Wie bemisst sich die Arbeitszeit einer Lehrkraft? Was gehört neben dem Unterricht im Klassenraum alles dazu – etwa die Korrektur von Klausuren, Ausflüge oder Elternabende? Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshof aus dem Jahr 2019 müssen Arbeitgeber grundsätzlich die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter erfassen – eine gesetzliche Umsetzung fehlt in Deutschland allerdings noch. Mehrere Projekte untersuchen derzeit deutschlandweit, wie dies in der Schule funktionieren könnte. Der SPD-Abgeordnete Martin Habersaat rief die Landesregierung auf, Initiativen aus Bremen und Sachsen zur Einführung einer Arbeitszeiterfassung auszuwerten. Die Materie sei komplex, so Habersaat: „Aber es lohnt sich dahinzugucken.“
Bildungsministerin Karin Prien (CDU) reagierte zurückhaltend. In Hamburg habe eine solche Zeiterfassung zu „großen Verwerfungen und Konflikten in der Lehrerschaft“ geführt. Grundsätzlich mach der „große Freiraum bei der Ausgestaltung“ den Lehrerberuf attraktiv. Eine strengere Arbeitszeitregelung werde sie „in der laufenden Legislatur nicht mehr anfangen“, betonte die Ministerin.
„Wie soll man mit den Ferien umgehen?“
Die Vertreter der Koalitionsfraktionen sahen noch „viele offene Fragen“. Die Arbeitszeit könne von Fach zu Fach und von Klassenstufe zu Klassenstufe sehr unterschiedlich ausfallen, sagte Martin Balasus (CDU). Und: „Wie soll man mit den Ferien umgehen?“ Er mahnte ein abgestimmtes Vorgehen aller Bundesländer an. Der Lehrer-Job sei etwas Besonderes, so Malte Krüger (Grüne): „Wer fährt sonst beruflich eine Woche auf Klassenfahrt?“ Es sei schwierig, die Arbeitszeit systematisch zu erfassen. Einerseits gebe es 70 Ferientage, andererseits „sehr intensive Klausurphasen“.
„Viele Lehrer arbeiten weit über eine normale Stundenzeit hinaus, ohne dafür Anerkennung zu bekommen“, stellte Anne Riecke (FDP) heraus. Sie verwies auf „Vertretungsstunden, Aufsichten, Planungen, Fördergespräche, Konferenzen, Korrekturen“.
„Was passiert mit Überstunden?“
Es sei zwar interessant zu erfahren, so Jette Waldinger-Thiering (SSW), „wie viel Arbeitszeit hinter einer Unterrichtsstunde steckt“. Andererseits bedeute dies aber auch einen hohen Verwaltungsaufwand, und es bleibe die offene Frage: „Was passiert mit Überstunden? Wie können diese kompensiert werden?“ Dies müsse zunächst geklärt werden, bevor eine Arbeitszeiterfassung eingeführt werde.
Die Koalition verabschiedete einen eigenen Antrag zum Thema und lehnte das SPD-Papier ab. Auch ein SPD-Antrag zur Lehrkräftegewinnung wurde von Schwarz-Grün abgelehnt. Ein Alternativantrag der Koalition wurde bei Enthaltung der Opposition angenommen.