Auch nach Vorlage zahlreicher Akten haben Opposition und Koalition eine unterschiedliche Sicht auf die Verantwortlichkeiten beim Thema Northvolt. Eine Kernkritik von SPD, FDP und SSW: In der Landesregierung habe es bereits zu einem frühen Zeitpunkt Zweifel an dem Projekt gegeben – diese Bedenken seien dem Landtag aber nicht mitgeteilt worden. „Die Regierung hat das Parlament nicht ausreichend über die Risiken unterrichtet“, so Kianusch Stender (SPD) in einer gemeinsamen Sitzung von Wirtschafts- und Finanzausschuss. Die Abgeordneten hätten über die 300-Millionen-Euro-Bürgschaft und die 137-Milionen-Euro-Förderung für den schwedischen Batteriehersteller entschieden, ohne alle relevanten Informationen zu kennen. Northvolt hat inzwischen in Schweden Insolvenz beantragt, der Bau der Fabrik bei Heide gilt als stark gefährdet.
Vertreter der Landesregierung wiesen die Vorwürfe vehement zurück. Es habe einen „gründlichen Abwägungsprozess zwischen Risiken und Chancen“ gegeben, sagte Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (CDU), und daran sei auch der Finanzausschuss beteiligt gewesen. Der Minister verwies auf eine nicht öffentliche Ausschusssitzung am 25. Januar 2024. Dort sei es um ein Gutachten des Beratungsunternehmens PricewatehouseCoopers (PwC) gegangen, das der Bund in Auftrag gegeben hatte. Die dort dargestellten Szenarien waren Grundlage für das OK aus dem Norden für die Northvolt-Ansiedlung.
SPD und FDP: Informationen waren unzureichend
Dieser Umstand sei dem Ausschuss eine Woche vor der angesprochenen Sitzung mitgeteilt worden, erklärte Staatskanzleichef Dirk Schrödter (CDU): „Wir haben sehr transparent gemacht, dass es Gutachten gibt“. Ein PwC-Vertreter habe an der Sitzung teilgenommen. Der Ausschuss, ergänzte Wirtschaftsstaatssekretärin Julia Carstens (CDU), habe keine weiteren Nachfragen gehabt und einstimmig zugestimmt. Die Parlamentarier seien nicht ausreichend im Bilde gewesen, entgegnete Bernd Buchholz (FDP): „Wie soll ein Ausschuss von einem Gutachten Kenntnis nehmen, von dem er nichts weiß?“ Wenn sie alle Fakten gekannt hätte, „dann hätte ich nicht zugestimmt“, betonte Annabell Krämer (FDP). Die Einschätzung der Landesregierung zu dem Gutachten sei dem Parlament ebenfalls nicht bekannt gewesen, sagte Beate Raudies (SPD).
SPD und FDP hatten im vergangenen Dezember und im Februar Einsicht in die Northvolt-Akten der Landesregierung beantragt. Die anderen Fraktionen hatten dies im Ausschuss unterstützt. Laut Landesverfassung muss die Landesregierung Akten vorlegen, wenn ein Viertel der Ausschussmitglieder dies fordert. Tausende Schriftstücke wurden in den vergangenen Wochen bereitgestellt und zum Teil auch veröffentlicht. Sie wurden aber teilweise geschwärzt. Nach Darstellung von Minister Ruhe Madsen wurden jene Passagen unleserlich gemacht, die vom Bund als vertraulich eingestuft sind oder die Geschäftsgeheimnisse offenbaren. Gegen die Schwärzungen hat die Opposition protestiert. Sie vermute an mehreren Stellen, so die SSW-Abgeordnete Sybilla Nitsch in der Sitzung, dass diese „absichtlich geschwärzt“ worden seien, um sie aus der Öffentlichkeit rauszuhalten.
Einigungsausschuss wird eingesetzt
FDP-Mann Buchholz schlug vor, diese Frage im Parlamentarischen Einigungsausschuss zu klären. In diesem Gremium beraten die Fraktionsvorsitzenden, wenn es Unstimmigkeiten über Auskunftsrechte und Aktenvorlagen durch die Regierung gibt. Die anderen Fraktionen stimmten diesem Weg zu. Auch Minister Schrödter sprach von einem „richtigen und notwendigen Verfahren“. Buchholz deutete zudem eine Klage vor dem Landesverfassungsgericht an, um eine „Entstufung“ der Akten durchzusetzen.
Weitere Infos:
Der Wirtschaftsausschuss
Der Finanzausschuss