeit entstehen in Kiel gemeinsam mit TKMS vier Korvetten für Israels Marine. Gemeinsam mit TKMS und Lürssen wird an Korvetten für die deutsche Marine gearbeitet. 2020 hat die Werft Mittel in niedriger zweistelliger Millionenhöhe vom Wirtschaftsstabilitätsfonds erhalten. Im Gegenzug verpflichtete sich der Eigentümer, mit derselben Summe zur Stabilisierung beizutragen.
Vorherige Debatten zum Thema:
Oktober 2020
Juni 2020
Januar 2020