Ministerpräsident Daniel Günther will mit Hilfe des in Berlin verabschiedeten Finanzpakets zusätzliche Investitionen in Schleswig-Holstein anschieben. In einer Regierungserklärung sprach der CDU-Politiker von einem „historischen Momentum“ für Deutschland und betonte, dass sich das Land der veränderten geopolitischen Realität stellen müsse. Auch SPD-Oppositionsführerin Serpil Midyatli, begrüßte den Beschluss für die Schuldenbremse, der der Bundeswehr zugutekommt, und das Sondervermögen für Infrastruktur und Umweltschutz grundsätzlich, machte der schwarz-grünen Landesregierung aber auch Vorwürfe: CDU und Grüne hätten hierzulande viel früher strukturelle Reformen anschieben können. Rundum scharfe Kritik kam in der Debatte einzig von der FDP.
Schleswig-Holstein trage als „geografische Drehscheibe“ zwischen Nord- und Ostsee eine besondere sicherheitspolitische Verantwortung, sagte Regierungschef Günther. Mit dem Finanzpaket könnte nicht nur die Wehrfähigkeit, sondern auch die wirtschaftliche Resilienz gestärkt werden. „Bund, Länder und Kommunen müssen die jetzt geschaffenen Chancen nutzen“, forderte er. Neben Investitionen in die Infrastruktur sei es nun entscheidend, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und Bürokratie abzubauen: „Schlanke und effiziente Verfahren, die auf Vertrauen fußen – das ist, was die Kommunen jetzt brauchen.“
Ministerpräsident lobt SPD und Grüne
Günther betonte zudem, dass Sicherheit mehr sei als Verteidigungsfähigkeit. Auch der Klimawandel stelle eine Bedrohung dar, weshalb Investitionen in Klimaschutz und nachhaltige Technologien „richtig und wichtig“ seien. „In den Klimaschutz zu investieren sichert uns Wettbewerbsvorteile und macht unser Land zukunftssicher.“
Als Beispiel warb er erneut für die geplante Batteriezellenfabrik von Northvolt, die die industrielle Basis Schleswig-Holsteins stärken könne: „Wo sollte sie entstehen, wenn nicht im Land der Autobauer und in welcher Region, wenn nicht an der Quelle grüner Windenergie?“ Zudem lobte er die konstruktive Zusammenarbeit von CDU und SPD auf Bundesebene und hob dabei ausdrücklich auch die Rolle der Grünen hervor, die das Paket mit ermöglicht hätten.
SPD wirbt weiter für Vermögenssteuer
Auch SPD-Fraktionschefin Midyatli begrüßte das Finanzpaket grundsätzlich, machte jedoch verpasste Chancen für strukturelle Reformen in der Vergangenheit aus. „Schleswig-Holstein könnte weiter sein. Schleswig-Holstein hätte an der Spitze stehen können“, kritisierte die Oppositionsführerin und verwies auf mehrere Anträge, in denen die SPD seit Langem eine Reform der Schuldenbremse gefordert habe. Die bisherigen Finanzregeln hätten Investitionen blockiert, während sich der Sanierungsstau bei Schulen, Krankenhäusern und im Wohnungsbau weiter verschärft habe.
Die SPD stehe nach wie vor nicht nur für eine Reform der Schuldenbremse, sondern auch für neue Finanzierungswege, wie die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer. Dies sei notwendig, um die finanziellen Lasten gerechter zu verteilen. Midyatli forderte schließlich, dass sich Günther auf Bundesebene aktiver für die Interessen Schleswig-Holsteins einsetzen müsse: „Sie müssen diese Chancen ergreifen. Das ist die Erwartung, die wir an Sie haben.“
CDU: „Klug und verantwortungsbewusst“ vorgehen
„Jetzt in diesem Umfang neue Schulden machen zu müssen, ist kein Grund zur Freude“, gestand CDU-Fraktionschef Tobias Koch. Es sei ein „falscher Eindruck, jetzt zu glauben, Geld sei in Hülle und Fülle vorhanden“. Das Milliardenpaket sei notwendig, denn Freiheit, Sicherheit und Demokratie seien bedroht: „Jetzt ist nichts mehr so, wie es in den vergangenen 80 Jahren gewesen ist.“ Die Gefahr durch die russische Aggression sei größer als die Gefahr der Verschuldung.
Koch rief dazu auf, „klug und verantwortungsbewusst“ mit dem Geld umzugehen und forderte einen „großen Wurf bei Bürokratieabbau und Verfahrensbeschleunigung“. Als ein Kernprojekt nannte er die Autobahn A20. Die Ertüchtigung von Brücken, Schienen, Häfen und Krankenhäusern sei auch mit Blick auf einen möglichen „Krisenfall“ bedeutsam.
Grüne loben ihren Einfluss in Berlin
Lasse Petersdotter (Grüne) verteidigte die Abschwächung der Schuldenbremse: „Die Brücken in unserem Land sollten immer genauso solide sein wie unsere Haushalte.“ Der Grünen-Fraktionsvorsitzende wies darauf hin, dass seine Partei den Klimaschutz in das Paket hineinverhandelt habe: „Das Ergebnis ist durch die Grünen besser geworden.“ Bei den anstehenden Investitionen in die Infrastruktur gab Petersdotter das Motto „Sanierung vor Neubau“ aus. Man müsse zunächst „gucken, was in den letzten Jahren liegegeblieben ist“.
Damit wandte Petersdotter sich auch gegen eine Priorisierung der A20. Es sei „unwahrscheinlich, dass eine Straße, die erst in 20 Jahren fertig ist, für die Verteidigungsfähigkeit des Landes das ausschlaggebende Element ist“. Bei der Verteilung der Mittel im Lande brachte er erneut einen „Kommunal-IMPULS“ ins Spiel – ein Sonderprogramm, angelehnt an das Infrastrukturvermögen des Landes.
Liberale kritisieren gigantisches Schuldenpaket“
Scharfe Kritik kam von FDP-Fraktionschef Christopher Vogt. Das „gigantische Schuldenpaket“ sei eine „radikale Kehrtwende in der Finanzpolitik Deutschlands“ und die „wohl größte Wählertäuschung in der Geschichte der Bundesrepublik“. Union und SPD hätten sich „einen gewaltigen finanziellen Spielraum“ verschafft und seien „eine riskante Wette auf die Zukunft unserer Kinder und Enkel“ eingegangen. Vogt forderte eine „umfassende Reformen des deutschen Planungsrechts und des Vergaberechts“.
Die neuen Schulden dürften nicht dazu führen, „dass Reformen verschoben werden“, so Vogt. Er kritisierte zudem, dass der Bund mit seiner Grundgesetzänderung in die Landesverfassung eingegriffen habe, „ohne dass der Landtag dazu überhaupt gefragt wurde“. Der Ministerpräsident hätte auch deswegen in der Länderkammer nicht zustimmen dürfen.
SSW: Fokus auch auf Norden und Westküste legen
SSW-Fraktionschef Christian Dirschauer wies darauf hin, dass auch der Vertreter seiner Partei im Bundestag den Änderungen zugestimmt hat. Nun müssten die Gelder „verantwortungsbewusst und sachgerecht ausgegeben werden“. Das „historische Schuldenpakt“ müsse zu „historischen Fortschritten“ führen, so Dirschauer: „Wir sind verdonnert, zu liefern.“ Es gebe „bedeutsame Chancen“ für Schleswig-Holstein. Dabei müsse ein besonderer Fokus auf dem nördlichen Landesteil und der Westküste liegen. Innerhalb Deutschlands dürfe es „kein Nord-Süd-Gefälle“ bei der Verteilung des Gelds geben, und Schleswig-Holstein müsse „überproportional“ berücksichtigt werden – etwa mit Blick auf den Küstenschutz.