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8. Juli 2025 - Europaausschuss

Grenzkontrollen: Scharfe Kritik trotz Gewöhnungseffekt

Zwar haben sich viele Menschen an die deutsch-dänischen Grenzkontrollen gewöhnt, doch rechtlich und politisch bleiben sie umstritten. Der Preis für vermeintliche Sicherheit ist hoch – für Pendler, für die Gesellschaft und für das europäische Miteinander.

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Die Autobahn A7 kurz vor der dänischen Grenze.
© Foto: Landtag, Detlef Ziep

Seit mehr als neun Jahren gibt es wieder stichprobenartige Kontrollen an der deutsch-dänischen Grenze – zunächst, seit Januar 2016, auf dänischer Seite und seit September 2024 auch durch die Bundesrepublik. Inzwischen haben die Menschen in der Region gelernt, mit diesem Ausnahmezustand zu leben, das wurde Anfang Juli in einem Fachgespräch im Europaausschuss deutlich. Umstritten ist nach wie vor, ob die Kontrollen rechtmäßig sind und ob sie ihr Ziel erreichen, die Sicherheit in den beiden Ländern zu erhöhen.

Peter Hansen vom Regionskontor Sønderjylland/Schleswig blickte auf die Situation der Grenzpendler. Schätzungen zufolge fahren täglich rund 13.000 Menschen von Schleswig-Holstein nach Dänemark zur Arbeit, in der umgekehrten Richtung sind es etwa 650. Verkehrsstaus seien lange ein Problem gewesen, so Hansen, aber Dänemark habe seine Maßnahmen seit Anfang 2023 entschärft und zweispurige Kontrollen eingeführt: „Seitdem gibt es keine größere Staubildung.“ Wer könne, der überquere die Grenze am frühen Morgen und vermeide den Sonnabend, wenn die Straßen wegen des Bettenwechsels in dänischen Ferienhäusern voll seien. „Wir können einigermaßen damit leben“, lautete sein Fazit. 

Kontrollen widersprechen dem Schengener Abkommen

Birte Pauls (SPD) machte dennoch eine Belastung aus. Eine Kontrolle dauere etwa 20 Minuten, und dies hätten Pendler stets im Hinterkopf: „Man muss sich eine halbe Stunde früher auf den Weg machen.“ Die Bundespolizei agiere im Norden „weit weniger konfrontativ als an anderen Grenzen“, etwa zu Polen oder Österreich, betonte Rasmus Vöge (CDU). Kleinere Verzögerungen seien zu verschmerzen: „Die Menschen stehen auch an der Landesgrenze zu Hamburg im Stau.“ Uta Wentzel (CDU) hielt es für wichtig, keine neuen Grenzhäuschen auf deutscher Seite zu bauen, sondern die Kontrollen in Containern vorzunehmen: „Dieser provisorische Charakter zeigt, dass wir am Schengen-Raum und an der Reisefreiheit in Europa festhalten.“ 

Die innereuropäischen Grenzkontrollen widersprechen dem Schengener Abkommen, das einen ungehinderten Verkehr zwischen den Beitrittsstaaten vorsieht. Deutschland gehört seit 1995 zum Schengen-Raum, Dänemark kam 2001 dazu. Ausnahmen sind bei einer „ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit“ möglich, allerdings auf maximal drei Jahre begrenzt. Auf diesen Umstand wies Anna Katharina Mangold, Professorin für Europarecht an der Uni Flensburg, hin. Die Bundesregierung habe bislang keine Begründung für eine besondere Bedrohungslage geliefert, monierte sie: „Wir leben in einem extrem sicheren Land.“ Die Ergebnisse der Kontrollen seien „mager bei extrem hohen Kosten und vielen Überstunden“. Die beim Landtag angesiedelte Beauftragte für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen, Doris Kratz-Hinrichsen, sprach von 238 Fällen illegaler Zuwanderung aus Dänemark nach Deutschland zwischen September 2024 und Juni 2025. 

Grenzkontrolle als Beruhigungspille

„Da muss ich widersprechen“, wandte die Christdemokratin Wentzel ein und beklagte Steigerungen um bis zu 40 Prozent bei ausländisch motivierter politischer Kriminalität. Die Zahl der islamistischen Gefährder habe sich seit 2013 sogar verfünffacht. „Diejenigen, die an unserer Grenze um Asyl bitten, sind nicht automatisch die Täter“, entgegnete Eka von Kalben (Grüne). Die Grenzkontrollen kritisierte sie als teure „Beruhigungspillen“. Jette Waldinger-Thiering (SSW) monierte „ethnische Ungleichbehandlung“ bei den Grenz-Checks: „Angehalten werden diejenigen, die keine blauen Augen haben und keine helle Hautfarbe.“ Einen Blick auf die dänische Seite warf die Ethnologin Marlene Paulin Kristensen von der Süddänischen Universität in Sonderburg. Im Nachbarland wachse nach fast zehn Jahren Grenzkontrollen „eine Generation von Kindern und Jugendlichen heran, die keine offenen Grenzen mehr kennt“.