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11. April 2023 – Geburtstag des Plenarsaals

Landtag debattiert seit 20 Jahren im „Glaswürfel“

Im April 2003 tagen die Abgeordneten erstmals in ihrem neuen Plenarsaal. Der Anbau aus Glas und Stahl rückt das Parlament näher an die Uferpromenade und die Förde. Damit beginnt ein neues Kapitel Landtagsgeschichte. 

Im Plenarsaal findet eine Landtagssitzung statt.
Offen und transparent zeigt sich der Plenarsaal seit 20 Jahren, hier bei einer Debatte im Jahr 2017. Foto: dpa, Carsten Rehder

Gut zwei Jahre nach dem ersten Spatenstich ist es soweit: Im April 2003 wird der damalige Landtagspräsident Heinz-Werner Arens endgültig Hausherr über einen neuen Plenarsaal. Die „architektonische Gestaltung, politischen Willen umsetzbar zu machen“, sei „hervorragend gelungen“, sagt Arens zur Eröffnung des ersten Plenums im neuer Umgebung im Beisein des Architektenteams Anja Brüning und Wolfgang-Michael Pax. Seit zwei Jahrzehnten ist der liebevoll „Glaswürfel“ genannte Bau nun bereits in Betrieb und hat seitdem weit über tausend Plenar-Debatten, aber auch politische Lesungen, musikalische Darbietungen oder Veranstaltungen wie das Altenparlament oder „Jugend im Landtag“ erlebt. 

Bereits 25 Jahre vor dem großen Tag hatten die Parlamentarier beschlossen, das nach dem Krieg bezogene „Provisorium Landtag“ zu modernisieren. Ende der 1990er-Jahre wurde der Umbau dann konkret in Angriff genommen. 2001 schließlich erfolgte der erste Spatenstich. An Stelle der Stuhl- und Tischreihen im alten Saal trat eine kreisrunde Sitzordnung, die die lebendige Diskussionskultur fördern soll. Neu ist seitdem auch die Tribüne, von der aus die Besucher eine freie Sicht auf das Plenum, das Präsidium und das Rednerpult haben.

Weitgehend barrierefrei

Der Neubau schaffte zudem Unzulänglichkeiten wie Platzmangel oder Hindernisse für Menschen mit Handicap aus der Welt. Fahrstühle, Rampen und Hebebühnen machen den Bau nämlich weitgehend barrierefrei. Und: Die großzügig gestalteten Außenanlagen laden den Spaziergänger zu einem Blick in den Plenarsaal ein, der Transparenz und Offenheit symbolisiert. Die „Arbeitslampe“, eine Skulptur des norddeutschen Künstlers Stefan Kern, signalisiert mit ihrem Leuchten: Jetzt tagt der Landtag.

Jahrzehntelang lag die politische Bühne im Landeshaus mit seiner wechselvollen Geschichte eine Etage höher. Im alten Plenarsaal lieferten sich die CDU-Ministerpräsidenten Gerhard Stoltenberg und Uwe Barschel Rededuelle mit ihren SPD-Rivalen Jochen Steffen und Björn Engholm. Auch der spätere Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück zog hier seine rhetorischen Register. Die letzte Tagung dort ging im Februar 2003 mit dem 1223. Sitzungstag zu Ende.  „Knapp 53 Jahre Parlamentsgeschichte sind vorüber, 53 Jahre der Geschichte unseres Bundeslandes Schleswig-Holstein, seiner Bürgerinnen und Bürger. Diese Geschichte ist von diesem Ort aus deutlich mitgeprägt worden.

Viele geschichtsträchtige Ereignisse

In dem Saal arbeiteten die Abgeordneten leidenschaftlich den Barschel/Pfeiffer-Skandal von 1987 und die Schubladenaffäre von 1993 auf. Hier mussten die Demokraten aber auch von 1992 bis 1996 vier Jahre lang Rechtsextremisten ertragen, bevor die Grünen 1996 ihre Landtagspremiere feierten. 1993 wurde Simonis hier zur ersten Ministerpräsidentin in Deutschland gewählt. Jahrzehntelang hatten auch die Regierungschefs ihren Sitz in dem Landtagsgebäude, das auf 2000 Eichenpfählen errichtet wurde.

Auch in den nunmehr 20 Jahren im „Glaswürfel“ ist viel Geschichtsträchtiges passiert. Im Plenarsaal, dessen Bau acht Millionen Euro kostete, durchlitt Heide Simonis ihren Schicksalstag: Am 17. März 2005 fiel die damalige Ministerpräsidentin beim Wiederwahl-Versuch durch, weil ihr jemand aus den eigenen Reihen in vier demütigenden Durchgängen die Stimme verwehrte. Die Fernsehbilder mit der erschütterten Sozialdemokratin machten damals den Kieler Plenarsaal bundesweit bekannt. Später wurden hier nicht nur Peter Harry Carstensen (CDU), Torsten Albig (SPD) und Daniel Günther (CDU) zu Ministerpräsidenten gewählt – hier lobte auch Bundespräsident Joachim Gauck die Minderheitenpolitik des Landes und hier musizierte der große Schauspieler Armin Mueller-Stahl. 

Luftwäscher und Fassadentemperatur

Ob Luftwäscher, Fassadenkühlung und Fassadenerwärmung oder umfangreiche Messtechnik: In einem großen Raum unterhalb des Plenarsaals befindet sich die umfangreiche ausgeklügelte Technik. Von hier aus führen zahlreiche Rohre, Schläuche und Kabel nach oben und sorgen dort bei jedem Wetter und jeder noch so hitzigen Debatte für ein angenehmes Klima. Und ein weiteres kleines Geheimnis darf gelüftet werden: Wer sich schon immer gefragt hat, was sich wohl hinter der Akustik-Wand mit den Umrissen von Schleswig-Holstein hinter dem Präsidium befindet, dem sei gesagt: Dort steht die Wahlkabine zur Stimmabgabe bei einer geheimen Wahl. 

Jeder Tisch, in den Saal passen maximal 120 Stück, ist einzeln verkabelt. Zusammengelegt sollen es rund 20 Kilometer sein. Alle laufen unterhalb des Plenarsaals in der Gebäudeleittechnik, der GLT-Zentrale, zusammen. Riesige Rechner stehen dort dicht an dicht. Die letzte Grundüberholung des 408 Quadratmeter großen Plenarsaals fand übrigens Ende Mai 2022 nach der Landtagswahl statt. Damals wurde der Holzboden abgeschliffen und neu versiegelt, Tische wieder aufgebaut und neu verkabelt, jeder Stuhl bekam neue Filzschoner und die Technik wurde intensiv geprüft. Damit auch in den kommenden Jahren noch viele Debatten und Veranstaltungen stattfinden können.

Bis Februar 2003 debattierten die Abgeordneten im alten Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.