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23. Juli 2025 - Juli-Plenum

Tourismus ohne Barrieren: Land soll „ins Handeln kommen“ 

Schleswig-Holstein soll barrierefreier werden – auch im Urlaub. CDU und Grüne setzen auf die Prüfung geeigneter Maßnahmen für mehr Inklusion im Tourismus, die Opposition fordert hingegen Tempo bei der Umsetzung.

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Barrierefreiheit zählt noch nicht zu den zentralen Bausteinen unserer Tourismusstrategie“, sagte der CDU-Abgeordnete Peer Knöfler.
© Foto: Landtag, Sönke Ehlers

Geräumige Aufzüge, rollstuhltaugliche Hotels, Speisekarten für Sehbehinderte: Auch im Tourismus spielt Barrierefreiheit eine immer größere Rolle. Der Landtag hat die Landesregierung nun aufgefordert, in diesem Bereich verstärkt aktiv zu werden. „Eine konsequent umgesetzte Barrierefreiheit zählt noch nicht zu den zentralen Bausteinen unserer Tourismusstrategie“, sagte der CDU-Abgeordnete Peer Knöfler: „Das ändern wir jetzt.“ Die Opposition unterstützte das Ziel, fordert aber ein höheres Tempo.

Ein Kernpunkt: Das Land soll wieder dem Zertifizierungssystem „Reisen für Alle“ beitreten – Schleswig-Holstein war 2021 als einziges Bundesland ausgestiegen. Es gehe darum, mehr Anbieter als barrierefrei zu zertifizieren und damit öffentlich sichtbar zu machen, so Knöfler. Silke Backsen (Grüne) wies darauf hin, dass fast zehn Prozent der Menschen eine Schwerbehinderung hätten. Bei den Über-65-Jährigen seien es sogar 20 Prozent. Auch angesichts des demographischen Wandels müsse Schleswig-Holstein ein „Tourismusland für alle“ werden.

Digitalisierungskonzept geplant

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Thomas Hölck (SPD): „Sie prüfen und prüfen und kommen nicht weiter“.
© Foto: Landtag, Sönke Ehlers

 

Es gehe nicht nur um Behinderte, so Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (CDU), sondern auch um Familien mit Kinderwagen oder Menschen mit Sportverletzungen. Sein Ministerium arbeite an einem „Digitalisierungskonzept“ sowie an einer Befragung von Anbietern, um „Best Case“ und „Worst Case“-Beispiele offenzulegen. Zudem soll im kommenden Jahr eine „Sensibilisierungskampagne“ starten.

„Sie prüfen und prüfen und kommen nicht weiter“, hielt Thomas Hölck (SPD) der Koalition vor. Menschen mit Behinderung seien „keine zusätzliche Zielgruppe, die es zu ködern gilt“. Das Land habe die „Verantwortung, ihnen eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben zu ermöglichen“.

Mehrheit für den Antrag

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Annabell Krämer (FDP) nannte den Koalitionsantrag „dünne Suppe“.
© Foto: Landtag, Sönke Ehlers

Annabell Krämer (FDP) nannte den Koalitionsantrag „dünne Suppe“. Jeder Übernachtungsbetrieb sei heute schon „mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn er Barrierefreiheit nicht mitdenkt“. Die Unternehmer hätten dies „schon ganz gut begriffen“.

Barrierefreier Tourismus sei „keine Nische“, betonte Christian Dirschauer (SSW), sondern ein Angebot für alle.   Die Koalition habe lediglich eine „wohlgesinnte Absichtserklärung“ abgeliefert – sie müsse endlich „vom Prüfen ins Handeln kommen“. Am Ende stimmten CDU, Grüne, FDP und SSW dem Antrag zu, die SPD enthielt sich. 

Für die Wahl eines Urlaubsortes werden barrierefreie Unterkünfte und Freizeitangebote im Tourismus nach Einschätzung von Fachleuten zunehmend wichtiger. Bei einer Befragung von Urlaubsgästen an der deutschen Nordseeküste im vergangenen Jahr gab ein Drittel der Befragten (34 Prozent) an, dass Barrierefreiheit eine hohe oder sehr hohe Relevanz für sie als Buchungskriterium für einen Ort und die Unterkunft hat. Für die Tourismusregionen in Schleswig-Holstein gebe es ein Potenzial, sich durch mehr barrierefreie oder barrierearme Angebote im Wettbewerb zu positionieren und neue Zielgruppen anzusprechen. 

Passend dazu fordern die Fraktionen von CDU und Grünen in ihrem Antrag, den barrierefreien Tourismus zu stärken. Für ein Tourismusland wie Schleswig-Holstein sei es wichtig, dass Angebote in Hotels, Restaurants, am Strand, auf dem Wasser sowie im öffentlichen Nahverkehr barrierefrei sind. Zu den konkreten Schritten gehört demnach, zu überprüfen, ob sich Schleswig-Holstein wieder dem Zertifizierungssystem „Reisen für Alle“ anschließt. Alternativ sollten verlässliche Informationen über barrierefreie Angebote geschaffen werden. Außerdem solle eine Untersuchung zeigen, welchen wirtschaftlichen Nutzen barrierefreier Tourismus hat – unter Berücksichtigung von Alter und Bevölkerungsentwicklung.

Wichtiges Qualitätsmerkmal

Ein weiterer Punkt ist die Öffentlichkeitsarbeit. Eine Sensibilisierungskampagne solle deutlich machen, dass Barrierefreiheit nicht nur hilft, sondern sich auch wirtschaftlich lohnt. Zusätzlich solle geprüft werden, wie man Leistungsträger durch einfache Maßnahmen unterstützen kann. Auch Unterstützung bei der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung solle geprüft werden.

„Barrierefreiheit im Tourismus ist ein wichtiges Qualitätsmerkmal, das Schleswig-Holstein gesellschaftlich und als Tourismusland voranbringt“, heißt es in der Begründung des Antrags. Zudem sei dies ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Es sei das Ziel, gemeinsame Schritte zur Förderung von Barrierefreiheit im Tourismus zu gehen, „um die Attraktivität Schleswig-Holsteins als Reiseland weiter zu stärken und auf zusätzliche Zielgruppen zu erweitern“.

Top 36:

Antrag von CDU und Grünen
Drucksache 20/3442