Nach vier Jahren intensiver Arbeit, 97 Sitzungen, neun Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes, 15 Meter Akten und der Anhörung von 58 Zeugen sowie drei Betroffenen hat der Parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA) zu Polizei-Ermittlungen gegen Rocker seine Arbeit offiziell beendet. Der Landtag nahm einstimmig den von allen Fraktionen sowie dem SSW unterstützten Abschlussbericht zur Kenntnis. Einzelne Zweifel allerdings blieben.
Insgesamt sind neun Komplexe aufgearbeitet worden, darunter Vorwürfe der Aktenmanipulation, der Unterdrückung von Beweismitteln, der Einflussnahme von oben und Mobbing. Es habe Fehler und Fehleinschätzungen in der Landespolizei und bei den Strafverfolgungsbehörden gegeben, jedoch habe der PUA nicht feststellen können, dass „vorsätzlich oder strukturell Grenzen eines rechtstaatlichen Verfahrens überschritten wurden“, zog der Ausschussvorsitzende Tim Brockmann bei der Vorstellung des über 1000 Seiten starken Papiers Bilanz.
„Zentrales demokratisches Instrument“
Die Polizei habe von 2009 bis 2011 vor großen Herausforderungen „in einer eskalierenden Rockerszene“ gestanden, sagte Brockmann. Er machte deutlich, dass es nicht Aufgabe des PUA gewesen sei, jemanden zu bestrafen, sondern die Hintergründe von zum Teil „unhaltbaren Anschuldigungen“ aufzudecken. Dabei sei auch festgestellt worden, dass etwa die von einer großen Kieler Tageszeitung erhobenen Vorwürfe zur Bespitzelung von Journalisten von „frei erfunden waren“.
Das Einsetzen eines Untersuchungsausschusses sei ein „zentrales, demokratisches Instrument“ und aufgrund der in den Medien erhobenen Vorwürfe „jederzeit gerechtfertigt gewesen“, so der Tenor während der gut einstündigen Debatte. Alle Obmänner dankten den vielen Mitarbeitern in Behörden, Fraktionen, der Landtagsverwaltung und in Ministerien für ihre „unermüdlichen Arbeit“.
Umgang mit V-Leuten
Auslöser des PUA waren polizeiliche Ermittlungen nach einem Überfall unter Rockern in einem Schnellrestaurant in Neumünster 2010. Sieben Jahre später rückte die Beharrlichkeit von zwei Ermittlern die Affäre in den Fokus der Öffentlichkeit. Der Ausschuss kämpfte mit Gedächtnislücken, unzureichenden Aussagegenehmigungen und widersprüchlichen Erinnerungen damaliger Beteiligter. Die schwierige Aufklärungsarbeit der Abgeordneten führte zu einem vorsichtigeren Umgang mit V-Leuten. Dafür gelten mittlerweile strengere Regeln.
Stimmen aus dem Plenum:
Peter Lehnert (CDU):
Allen Beteiligten von Polizei und Justiz ist nicht immer alles auf Anhieb gelungen. Die Kommunikation und Abstimmung zwischen Behörden war nicht immer optimal. Aber am Ende ist der Rockerkrieg beendet und die Sicherheit der Bürger im Land wieder hergestellt worden. Zudem sind mittlerweile rechtliche Anpassungen erfolgt.
Kai Dolgner (SPD):
Es hat gravierende Mängel in Fehler- und Führungskultur in Teilen des Landeskriminalamtes, Verstöße gegen rechtsstaatliche Grundsätze wie Aktenwahrheit und -klarheit und beim Umgang mit Vertraulichkeitszusagen und überzogene Personalmaßnahmen gegeben. Keinem der Beteiligten ist aber vorzuwerfen, dass sie kriminellen Rockern irgendeinen Gefallen tun wollten. Viele beteiligte Führungskräfte haben aber nicht die Einsicht oder Kraft gefunden, den Konflikt selbstständig zu beenden.
Burkhard Peters (Grüne):
Der Ausschuss hat sich immer als Enquete-Kommission verstanden, um am Ende die Landespolizei und die Strafverfolgungsbehörden zu stärken. Wir haben festgestellt: Menschliche Quellen aus den Milieus sind zur Bekämpfung der Schwerstkriminalität in sehr engen Leitplanken leider ein notwendiges Übel. Die Polizei darf sich aber nicht von Kriminellen instrumentalisieren und vor den Karren spannen lassen.
Jan-Marcus Rossa (FDP):
V-Leute stellen rechtsstaatlich ein Problem dar, das ist hinreichend bekannt. Bei den Medien hat leider in einem Einzelfall keine wahrhaftige Berichterstattung gegeben. Es ist bedauerlich, dass Unwahrheiten einer Zeitung so zu einem Untersuchungsausschuss geführt haben. Und: Unsere Polizeibeauftragte hat keine passive Rolle gespielt. Es ist ein Fehler, dass sie sich in die internen Angelegenheiten der Landespolizei einmischen darf. Dafür ist der demokratisch legimitierte Personalrat zuständig.
Lars Harms (SSW):
Eine der Ursachen für eine sich konflikthaft bis in die höchsten Führungsebenen hocheskalierende Meinungsverschiedenheit zwischen Mitarbeitern zweier Dezernate war der Wildwuchs von Kommunikationssträngen innerhalb des LKA. Es bleibt zu hoffen, dass sich eine solche Konflikteskalation nicht wiederholen wird. Es ist über eine zu lange Zeit hinweg zu viel Kraft und Zeit verschwendet und unnötig viel Porzellan zerschlagen worden.