Deutlich sichtbar ist es für Bürgerinnen und Bürger in den vergangenen Jahren vor allem an den angrenzenden Flächen von Autobahnen geworden – Freiflächen im Land werden von Unternehmen und Landwirten zunehmend für den Bau von Solaranlagen genutzt. Auf Antrag der Regierungsfraktionen von CDU und Grünen ging es in der heutigen Debatte um neue Regelungen, um hierbei zukünftig die Zerschneidung von Wildwanderrouten zu vermeiden und die Biodiversität zu schützen. Der Antrag wurde von den Antragsstellern und dem SSW angenommen, eine von der SPD beantragte Ausschussüberweisung abgelehnt.
Die Ampel-Koalition im Bund habe die Priorisierung von Solaranlagen an Bahntrassen und Autobahnen beschlossen, betonte Cornelia Schmachtenberg (CDU. Doch ein Punkt, der leider nicht ausreichend berücksichtigt worden sei, seien die Wildquerungen. „Wildquerungen sind häufig die einzige Möglichkeit zerschnittene Lebensräume zu überwinden. Und der Bau der Freiflächen-Photovoltaikanlagen kann genau an diesen Trassen und Straßen die bereits bestehenden Wildquerungen erheblich beeinträchtigen“, so Schmachtenberg. Dadurch würden Lebensräume weiter zerschnitten, manche könnten durch den Zubau gar nicht mehr vernetzt sein. Die genetische Verarmung beim Wild nehme zu. Ebenso müsse bei der Planung und dem Bau der Freiflächen-Solaranlagen der zukünftige Wildwegeplan im gesamten Land berücksichtigt werden. „Unser Ziel ist es, den verbleibenden Lebensraum für Wildtiere zu vernetzen.“
SPD prangert Verinselung und Inzucht an
Die Vielfalt von Pflanzen und Tieren sei Lebensgrundlage der Menschen, mahnte Silke Backsen (Grüne). Es sei ein beispielloses Artensterben zu beobachten, ein großer Teil der biologischen Vielfalt sei bereits verloren gegangen. Beim Rotwild etwa zeigten Studien, dass es nahezu keinen genetischen Austausch zwischen bestimmten Populationen gebe. Die Zerschneidung der Lebensräume führe zur Verinselung der Populationen und zu Inzucht. Dies müsse bei der Erarbeitung des Wildwegeplans berücksichtigt werden. „Wir betonen daher die Bedeutung der Durchlässigkeit von Freiflächen- und Agri-PV- Anlagen für Wildwanderrouten“, so Backsen.
Auch die SPD wolle, dass Wildtiere ein möglichst offenes Habitat haben und ihre Wildwanderrouten beim Bau großer Anlagen entsprechend berücksichtigt werden, sagte Marc Timmer, hatte jedoch mehrere Einwände gegen den Antrag. So stelle sich unter anderem die Frage, ob es landesrechtlicher oder bundesgesetzlicher Regelung ‒ wie im Antrag gefordert – bedarf. Zudem könnten Freiflächenanlagen insbesondere entlang von Autobahnen einen schützenden Charakter für Wildtiere haben und eine genetische Verarmung des Rotwildes habe es bereits vor den Freiflächenanlagen gegeben. „Sie ist im Wesentlichen auf den allgemeinen Rückgang der Natur, auf die Bebauung und Zerschneidung der Landschaft zurückzuführen.“ Der SSW-Abgeordnete Michael Schunck meinte: „Beim Ausbau der Freiflächen-Solarparks müssen wir in mehrere Richtungen denken.“
FDP kritisiert „doppelte“ Förderung
Biodiversitätsfördernde Photovoltaik-Anlagen bräuchten kein eigenes Fördersegment, sie sollten immer mit Biodiversität in Einklang gebracht werden, sagte Anne Riecke (FDP) „Dafür braucht es andere Rahmenbedingungen von Anfang an.“ Man sei für einen vernünftigen Ausbau von Photovoltaik, „aber mit Konzept und klaren Prioritäten, damit auch die realen Konsequenzen bedacht werden“, so Riecke. „Wie man grüne Energie, die sowieso schon gefördert wird, noch grüner und verträglicher machen möchte, indem man sie nochmals fördert, erschließt sich mir nicht.“
„Schleswig-Holstein wird 2040 klimaneutrales Bundesland sein“, betonte Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne). Aber neben der Klimakrise gebe es auch eine Artenkrise, die mindestens die Dimension der Klimakrise habe. „Deshalb muss es darum gehen, gut mit den vorhandenen Flächen umzugehen.“ Es sei „ein Schildbürgerstreich“, dass in der direkten Nähe von Querungshilfen für Wildtiere der Bau von Photovoltaik möglich ist“, so Goldschmidt. Deshalb sei der Antrag richtig und wichtig.