Die Wirtschaft in Schleswig-Holstein ist im ersten Halbjahr 2021 deutlich unter dem Bundesdurchschnitt gewachsen. Das Bruttoinlandsprodukt sei um nur 0,6 Prozent gestiegen, erklärte Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) bei der Vorstellung einer Ansiedlungsstrategie. Um für mehr Aufschwung zu sorgen, will die Landesregierung nun bestimmte energieintensive Branchen sowie Unternehmen der erneuerbaren Energien fokussieren und für diese „Anreizpunkte schaffen“.
Schleswig-Holstein nehme „von der Struktur her“ sowohl bei wirtschaftlichen Abschwüngen als auch bei Aufschwüngen „geringer Teil“, konstatierte der Minister. Das liege daran, dass es in südlicheren Bundesländern mehr verarbeitende Betriebe gebe. Buchholz warb dafür, neue Unternehmen aus anderen Bundesländern anzuwerben. Nur so blieben viele Dinge wie Digitalisierung, Schulen, Infrastruktur und Biodiversität finanzierbar, betonte er. Der Minister warnte zugleich vor zu engen Beschränkungen beim Flächenverbrauch und damit „Chancen zu verspielen“. Er begrüßte eine von der Jamaika-Koalition geforderte Gewerbeflächendatenbank. Es bedürfe aber keiner Doppelstrukturen, so Buchholz.
Diskussion um Flächenverbrauch
Hans-Jörn Arp (CDU), der für den erkrankten Wirtschaftsexperten Lukas Kilian sprach, appellierte, die Chancen durch überschüssige grüne Energien in Schleswig-Holstein zu nutzen: „Die Frage ist, wie kriegen wir daraus die Wertschöpfung? Das muss unser Ziel sein.“ Neue Gewerbegebiete benötigten „auch mal 30 bis 40 Hektar Fläche“, zudem sei eine gute Infrastruktur notwendig. Kay Richert (FDP) verlangte „ein klareres Profil“ fürs Land, um besser im internationalen Wettbewerb wahrnehmbar zu sein. Es bedürfe einer Vernetzung der Wirtschaftsförderung, Kommunen müssten einfacher neue Gewerbeflächen ausweisen können. Zudem sprach sich Richert für neue interkommunale Gewerbegebiete und die Stärkung von Forschung und Entwicklung aus.
Joschka Knuth (Grüne) warb für „zusätzliche große Unternehmen“. Neue Ansiedlungen müssten aktiv vorangetrieben werden. In den „Fokusbranchen“ gebe es starke Potentiale. „Wir müssen es schaffen, dass die produzierenden Gewerbe der Energiewende sich hier ansiedeln“, sagte Knuth, der zugleich gute Rahmenbedingungen auch vom Bund forderte. Christian Dirschauer (SSW) forderte mehr Initiativen für grenzüberschreitende Wirtschaftsstrukturen mit Dänemark und mehr Infrastrukturprojekte im nördlichen Landesteil. Aber: Wer den Flächenverbrauch senken will, müsse klare Vorgaben machen. „Alles andere birgt die Gefahr von Kleinstaaterei und Flächenfraß“, so Dirschauer.
SPD kritisiert Lohnpolitik
Thomas Hölck (SPD) verlangte, das Lohnniveau in Schleswig-Holstein anzuheben. „Wir sind noch immer der Lohnkeller der Bundesländer“, beklagte er. Unternehmen siedelten sich jedoch da an, wo es Fachkräfte gebe, die entsprechend gut verdienten. „Wir haben nicht nur eine Klimakrise, sondern auch eine Krise des Humankapitals“, so Hölck. Er erinnerte zugleich an die Pläne, bis 2030 den Flächenverbrauch von 3 Hektar auf 1,3 Hektar am Tag zu reduzieren. Das dürfe nicht aus den Augen verloren werden. Und Volker Schnurrbusch (AfD) bemängelte das Planungsrecht als „großen Bremsklotz“ für Ansiedlungen. Zudem sei das Arbeitsrecht unflexibel, es gebe hohe Lohnkosten und hohe Steuern.
Der Wirtschaftsausschuss beschäftigt sich abschließend mit dem Bericht zur Ansiedlungsstrategie.