Mindestens 181 Tote sind die traurige Bilanz der Unwetterkatastrophe, die im Juli insbesondere Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz getroffen hat. Auch der Norden muss seine Anstrengungen beim Katastrophenschutz intensivieren, darüber herrschte breite Einigkeit im Landtag.
Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) dankte den 1.430 Helfern aus dem Norden, die im Überschwemmungsgebiet „Herausragendes geleistet“ hätten. Das Land will sich am 17. September mit einem Festempfang in Neumünster bedanken. Für die Zukunft gelte: „Wir müssen handeln“, so die Ministerin. Schleswig-Holstein müsse sich nicht nur auf Fluten, sondern auch auf Waldbrände, Pandemien Hitzewellen und „Bedrohungen aus dem Cyberraum“ vorbereiten. Das gelte nicht nur für haupt- und ehrenamtliche Helfer: „Die Menschen müssen wieder lernen, selbst vorzusorgen.“
SPD will „Blaulichtministerium“
Ihr Ministerium habe schon deutlich vor den Überschwemmungen im Südwesten damit begonnen, die Katastrophenschutzpläne zu überarbeiten, unterstrich die Ministerin. So sollen im Lande 5.000 neue Sirenen eingerichtet werden. Um das Handy-Netz im Fall einer Katastrophe rasch wieder aufbauen zu können, beteiligt sich das Land an einem Förderprogramm des Bundes und will zusätzlich ab 2023 ein eigenes Programm auflegen. Die seit Jahren laufende Modernisierung des Fahrzeugbestandes und der Ausrüstung soll weiter intensiviert werden. Außerdem soll ein neues Lage- und Kompetenzzentrum eingerichtet werden.
„Der Bevölkerungsschutz muss auf den Prüfstand“, forderte Beate Raudies (SPD): „Wir können froh sein, dass wir bis jetzt keine größeren Schadensereignisse hatten.“ Die Sozialdemokraten fordern ein „Blaulichtministerium“, in dem im Ernstfall alle Zuständigkeiten gebündelt werden. Zwischen Bund und Ländern müsse es „klare Strukturen“ beim Bevölkerungsschutz geben. Das Land soll ein „zentrales Katastrophenschutzlager“ für Geräte, Fahrzeuge, Lebensmittel und Sandsäcke einrichten und zusätzliche Aus- und Fortbildungen für ehrenamtliche Katastrophenhelfer anbieten. Hierfür soll nach Willen der SPD das Gelände der ehemaligen Hindenburg-Kaserne in Neumünster umgerüstet werden.
Koalition will Alarm-App für Ersthelfer
CDU, Grüne und FDP unterstützen die Pläne der Landesregierung und regen zusätzlich eine Schutzstrategie für Menschen mit Behinderung, Alarm- und Einsatzpläne für Krankenhäuser und eine Alarm-App für Ersthelfer an. „Wir müssen den Bevölkerungsschutz als lernende Organisation sehen und ihn entsprechend ausstatten“, so Jörg Hansen (FDP). Aminata Touré (Grüne) unterstrich die Bedeutung des Klimaschutzes und forderte, mehr Überlaufflächen für Flüsse einzuplanen – auch wenn dies weniger Gewerbegebiete bedeute.
Tim Brockmann (CDU) wies darauf hin, dass die Ausgaben des Landes für den Katastrophenschutz seit 2016 von 1,6 Millionen auf sechs Millionen im laufenden Jahr gestiegen seien. Für das kommende Jahr seien sogar 35 Millionen Euro vorgesehen.
AfD: „politische Arroganz“
Die Bevölkerung müsse lernen, „Warnungen zu erkennen und mit ihnen umzugehen“, so Lars Harms (SSW): Ältere Menschen „mögen solche Fragestellungen und entsprechende Übungen aus der Vergangenheit kennen, aber bei jüngeren Generationen ist dies nicht der Fall“. Claus Schaffer (AfD) sah ein „Versagen von verantwortlichen Personen“ bei der Flutkatastrophe im Juli, denn die Bevölkerung sei viel zu spät gewarnt worden. Schuld seien „politische Arroganz und Ignoranz“.