Die Landtagsfraktionen wollen mehr Einfluss der Politik bei der Auswahl von Richtern in Schleswig-Holstein erhalten und eine vorgegebene Vorauswahl nicht mehr nur abnicken, sondern sich künftig von Empfehlungen lediglich „leiten“ lassen. Der Richterwahlausschuss habe in der Rechtsauslegung des Oberverwaltungsgerichts keine Entscheidungsfreiheit mehr, sagte CDU-Fraktionschef Tobias Koch bei der öffentlichen Vorstellung eines gemeinsamen Gesetzentwurfs von CDU, SPD, Grünen, FDP und SSW. Stattdessen könne das Gremium nur noch „beste Beurteilungen“ bestätigen.
Bislang ist die in Artikel 33 des Grundgesetzes verankerte Bestenauslese Grundlage für die Beförderung. Als Basis dafür dienen die Beurteilungen durch die Gerichtspräsidenten. In der Regel sitzen im Richterwahlausschuss acht Landtagsabgeordnete, drei Richter und ein Anwalt. Entscheidungen muss das Gremium mit Zweidrittelmehrheit treffen.
Derzeit heißt es im Landesrichtergesetz (Paragraf 22): „Der Richterwahlausschuß wählt die Bewerberin oder den Bewerber, die oder der für das Richteramt persönlich und fachlich am besten geeignet ist.“ Künftig soll es nach dem Willen von CDU, SPD, Grünen, FDP und SSW lauten: „Der Richterwahlausschuss prüft, ob die Bewerberin oder der Bewerber für ein Richteramt die persönlichen Voraussetzungen für dieses Amt besitzt und ob die sachlichen Voraussetzungen für die Besetzung dieses Amtes erfüllt sind.“ Und: „Bei seiner Wahlentscheidung lässt es sich von Artikel 33 Absatz 2 des Grundgesetzes leiten“. Dort heißt es, dass jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte habe.
Richterverbände wehren sich
Unterdessen haben die Richterverbände die Pläne für mehr Einfluss der Politik auf die Auswahl von Richtern scharf kritisiert. Die beabsichtigte Abkehr vom Prinzip der Bestenauslese bei der Berufung von Richtern bedeute keinen demokratischen Gewinn, sondern erheblichen Schaden und einen immensen Vertrauensverlust für die Justiz, teilten der Richterverband und die Neue Richtervereinigung letzten Freitag mit. Der Gesetzentwurf von CDU, SPD, Grünen, FDP und SSW schweige sich dazu aus, an welchen Kriterien sich die Auswahlentscheidung stattdessen orientieren soll.
Der Gesetzentwurf untergrabe die Legitimität der Rechtsprechung. Es könnten auch Richter berufen werden, die sich nach objektiven Kriterien gerade nicht als bestgeeignet erweisen oder nach der Beurteilungslage sogar als ungeeignet angesehen werden. Nach Ansicht der Verbände höhlten die Pläne zudem ohne nachprüfbare Kriterien und Entscheidungen das verfassungsmäßige Recht unterlegener Bewerber aus, die Einhaltung des Prinzips der Bestenauslese von einem Gericht überprüfen zu lassen. Sie ist bislang Grundlage für eine Beförderung. Als Basis dienen Beurteilungen durch die Gerichtspräsidenten.
Zusammensetzung des Ausschusses
Derzeit gehören dem Richterwahlausschuss die vom Landtag gewählten Abgeordneten Lukas Kilian, Tobias Koch, Barbara Ostmeier (alle CDU), Birgit Herdejürgen, Thomas Rother, Özlem Ünsal (alle SPD), Burkhard Peters (Grüne) und Marcus Rossa (FDP) an. Der Ausschuss entscheidet gemeinsam mit dem Justizministerium über die Besetzung von Richterposten in Schleswig-Holstein.
In dem Gremium sitzen neben den acht Politikern zwei Richter als ständige Mitglieder und ein Richter des Gerichtszweiges, für den die Wahl stattfindet, als nichtständiges Mitglied. Hinzu kommen ein Rechtsanwalt, sowie je ein Vertreter der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, wenn über eine Anstellung, Beförderung oder Versetzung in der Arbeits- oder der Sozialgerichtsbarkeit zu entscheiden ist. In diesem Fall werden weitere vier Landtagsabgeordnete hinzugezogen. Dies sind: Katja Rathje-Hoffmann (CDU), Ines Strehlau (Grüne) Anita Klahn (FDP) sowie Lars Harms (SSW).
(Stand: 14. Juni 2021)