Die schwarz-grüne Landesregierung zeigt sich offen für Pläne der Bundesregierung, die Speicherung von Kohlendioxid (CO2) unter strengen Voraussetzungen in der Nordsee zu erlauben. Damit endet ein langjähriger überparteilicher Konsens im Norden, der besagte, dass CO2 nicht mit der sogenannten CCS-Technik (Carbon Capture and Storage) abgeschieden und im Untergrund gespeichert werden soll. Der Antrag der Fraktionen von SSW und SPD, die eine Bekräftigung der bisherigen ablehnenden Haltung des Landtages gefordert hatten, wurde von CDU, Grünen und FDP abgelehnt. Die Ausschussempfehlung, die Strategie des Bundes konstruktiv zu begleiten, wurde gegen die Stimmen von SPD und SSW angenommen.
Nach umfassenden Expertenanhörungen sei klar, dass CCS unter dem Meeresboden unter strengen Auflagen machbar sei, begründete Cornelia Schmachtenberg (CDU) die politische Kehrtwende. „Wir müssen die Treibhausgasemissionen so schnell und so viel wie möglich einschränken, CCS unter dem Meeresboden ist eine gute Methode für die Restemissionen.“ Es gebe hierbei eine klare Hierarchisierung ‒ erst wenn alle anderen Möglichkeiten erschöpft seien und nur für die Restemissionen, fügte die Grünen-Abgeordnete Nelly Waldeck hinzu. Und es werde am Ende auf jeden Fall ein kleiner Bereich bleiben, der nicht zu decarbonisieren ist. „Die Gefahren durch CCS sind geringer als die Gefahren durch die Klimakrise, deswegen haben wir eine neue Position.“
SSW und SPD widersprechen vehement
Einlagerungsstätten müssten erforscht und deren Haltbarkeit über viele Jahrhunderte bewiesen sein, das seien wahnsinnige Zeithorizonte, kritisierte Marc Timmer (SPD). Es müsste ein Leitungsausbau durch ganz Deutschland finanziert werden. „Wenn wir ein System aufbauen würden, dann wäre der Druck groß, es im großen Umfang zu nutzen.“ So werde in Zukunft immer mehr CO2 erzeugt. Man solle lieber auf andere und noch zu entwickelnde Zukunftstechnologien setzen.
Ähnlich argumentierte Sybilla Nitsch (SSW): CCS sei der Pfad, um die fossilen Energien zu verlängern, sagte die SSW-Abgeordnete. Die Technologie lohne sich nur mit großen Mengen, man öffne damit die Büchse der Pandora. Und an die Regierungsfraktionen gewendet: „Sie haben den politischen Konsens aufgekündigt und machen Schleswig-Holstein zur Müllkippe der Nation“.
Umweltminister: „Neue Zeiten erfordern neue Antworten“
Mehr Technologieoffenheit für CCS forderte Oliver Kumbartzky von der FDP. „Wer den Klimawandel bekämpfen will, der muss CCS nutzen, wer nichts tut, der handelt fahrlässig.“ Man könne nicht allein auf Innovationen hoffen. „Nein, wir müssen uns jetzt kümmern.“
„Neue Zeiten bringen neue Erkenntnisse und erfordern neue Antworten“, sagte Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne). Die CCS-Debatte sei hart geführt worden und eine Ablehnung mit Blick auf die Gefahr des Greenwashings von Kohlekraftwerken einst richtig gewesen. „Heute galoppiert die Klimakrise vor sich hin, die Treibhausgasemissionen steigen weiter.“ Ohne technische Senkung werde eine Lösung des Problems nicht machbar sein. „Es ist der Zeit angemessen, sich für diese Technologie zu öffnen. Ich werbe dafür, die gesellschaftliche Debatte verantwortungsvoll zu führen, die Risiken zu benennen und sie abzuwägen mit Risiken durch Restemissionen für die Gesellschaft.“