Ehrenamtlich Engagierte in Gemeinderäten und Kreistagen können voraussichtlich ab Anfang 2025 auch per Bild- und Tonübertragung an den Sitzungen der Kommunalgremien teilnehmen, wenn sie persönlich nicht erscheinen können – etwa aus beruflichen, familiären oder gesundheitlichen Gründen. Das sieht ein Gesetzentwurf von CDU und Grünen vor, der nun im Innen- und Rechtsausschuss weiter beraten wird. Die Koalition schlägt entsprechende Ergänzungen der Gemeindeordnung und der Kreisordnung vor, die Opposition reagierte positiv. Das kommunale Ehrenamt werde zeitgemäßer und attraktiver, so Thomas Jepsen (CDU), wenn die Mandate flexibel wahrgenommen werden können.
Laut dem Entwurf können Kreise und Gemeinden ab dem kommenden Januar entsprechende Regelungen in ihren Hauptsatzungen verankern, die auf Ausschüsse und Beiräte ausgeweitet werden können. Zum Jahresbeginn 2027 soll die Regelung zur Pflicht werden, wenn ein Mitglied dies wünscht. Wer der Sitzung aus der Ferne beiwohnen will, muss dies spätestens zwei Tage vor dem Termin ankündigen. Die Videoübertragung muss so sicher sein, dass auch bei nichtöffentlichen Tagesordnungspunkten die Vertraulichkeit gewahrt bleibt. Stehen Wahlen an, so ist eine Teilnahme per Bildschirm allerdings nur möglich, wenn kein anderes Mitglied Einspruch erhebt. Bei der konstituierenden Sitzung muss jedes Mitglied vor Ort sein. Und: Der oder die Vorsitzende muss grundsätzlich persönlich anwesend sein.
Gesellschaftlichen Realitäten Rechnung tragen
„Es geht darum, das Ehrenamt vereinbar zu machen mit Beruf, Familie und Studium“, sagte Bina Braun (Grüne). Ziel sei es, den Frauenanteil in der Kommunalpolitik zu erhöhen, der zurzeit bei „traurigen 28 Prozent“ liege. Die aktuelle Situation schrecke viele Frauen ab, betonte Kai Dolgner (SPD): „Wer die Hauptlast der Care-Arbeit trägt, die nachmittags und abends den Höhepunkt erreicht, der wird es sich zweimal überlegen, ob er sich noch ein kommunales Amt ans Bein bindet.“ Bernd Buchholz (FDP) wies darauf hin, dass eine gesetzliche Pflicht Kosten für den Landeshaushalt verursachen könne. Lars Harms (SSW) hielt die Zweitagesfrist zur Anmeldung einer hybriden Sitzung für wenig sinnvoll ‒ ein Kind könne auch einen Tag vorher krank werden. Mit der Neuregelung werde „den veränderten gesellschaftlichen Realitäten Rechnung getragen“, hob Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) hervor.
Seit der Corona-Pandemie haben Gemeinderäte die Möglichkeit, in einer Notlage komplette Sitzungen per Videokonferenz abzuhalten. Dies soll aber ein Instrument für außergewöhnliche Notlagen bleiben, denn es handele sich um „eine absolute Ausnahmevorschrift“, wie es im Gesetzentwurf heißt. Diesen Punkt unterstrich der CDU-Abgeordnete Jepsen in der Debatte: „Das persönliche, direkte Erleben der anderen Gremienmitglieder mit Gestik, Mimik, Bewegungen und Nebenbemerkungen ist dabei wichtig und kann nur in Präsenz von Angesicht zu Angesicht vollumfänglich stattfinden.“