
Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) sieht das Land in „Zeiten tiefster Krisen“
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Foto: Landtag, Sönke Ehlers
Die schwarz-grüne Landesregierung hat mit der Feststellung einer außergewöhnlichen Notsituation für das laufende und das kommende Jahr ihre geplanten Investitionen abgesichert. Die Koalitionsfraktionen begründeten ihr Vorgehen mit dem Aufeinandertreffen unterschiedlicher Krisen. Dazu führten sie Auswirkungen der Corona-Pandemie, des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine sowie die Schäden der schweren Ostsee-Sturmflut an.
Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) erklärte, die Landesregierung habe keinen Zweifel daran, dass man sich in diesem und im nächsten Jahr in einer Notlage befinde. Sie habe auch über einen Nachtragshaushalt für 2023 nachgedacht, es sei aber aus verschiedenen Gründen nicht möglich, ihn in kurzer Zeit umzusetzen. Die entsprechenden Dringlichkeitsanträge wurden nach gemeinsamer Beratung unter Zustimmung von SPD und SSW mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit im Parlament beschlossen. Die FDP stimmte dagegen.
Mittel aus Notkrediten können fließen

Der CDU-Abgeordnete Tobias Koch hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages
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Foto: Landtag, Sönke Ehlers
Hintergrund ist das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November. Die Richter in Karlsruhe erklärten eine Umwidmung von Krediten in Höhe von 60 Milliarden Euro im Bundeshaushalt 2021 für nichtig. Schleswig-Holstein arbeitet seit der Corona-Pandemie ebenfalls mit Notkrediten. Ein Teil dieser Kreditermächtigungen wurde in der Vergangenheit in Sondervermögen beispielsweise zum Straßenbau gesteckt. „Schleswig-Holstein ist meines Wissens das erste Bundesland, das jetzt so schnell und reaktionsfähig ist und damit beispielgebend für andere Bundesländer“, betonte Lasse Petersdotter (Grüne).
Durch die festgestellte Notlage des Landes kann die Regierung nun wie geplant Mittel aus dem Corona- und dem Ukraine-Notkredit fließen lassen, beispielsweise für die Krankenhausfinanzierung oder den Schulbau. Nach der Pandemie habe das Land den zunächst mit 5,5 Milliarden Euro ausgestatteten Corona-Notkredit abgesenkt und einen neuen Ukraine-Notkredit aufgelegt.

Die FDP-Abgeordnete Annabell Krämer hält eine Rede im Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages.
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Foto: Landtag, Sönke Ehlers
Harsche Kritik am Vorgehen der Regierungskoalition übte die FDP: Sie hielte sowohl die Feststellung einer Notsituation für 2023 als auch für 2024 für verfassungswidrig, erklärte Annabell Krämer. Nur über einen Nachtragshaushalt ließe sich die Notlage für das laufende Jahr eventuell noch legitimieren. „Der Vorratsbeschluss auf Erklärung einer Notsituation für 2024 ist nicht begründet.“
Geld für Northvolt-Ansiedlung abgesichert
Zugleich beschloss der Landtag am Donnerstag, bis zu 137 Millionen Euro an Landesmitteln zur Förderung einer geplanten Batteriefabrik von Northvolt im Kreis Dithmarschen aus dem Ukraine-Notkredit bereitzustellen. Angesichts geplanter Subventionen von Bund und Land muss die EU aber erst grünes Licht geben. „Northvolt ist eines der bedeutendsten Ansiedlungsprojekte für Schleswig-Holstein, für ganz Deutschland und für Europa“, sagte Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (CDU). Diese Batterien spielten eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung der Energiewende. „Northvolt macht die Region zu einem bedeutenden Akteur in der Hightech-Industrie, zieht die Ansiedlung weiterer Unternehmen nach sich, schafft tausende Arbeitsplätze und sorgt für einen Pool an Fachkräften für die kommenden Jahrzehnte."
Der Bund spreche mit dem Unternehmen bereits über ein Bürgschaftsprogramm. „Hier wäre das Land mit 50 Prozent beteiligt“, so Madsen. Eine Energieunabhängigkeit von Russland sei wichtig, die Batteriefabrik könne entscheidend im Verkehrssektor sein, erklärte Thomas Losse-Müller (SPD). „Wir müssen jetzt Planbarkeit haben und dazu ist es wichtig, eine Notlage festzustellen.“ Annabell Krämer kritisierte, die Ansiedlung von Northvolt sei ohne Notkredit aus dem ordentlichen Haushalt zu stemmen.