Jamaika will Unternehmertum fördern, die sich für Mensch und Umwelt einsetzen und dabei Geld verdienen. Das hat der Landtag mit den Stimmen von Jamaika und den Abgeordneten des SSW beschlossen. Die Koalitionsfraktionen fordern die Landesregierung auf, bis Anfang 2022 eine „Strategie zur Förderung von Social Innovation und Social Entrepreneurship zu entwickeln“, wie es in einem entsprechenden Antrag heißt. Die SPD-Fraktion ist dagegen. Gesellschaftliche Probleme zu lösen, das sei Aufgabe des Staates und nicht der Privatwirtschaft.
„Ein soziales Unternehmen zeichnet sich dadurch aus, dass das verdiente Geld reinvestiert wird, um das Problem zu lösen“, sagte der CDU-Abgeordnete Lukas Kilian. Darum zähle etwa BioNtec, das Unternehmen, das den ersten Impfstoff gegen das Coronavirus entwickelt hat und damit vorrangig Geld verdienen will, nicht dazu. Ein Kieler Start-Up, das aus unverkäuflichem Obst und Gemüse Brotaufstriche aller Art herstellt, dagegen schon. Grundgedanke sei hier, zu verhindern, dass Lebensmittel verschwendet werden. „Es muss Gründern möglich sein, sich abseits von Gewinnstreben mit Ideen zu beschäftigen“, so Kilian.
Sozialstaat statt Privatwirtschaft
Der SPD-Abgeordnete Martin Habersaat kritisierte, dass bei Social Entrepreneurship „niemand genau weiß, wovon da eigentlich die Rede ist“. Der Begriff sei eine „Sprachhülse“. Eine Social-Innovation-Strategie ersetze jedenfalls nicht den Sozialstaat, so der Sozialdemokrat. Zwar begrüße er, dass sich Jamaika für sozial engagierte Unternehmen und Innovationen einsetze. Verbände wie etwa die Arbeiterwohlfahrt oder das Deutsche Rote Kreuz fielen nach Auffassung der Landesregierung aber nicht darunter. „Wir werden es Ihnen nicht erlauben, Social Entrepreneurship als Feigenblatt zu missbrauchen“, so Habersaat.
Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) verwehrte sich gegen die Anwürfe der SPD-Fraktion, der Antrag zum Social Entrepreneurship habe nur Worthülsen und Anglizismen zu bieten. „Haben Sie die letzten 10 bis 15 Jahre verschlafen?“, fragte Buchholz mit Blick auf die Rede Habersaats. Es gebe inzwischen einen eigenen Lehrstuhl für Social Entrepreneurship an der Leuphana-Universität in Lüneburg. „Wir nehmen diese neuen Formen von sozialem Unternehmertum ernst“, sagte der Liberale.
Hintergrund: Social Entrepreneurship
Viele Start-Ups und junge Firmen mit meist geringem Startkapital handeln nach dem Prinzip des „Social Entrepreneurship“. Der Begriff bezeichnet eine unternehmerische Tätigkeit, die mit einer Innovation, einer einzigartigen Idee, gesellschaftliche und ökologische Probleme nachhaltig lösen will. Soziale Unternehmen sind meist gemeinnützig organisiert, sie wollen keinen Gewinn erwirtschaften. Wenn doch, wird dieser meist direkt in das Unternehmen reinvestiert.
„Social Entrepreneure“ sind beispielsweise die Suchmaschine „Ecosia“, die für je 50 Suchanafragen einen Baum pflanzt, der Mineralwasserhersteller „Viva con Aqua“, der sich für eine bessere Trinkwasserversorgung und sanitäre Anlagen in Entwicklungsländern einsetzt oder das Kieler Start-Up „ResteRitter“, das aus unverkäuflichem Obst und Gemüse Brotaufstriche aller Art herstellt.
Weitere Redner:
Joschka Knuth (Grüne), Kay Richert (FDP), Christian Dirschauer (SSW)