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19. Juni 2025 - Juni-Plenum

Verfassungsschützer notieren Rekord bei Straftaten

Die Einflussnahme von Extremisten über Plattformen wie Soziale Medien steigt, und junge Menschen radikalisieren sich im Netz. Dies geht aus dem aktuellen, zur Beratung vorliegenden Verfassungsschutzbericht hervor.

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Marion Schiefer (CDU): „Der Extremismus hat viel Gesichter, aber immer das gleich Ziel.“
© Foto: Landtag, Sönke Ehlers

Schleswig-Holsteins Verfassungsschützer haben im vergangenen Jahr einen Höchstwert an politisch motivierten Straftaten registriert. Deren Zahl lag 2024 bei 2.677 Fällen und damit um 54,3 Prozent über dem Vorjahr. Die Zahl der Gewaltdelikte ist demnach um 16 auf 153 gestiegen. „Wir merken, dass die weltpolitische Lage sich auch auf unser Schleswig-Holstein auswirkt“, sagte Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts im Landtag. Insbesondere der abgelaufene Bundestagswahlkampf sei von Hass und Hetze geprägt gewesen, so die Ministerin: „Der Ton in der Gesellschaft ist rauer geworden.“

Der Rechtsextremismus bildete laut Bericht den Schwerpunkt der Arbeit der Sicherheitsbehörden. 2024 wurden 1.516 Straftaten erfasst (2023: 975). Das entspricht einem Anstieg um 55,5 Prozent. Im Bereich Linksextremismus zählten die Verfassungsschützer 265 Straftaten (2023: 137). Vom islamistischen Terrorismus gehe eine hohe abstrakte Gefährdung aus. Der Verfassungsschutz rechnet dem Islamismus insgesamt 820 Personen zu. Redner aller Fraktionen machten sich angesichts dieser Entwicklung für eine wehrhafte Demokratie stark. Umstritten blieb, ob ein Verbotsverfahren gegen die AfD angestrengt werden sollte. Das Landesamt für Verfassungsschutz stuft die Partei, anders als das Bundesamt, nicht als „gesichert rechtsextrem“ ein.

Intenet als Hauptkampffeld

 

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Niclas Dürbrook (SPD): „Diese Partei arbeitet personell, organisatorisch und inhaltlich mit dem rechten Sumpf zusammen.“
© Foto: Landtag, Sönke Ehlers

„Der Extremismus hat viel Gesichter, aber immer das gleich Ziel“, mahnte Marion Schiefer (CDU): nämlich „die Aushöhlung unserer demokratischen Gesellschaft“. Das Internet sei für alle Extremisten „zum Hauptkampffeld geworden“, um eine „junge, internetaffine Zielgruppe“ anzusprechen. Damit seien die „digitalen Rattenfänger“ erschreckend erfolgreich. Schiefer forderte insbesondere vom Bund, „mehr Druck auf die Plattformen auszuüben“. Jan Kürschner (Grüne) zeigte sich besorgt angesichts des „krassen Anstiegs“ rechtsextremistischer Taten. Schleswig-Holstein habe von allen westdeutschen Flächenländern die meisten rechtsextremen Gewalttaten pro Kopf. Die AfD „als parlamentarischer Arm des Rechtsextremismus“ sei eine konkrete Gefahr, so Kürschner. Eine Prüfung auf Verfassungswidrigkeit durch das Bundesverfassungsgericht sei deswegen „unabdingbar“.

„Diese Partei arbeitet personell, organisatorisch und inhaltlich mit dem rechten Sumpf zusammen“, betonte Niclas Dürbrook (SPD). Deswegen dürfe „das Verbotsverfahren nicht länger vertagt werden“. Er forderte, eine zeitgemäße Ausstattung der Verfassungsschützer, ausreichend Personal und eine gute Ausbildung. Denn auch Desinformation und Cyberangriffe seien eine große Herausforderung – und „bislang sind wir bei diesem Test durchgefallen“. Bernd Buchholz (FDP) äußerte sich skeptisch mit Blick auf ein AfD-Verbotsverfahren: „Das ist kein Selbstgänger.“ Selbst wenn es gelänge, die Partei zu verbieten, „zehn Millionen Wähler verbieten wir damit nicht“. Erfolgversprechender sei es, mit guter Politik „aus der Mitte der Gesellschaft“ die Ränder klein zu machen.

Rechtsausschuss berät Bericht weiter

Viele Menschen in der Mitte hätten sich inzwischen an rechtsextreme Hetze gegen gesellschaftliche Minderheiten und an eine „Sprachverschiebung“ gewöhnt, sagte Sybilla Nitsch (SSW): „Wir müssen auch über den Extremismus der Mitte sprechen.“ Die neue Rechte versuche, Grenzen zu verschieben, so Nitsch – und „auf Worte folgen Taten“. Der Innen- und Rechtsausschuss berät den Bericht weiter.

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Sybilla Nitsch (SSW): „Wir müssen auch über den Extremismus der Mitte sprechen.“
© Foto: Landtag, Sönke Ehlers

Schleswig-Holsteins Verfassungsschützer registrierten im vergangenen Jahr insgesamt einen deutlichen Anstieg politisch motivierter Straftaten. Laut dem aktuellen Bericht stieg deren Zahl in 2024 im Vorjahresvergleich um 54,3 Prozent auf 2.677 Fälle an. Das war den Angaben zufolge der bisherige Höchstwert, entspreche aber dem Bundestrend. Besonders starken Zulauf ist laut dem Verfassungsschutzbericht, der im Plenum beraten werden soll, bei „Reichsbürgern“ und sogenannten Selbstverwaltern zu beobachten – von 700 auf etwa 800 Personen.

Bei der öffentlichen Vorstellung des Berichts Anfang Juni wurde hervorgehoben, dass Experten mit großer Sorge die Einflussnahme von Extremisten auf Jugendliche in Schleswig-Holstein über Plattformen wie Tiktok, Youtube oder Instagram beobachten. Junge Menschen radikalisierten sich im Netz, sagte Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU). „Das ist ein riesengroßes Problem unserer Gesellschaft.“ Diese Einflussnahme gebe es dem zufolge nicht nur durch Islamisten, sondern in allen Bereichen des Extremismus, sagte Sütterlin-Waack. Im Bereich der Radikalisierung sei diese Entwicklung deutlich zu verzeichnen.

Rechtsextremismus, Linksextremismus und Islamismus 

Der Rechtsextremismus bildete zuletzt den Schwerpunkt der Arbeit der Sicherheitsbehörden. Zwar sank die Zahl der registrierten Rechtsextremisten im Land um 20 auf 1.180. Weiterhin gelten jedoch 350 als gewaltbereit. 2024 wurden 1.516 Straftaten erfasst (2023: 975). Das entspricht einem Anstieg um 55,5 Prozent. Die Anzahl der rechten Gewalttaten ging im Vorjahresvergleich zwar um 16 auf 65 Taten zurück. Dies ist laut Verfassungsschutz auf eine Rechtsrock-Veranstaltung in Neumünster im März 2023 zurückzuführen mit allein 23 Gewaltdelikten.

Im Bereich Linksextremismus erfassten die Verfassungsschützer im vergangenen Jahr 265 Straftaten (2023: 137). Es gab 27 Gewaltdelikte. Dem Spektrum werden weiterhin etwa 745 Menschen zugerechnet. Vom islamistischen Terrorismus geht eine hohe abstrakte Gefährdung aus. Der Verfassungsschutz rechnet dem Islamismus insgesamt 820 Personen zu. Der Salafismus bleibt mit etwa 700 Menschen die verbreitetste islamistische Strömung.

(Stand: Juni 2025)

Regierungsbericht / Top 41

Verfassungsschutzbericht 2024
Bericht der Landesregierung – Drucksache 20/3282 
(Ministerium für Inneres, Kommunales, Wohnen und Sport)