Die oppositionelle SPD-Fraktion erneuert ihr Angebot an die schwarz-grüne Landesregierung, einen „Schleswig-Holstein-Pakt“ zu schließen. Nachdem dies im vergangenen Jahr nach der Corona-Krise nicht zustande gekommen war, bekräftigen die Sozialdemokraten jetzt ihr Zusammenarbeitsangebot. Erneut geht es dabei um die Verwendung von Investitionen ‒ aktuell um jeweils etwa 280 Millionen Euro, die in den nächsten zwölf Jahren aus dem Milliarden schweren Infrastruktur-Sondervermögen des Bundes nach Schleswig-Holstein fließen. Darüber hinaus darf das Land aufgrund der gelockerten Schuldenbremse neue Kredite aufnehmen.
„Jetzt ist die historische Chance da, eine Investitionsoffensive zu starten. Der Landtag fordert die Landesregierung auf, jetzt endlich die Idee eines Schleswig-Holstein-Pakts aufzugreifen“, betont die SPD in ihrem Antrag. Konkret werden Investitionsbedarfe bei Kinderbetreuung, Wohnungsbau, Bildung, Gesundheitsversorgung und Klimaschutz genannt und zugleich auf die schwierige Kassenlage in vielen Kommunen des Landes hingewiesen.
Rechnungshof: Land muss Kredite für Investitionen einsetzen
Zur Begründung des Antrags verweist die SPD-Fraktion unter anderem auf den Infrastrukturbericht der Landesregierung, der einen Investitionsbedarf in Höhe von fast 16,7 Milliarden Euro bis 2040 aufzeigt. Davon seien 6,1 Milliarden Euro noch nicht in der Finanzplanung der Landesregierung enthalten. Bei der Vorstellung des Antrags Mitte Juni warnte SPD-Fraktionschefin Serpil Midyatli davor, mit dem Geld vom Bund nur alte Schuldenlöcher zu stopfen. Nötig seien vielmehr zielgerichtete Investitionen. „Wir sind bereit, Prioritäten zu setzen“ und diese in den Schleswig-Holstein-Pakt einzubringen, sagte sie.
Unterdessen hat auch Landesrechnungshof-Präsidentin Gaby Schäfer dazu aufgerufen, die neuen Vergütungsmöglichkeiten für zusätzliche Investitionen zur Stärkung der Wirtschaft einzusetzen. „Die neuen Kreditmöglichkeiten ‒ immerhin rund 800 Millionen Euro pro Jahr für Schleswig-Holstein ‒ dürfen weder direkt noch indirekt für konsumtive Zwecke genutzt werden“, betonte die Präsidentin Ende vergangener Woche.
FDP fordert Stabilisierungsmaßnahmen für Kommunen
Die Landesregierung soll darlegen, wie sie die Finanzlage der schleswig-holsteinischen Kommunen stabilisieren will. Das fordert die FDP mit Blick auf wachsende Herausforderungen für Städte, Kreise, Ämter und Gemeinden, etwa den Anspruch auf eine Ganztagsbetreuung in der Grundschule ab 2026 und die rückläufigen Gewerbesteuereinnahmen. Die Freidemokraten verweisen darauf, dass die Kommunen einen Anspruch auf einen Teil der Investitionsmittel des Bundes haben – Bundestag und Bundesrat haben im März den Weg für eine Sanierung der deutschen Infrastruktur mit bis zu 500 Milliarden Euro geebnet. Ein weiterer Punkt auf der FDP-Fragenliste ist die „Stärkung des FAG“, des Kommunalen Finanzausgleichs. Dessen Volumen betrug im Jahr 2024 rund 2,2 Milliarden Euro.
Zuletzt hatten Kommunalvertreter auf ihre schwierige finanzielle Lage aufmerksam gemacht. So habe das Finanzierungsdefizit der städtischen Haushalte im Jahr 2024 bei knapp einer Milliarde Euro gelegen, wie der Städteverband mitteilte. Die jüngsten Ergebnisse der Steuerschätzung hätten die Einnahmeerwartung noch einmal reduziert, so dass auch für 2025 mit erheblichen Minusbeträgen zu rechnen sei. Die Kommunen im Norden können laut der Mai-Schätzung mit Steuereinnahmen in Höhe von rund 4,7 Milliarden Euro planen. Das sind 149 Millionen Euro weniger als im vergangenen Oktober geschätzt. Für die Jahre 2026 bis 2029 sind demnach weitere Rückgänge zu erwarten. Als Reaktion haben Norderstedt und Kiel Haushaltssperren verhängt.
4,2 Milliarden Euro Schuldenberg
Ein Grund für die finanzielle Schieflage vieler Kommunen sind auch die zuletzt sinkenden Gewerbesteuereinnahmen. Im Jahr 2024 ist das Gewerbesteueraufkommen im Lande laut Statistikamt Nord gegenüber dem Vorjahr um ein Prozent auf 2,24 Milliarden Euro gesunken. Im laufenden Jahr wird ein weiterer Rückgang befürchtet. Insgesamt betrug der Schuldenberg der schleswig-holsteinischen Kommunen Ende 2023 rund 4,2 Milliarden Euro. Das waren 4,5 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Allerdings gibt es innerhalb der kommunalen Landschaft große Unterschiede: Von den 1.104 Gemeinden zwischen Nord- und Ostsee waren 309 laut Statistikamt schuldenfrei. Unter den 15 Kreisen und kreisfreien Städten hat allein der Kreis Stormarn keine Verbindlichkeiten bei Banken und Sparkassen in seinem Kernhaushalt.