Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

18. Juni 2025 - Juni-Plenum

Ab August: Handy-Verbot an Schulen bis Klasse 9

Zu viel Ablenkung und eine behinderte soziale Interaktion: Nur mit Erlaubnis der Lehrkraft sollen Schulkinder der Mittelstufe nach dem Willen der schwarz-grünen Regierungsfraktionen zukünftig noch ein Handy nutzen.

Bild
Will eine „Kultur der Digitalität“ an den Schulen: Bildungsministerin Dorit Stenke.
© Foto: Landtag, Sönke Ehlers

Die private Handynutzung wird für Jugendliche an Schleswig-Holsteins Schulen bis einschließlich Klasse 9 verboten. Das werde ab Beginn des neuen Schuljahres im August gelten, kündigte Bildungsministerin Dorit Stenke (CDU) an: „Jetzt handeln wir.“ 15-Jährige hätten im Schnitt sieben Stunden pro Tag das Smartphone vor der Nase, so die Ministerin. Die Folgen seien Konzentrationsstörungen und eine nachlassende soziale Kompetenz. Allerdings: Im Unterricht sollen die Geräte weiterhin zum Einsatz kommen dürfen. Die Opposition sah noch viele offene Fragen. Seit 2023 gebe es einen entsprechenden Erlass für Grundschulen, nun komme dies auch für die Klassen 5 bis 9, betonte Stenke. Die Schulen seien angehalten, die Details mit Schülern und Eltern in den Schulkonferenzen zu klären. Ziel sei „kein pauschales Verbot“, stellte die Ministerin klar. Eine „Kultur der Digitalität“ an den Schulen könne viele Vorteile bringen, etwa individuelles Lernangebote.

„Endlich“, so Martin Balasus (CDU), gelte das Motto: „Konzentrieren statt Konsumieren“. Als „Schattenseiten der Smartphones“ nannte er Mobbing, Desinformation, Pornografie, Gewaltvideos und „gefährliche Challenges“. Er rechne mit „Gegenwind“ seitens der Jugendlichen, merkte Balasus an, „aber unsere Aufgabe ist es, die Schüler vor Schaden zu bewahren“. Viele Schulen hätten bereits entsprechende Regeln, sagte Malte Krüger (Grüne), „aber eben nicht alle“. Nun müssten sich „alle Schulen Gedanken machen“. CDU und Grüne forderten die Regierung auf, neben dem Erlass „eine schulgesetzliche Regelung auf den Weg zu bringen“.

Problem der Durchsetzung

 

 

Bild
Martin Habersaat (SPD): „Wer soll das durchsetzen, mit welcher Autorität und mit welchen Maßnahmen?“
© Foto: Landtag, Sönke Ehlers

„Nicht so richtig überzeugend“, lautete das Urteil von Martin Habersaat (SPD): „Wer soll das durchsetzen, mit welcher Autorität und mit welchen Maßnahmen?“ Seien nun die Lehrer aufgerufen, die Handys auf dem Pausenhof einzusammeln - und „können wir das verlangen?“ Habersaat rief die Regierung auf, alle Schulkinder ab Klasse 7 mit digitalen Endgeräten auszustatten, denn damit lasse sich das Surfverhalten viel besser steuern als mit einem Verbot.

„Das angestrebte Verbot zeugt von nichts anderem als Hilflosigkeit und Überforderung“, so Anne Riecke (FDP). Nicht die Geräte seien das Problem, sondern der fehlende kompetente Umgang damit. „Die Lösung ist Medienbildung, die diesen Namen verdient“, betonte Riecke – und zwar „schon ab der 1. Klasse“. Jette Waldinger-Thiering (SSW) forderte, vor einem Verbot „erstmal ein Fachgespräch im Bildungsausschuss“ abzuhalten. Dort müsse geklärt werden, welche Verantwortung die Schule habe, und was von den Eltern geleistet werden müsse. Denn „wir als Erwachsene sind das beste Vorbild dafür, wie man mit digitalen Endgeräten umgeht“.

Am Ende beschloss Schwarz-Grün den eigenen Antrag und lehnte die Änderungspapiere von SPD und FDP und auch eine Ausschussüberweisung ab.

An Grundschulen sind Smartphones für die Kinder bereits weitgehend untersagt. Nun bitten die Regierungsfraktionen von CDU und Grünen die Landesregierung per Antrag um einen mündlichen Bericht zu geplanten Einschränkungen der Nutzung der Geräte an weiterführenden Schulen. In einem weiteren Antrag fordern sie eine landesweite Regelung, unter Einbeziehung von Schüler- und Elternvertretungen sowie der Lehrkräfte solle ein „verbindlicher Rahmen“ für die Klassenstufen 5 bis einschließlich 9 schulgesetzlich vorgegeben werden, heißt es in dem Antrag.

Hintergrund seien die „negativen Auswirkungen digitaler Endgeräte auf Konzentration und Schulklima“. Im Unterricht sollen mobile Endgeräte zu unterrichtlichen Zwecken mit ausdrücklicher Erlaubnis der Lehrkraft aber weiterhin eingesetzt werden können, damit „Schülerinnen und Schüler in die Lage versetzt werden, digitale Medien kompetent, kritisch und selbstbestimmt zu nutzen“. Auch in begründeten Not- oder Ausnahmesituationen soll eine Nutzung möglich bleiben.

Studie sieht positiven Effekt von Verboten

Smartphones lenkten ab und störten die Aufmerksamkeit der Schülerinnen und Schüler, sagte Martin Balasus, bildungspolitischer Sprecher der CDU. Die Geräte seien Schauplatz für Mobbing und behinderten die soziale Interaktion. „Kinder und Jugendliche sollen sich auf den Unterricht konzentrieren und in den Pausen gemeinsam Zeit verbringen, miteinander schnacken, spielen, sich bewegen oder in Ruhe Kraft tanken.“

Eine Überblicksstudie der Universität Augsburg kommt nach Balasus' Angaben zu dem eindeutigen Ergebnis, dass ein Smartphone-Verbot das soziale Wohlbefinden der Schülerinnen und Schüler messbar verbessere. „Das Wohlbefinden hat einen wesentlichen Einfluss auf den Lernerfolg. Ich habe die Hoffnung, dass als Folge eines Smartphone-Verbots auch die schulischen Leistungen besser werden könnten“, so der Bildungspolitiker.

Steigerung der Medienkompetenz wichtig

Aus Sicht der Bildungsgewerkschaft GEW ist es sinnvoll, die Nutzung von Handys in der Schule einzuschränken. „Handys stellen in den Schulen immer mehr einen massiven Störfaktor dar“, sagte Landesgeschäftsführer Bernd Schauer. „Uns erscheint daher mittlerweile eine einheitliche Regelung für ein rechtssicheres und altersgerechtes Handyverbot sinnvoll.“ Wichtig seien aber auch Maßnahmen in der Schule zur Steigerung der Medienkompetenz von Schülerinnen und Schülern. Dafür bräuchten die Lehrkräfte mehr Zeit. Älteren Schülern müsse die Schule selbstverständlich mehr Eigenverantwortung zubilligen. In der Oberstufe wäre ein striktes Handyverbot absurd, so Schauer. Nach Überzeugung des SPD-Abgeordneten Martin Habersaat lösen Verbote keine Probleme. „Aber sie unterdrücken Symptome und kosten nichts. Das erklärt, warum sich CDU-Bildungspolitik 2025 diesen Schwerpunkt setzt.“

In einem Alternativantrag zum Antrag von CDU und Grünen fordert die FDP-Fraktion, die Digitalkompetenz von Schülerinnen und Schülern zu stärken, sie tritt dabei für Befähigung und gegen Bevormundung ein. Die SPD verlangt in einem Änderungsantrag, die Einschränkung der Nutzung von Handys an Schulen pädagogisch sinnvoll zu regeln.

Top 29 + 30:

Berichtsantrag der Fraktionen von CDU und Grünen

Drucksache 20/3313

Antrag der Fraktionen von CDU und Grünen

Drucksache 20/3314

Alternativantrag der FDP-Fraktion

Drucksache 20/3340

Änderungsantrag der SPD-Fraktion

Drucksache 20/3341