Der Landeshaushalt für 2025 sieht trotz Einsparungen eine erhebliche Neuverschuldung vor. Bereinigten Einnahmen von 16,5 Milliarden Euro stehen bereinigte Ausgaben von 17,7 Milliarden Euro gegenüber. Die Finanzierungslücke von rund 1,2 Milliarden Euro will die Landesregierung überwiegend durch neue Kredite schließen. Dazu gehört auch ein erneuter Notkredit, der mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine begründet wird. Diesen bereits im Ursprungsentwurf aus dem vergangenen Oktober geplanten Kredit will die Koalition auf 272 Millionen Euro aufstocken. Der Schuldenstand des Landes dürfte auf mehr als 32 Milliarden Euro anwachsen.
Gegenüber dem ersten Haushaltsentwurf soll sich die Nettoneuverschuldung um rund 600 Millionen auf 908 Millionen Euro erhöhen. Der Abstand zur Verfassungsgrenze betrage rund 8,8 Millionen Euro, heißt es aus dem Finanzministerium. Ein großer Anteil der neuen Schulden fällt für die geplante Fabrik des angeschlagenen schwedischen Batterieherstellers Northvolt an. Der Landesanteil an der Förderung des Projekts beträgt 137 Millionen Euro. Hinzu kommen 300 Millionen Euro für eine Ausfallbürgschaft, die das Land an den Bund überweisen muss. Die nachlassende Konjunktur schlägt nach Angaben des Finanzministeriums mit Mindereinnahmen von etwa 150 Millionen Euro zu Buche. In der Ersten Lesung des Haushaltsentwurfs hatte Finanzministerin Silke Schneider (Grüne) bereits eine „Kraftanstrengung“ mit „schmerzhaften“ Einschnitten angekündigt.
Im Finanzausschuss haben CDU und Grüne eine Reihe von Änderungsanträgen vorgelegt und dem Etat ihre Zustimmung erteilt. Auch der oppositionelle SSW votierte für das Zahlenwerk. Zuvor hatte die Koalition einigen SSW-Anträgen zur Förderung von Minderheiteneinrichtungen zugestimmt. SPD und FDP lehnten den Haushalt ab und kritisierten insbesondere den erneuten Notkredit. Im Plenum geht es außerdem um den Finanzplan des Landes für die kommenden Jahre. Schwarz-Grün will ab dem laufenden Jahr die Ausgaben jährlich schrittweise um 200 Millionen Euro senken und ab 2030 dauerhaft eine Milliarde Euro weniger ausgeben.
Der Sparkurs zeigt sich bereits im Haushalt für das laufende Jahr. So werden 200 Lehrerstellen gestrichen, Studenten sollen ab dem kommenden Wintersemester 60 Euro Verwaltungsgebühren zahlen, und den Landesbeamten droht eine höhere Eigenbeteiligung an ihren Gesundheitskosten.
Das Land kann künftig Gewinne der Investitionsbank Schleswig-Holstein (IB.SH) nutzen. Finanzministerium und IB.SH hätten eine entsprechende vertrauliche Mitteilung getroffen, sagte eine Ministeriumssprecherin. Dies hatte auch die FDP angeregt, allerdings zielgerichtet . Mit einem Alternativantrag begrüßen die Fraktionen CDU und Grüne das Vorhaben der Landesregierung, die SPD fordert in einem eigenen Papier auch Mittelverwendung für den Bau von Sozialem Wohnraum.
Nach Angaben des Ministeriums wurde eine rechtssichere Lösung zum Umgang mit ausgeschütteten Gewinnen der Investitionsbank getroffen, die mittelbar den Haushalt entlastet. «Ausgeschüttete Gewinne werden einem von der IB.SH treuhänderisch verwalteten Fonds zugeführt.» Auf Basis der Entscheidung der Landesregierung können diese Mittel exklusiv für Förderungen genutzt werden.
Nachschiebeliste der Landesregierung
Die Regierung hat über ihre Nachschiebeliste eine Reihe von Änderungen und Ergänzungen zum ursprünglichen Entwurf aus dem vergangenen Oktober vorgelegt und dabei die Ergebnisse der jüngsten Steuerschätzung berücksichtigt. Ein zentrales Element ist die Bereitstellung von rund 13 Millionen Euro für das Maßnahmenpaket „Sicherheit, Migration und Prävention“. Weitere Extra-Mittel fließen in das Schulbau- und Sanierungsprogramm (rund 20 Millionen Euro), in den Hochschulbau (neun Millionen Euro), in die Errichtung einer Wasserstoffnetzgesellschaft (3,7 Millionen Euro), in die Beseitigung von Sturmflutschäden (2,3 Millionen Euro) und in den Ostseeküstenschutz (1,5 Millionen Euro).
Die Landesregierung stellt zudem rund vier Millionen Euro für die Errichtung von Notunterkünften für ukrainische Kriegsflüchtlinge, 6,1 Millionen Euro für den Weiterbetrieb der Landesunterkunft in Seeth (Kreis Nordfriesland) und neun Millionen Euro für DaZ-Lehrkräfte (Deutsch als Zweitsprache) zur Verfügung.
Änderungswünsche von CDU und Grüne
Die Koalitionsfraktionen legen eine Liste mit 52 Ergänzungen zum Haushaltsentwurf der Landesregierung vor. Extra-Ausgaben, etwa in den Bereichen Sicherheit und Infrastruktur, sollen durch Einsparungen bei der Finanzverwaltung und Anpassungen von Haushaltstiteln „an den tatsächlichen Bedarf“ erreicht werden.
Rund 3,5 Millionen Euro sollen in den Schutz von Frauen vor Gewalt fließen. Frauenhäuser und Frauenberatungsstellen werden besser ausgestattet, und das Hochrisikomanagement bei der Polizei wird um 14 Stellen aufgestockt. Für 200.000 Euro soll die Landespolizei sogenannte Tourniquets erhalten – Abbindesysteme, um starke Blutungen zu stoppen. Dies sei eine Konsequenz aus einem Polizeieinsatz in Kiel im Dezember 2024, bei dem es zu einem Schusswechsel mit Verletzungen gekommen ist, heißt es bei der Koalition.
Die Hafenanlagen an der Westküste, insbesondere auf Pellworm und Hooge, werden mit 1,84 Millionen Euro zusätzlich ausgestattet. Dies soll die Erreichbarkeit der Inseln und Halligen verbessern, den Offshore-Windkraftausbau fördern und eine mögliche Verlegung von NATO-Truppen vereinfachen. Einige Sparvorhaben der Landesregierung kassieren die Fraktionen von CDU und Grünen nach öffentlichen Protesten wieder ein – etwa bei den Fraueneinrichtungen. Gleiches gilt für die psychosoziale Prozessbegleitung, die, wie 2024, 95.000 Euro erhält. Das Blindengeld soll um 25 Euro auf 325 pro Monat erhöht werden, zugleich sinkt dieser Haushaltstitel aber um 870.000 Euro, weil die gesamte Summe von rund neun Millionen Euro zuvor nie komplett ausgegeben worden sei.
CDU und Grüne legen zudem einen Antrag „zur Feststellung einer außergewöhnlichen Notsituation“ vor. Dies ist Voraussetzung, um die Schuldenbremse in der Landesverfassung außer Kraft zu setzen und Extra-Kredite aufzunehmen. Eine solche Notlage stellt nach Auffassung der Koalition nach wie vor der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine dar: Das Land müsse tausende Flüchtlinge betreuen und versorgen, die Energieversorgung sei beeinträchtigt, und Schleswig-Holstein müsse sich gegen Cyberattacken, Sabotage und Spionage wappnen. Der neue Notkredit soll ein Volumen von 272 Millionen Euro haben. Die Notkredite der vorherigen Jahre waren in der Opposition auf scharfe Kritik gestoßen, die Fraktionen von SPD und FDP haben beim Landesverfassungsgericht gegen den Haushalt für 2024 geklagt. Um die Schuldenbremse auszusetzen, ist eine Zweidrittelmehrheit im Landtag erforderlich, über die CDU und Grüne aus eigener Kraft verfügen.
Änderungswünsche der SPD
Die Änderungsanträge der Sozialdemokraten umfassen ein Gesamtvolumen von 105 Millionen Euro. Die SPD fordert mehr Zuschüsse für Kindertagesstätten, um die Lücke von aktuell 15.000 fehlenden Kitaplätzen im Lande zu schließen. Dies soll etwa durch einen 20-Millionen-Euro-Zuschuss an die Kommunen erreicht werden, um mehr Personal zu gewinnen.
Zudem wird eine Stärkung der Gesundheitsversorgung mit etwa drei Millionen Euro vorgeschlagen. Das Geld soll in medizinischer Versorgungszentren im ländlichen Raum, in die Altenpflegeausbildung und in die Einführung von „Vor-Ort-für-Dich-Kräften“ fließen. Geplante Kürzungen im Bildungsbereich sollen zurückgenommen, die Unterrichtsversorgung verbessert und Vertretungslehrkräfte stärker unterstützt werden. Auch mehr Mittel im Zweckvermögen Wohnungsbau und in der Städtebauförderung stehen auf der Liste der Sozialdemokraten. Zehn Millionen Euro sollen in den Neu- und Umbau von Feuerwehrhäusern gehen, die Tierheime sollen 35.000 Euro extra bekommen.
Zur Gegenfinanzierung ruft die SPD-Fraktion die Landesregierung zum Sparen auf. So könnten ihrer Meinung nach drei Staatssekretärsstellen im Sozial-, im Wirtschafts- und im Justizministerium sowie Sachkosten von Ministerien in Höhe von sechs Millionen Euro eingespart werden. Die SPD-Fraktion zweifelt auch an der Verfassungsmäßigkeit des Haushaltsentwurfs für 2025. Zwar sei Schwarz-Grün „insgesamt deutlich mehr bemüht, die Notwendigkeit der Notkredite besser zu begründen“ als in vorherigen Jahren. Dennoch wolle die Koalition „Daueraufgaben“ aus Notkrediten finanzieren.
Änderungswünsche der FDP
Auch die Liberalen lehnen den schwarz-grünen Notkredit für 2025 ab. Den von der Fraktion vorgelegten Haushaltsvorschlägen zufolge soll das Land 86,1 Millionen Euro weniger an konjunkturellen Schulden aufnehmen. Im Haushalt der Regierung sei „noch sehr viel Luft drin“. So seien etwa mit Blick auf den anstehenden Tarifabschluss im Öffentlichen Dienst 585 Millionen an globalen Mehrausgaben eingeplant. 200 Millionen Euro weniger reichen nach Ansicht der FDP jedoch aus.
Bei der Vorsorge will die FDP-Fraktion 28,7 Millionen Euro kürzen, darunter beispielsweise 6,7 Millionen Euro im Bereich Flucht und Asyl. Für den Landesanteil zur Förderung der geplanten Fabrik des Batterieherstellers Northvolt in Höhe von 137 Millionen wollen die Freidemokraten nur eine Leerstelle im Haushalt einstellen. Sollte die Zahlung doch schon 2025 fällig werden, sollen 85 Millionen Euro durch konjunkturell mögliche neue Schulden und der Rest über Minderausgaben im laufenden Etat finanziert werden.
Die FDP will die Mittel für den Straßenbau um 25 auf 100 Millionen Euro erhöhen und die 20,3 Millionen Euro Landesanteil für die Städtebauförderung wieder über den Haushalt und nicht - wie zuletzt von Schwarz-Grün beabsichtigt - über den kommunalen Finanzausgleich finanzieren. Auch auf die geplanten Einsparungen bei Lehrerstellen will die FDP verzichten. Kürzen will sie die Mittel für Naturschutz-Ranger um 1,7 Millionen Euro.
Zudem regt die FDP an, 43 Millionen Euro aus den Gewinnen der landeseigenen Investitionsbank (IB.SH) in die Krankenhaus-Finanzierung zu stecken. Nach Angaben des Finanzministeriums wäre dies möglich: Demnach sollen Überschüsse der Förderbank genutzt werden, um den Haushalt zu entlasten. „Ausgeschüttete Gewinne werden einem von der IB.SH treuhänderisch verwalteten Fonds zugeführt“, heißt es in einer Stellungnahme des Ministeriums. Die Landesregierung könne diese Mittel für Förderungen nutzen.
Änderungswünsche des SSW
Der SSW will ebenfalls Dutzende Haushaltsansätze kürzen und an den tatsächlichen Bedarf anpassen. So soll die „nicht notwendige“ Abschiebehafteinrichtung in Glückstadt geschlossen werden, was nach SSW-Rechnung rund 13,4 Millionen Euro einsparen würde. Das Geld soll stattdessen in ein kostenloses Kita-Mittagessen fließen. Dafür werden 75 Millionen Euro veranschlagt. Weitere Schwerpunkte des SSW sind 6,5 Millionen Euro für die Sportförderung, 11,3 Millionen für den Straßenbau, fünf Millionen für die Landeshäfen in Husum und Büsum, vier Millionen für Radwege, 2,1 Millionen für Privatschulen und 2,5 Millionen für eine grundsätzlich kostenlose Leihe in öffentlichen Bibliotheken.
Bei einigen Anliegen ist der SSW bei der schwarz-grünen Koalition auf Zustimmung gestoßen. 54.000 Euro gehen demnach zur Förderung der friesischen Kultur an die Friisk Foriining und an den Theaterverein „Et Nordfriisk Teooter“. Die in Flensburg beheimatete „Föderalistische Union Europäischer Nationalitäten“ und die „Jugend Europäischer Volksgruppen“ werden mit insgesamt 27.000 Euro unterstützt. Die israelisch-palästinensische Begegnungsstätte Givat Haviva erhält 40.0000 Euro, und ein deutsch-dänisches Arbeitergeschichtsfestival wird mit 10.000 Euro bezuschusst.
Gemeinsam mit der FDP fordert der SSW zudem: „Hände weg vom Versorgungssicherungsfonds“. Aus diesem Topf fördert das Land innovative Projekte zur Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum mit fünf Millionen Euro. Die Landesregierung will dieses Programm nicht weiter fortführen. Im Finanzausschuss wurde der entsprechende Antrag von den Koalitionsfraktionen abgelehnt.
(Stand: Januar 2025)
Debatte Erste Lesung Haushalt:
Oktober 2024
Weitere vorherige Debatten zum Thema Haushalt:
Haushalt 2024 / 1. Lesung (Januar 2024, auch Personalbericht)
Haushalt 2024 / 2.Lesung (März 2024)
Vorherige Meldung zum Thema IB SH:
April 2022 (Gewährträgerversammlung / ohne Aussprache, 19. Wahlperiode)