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25. September 2025 - September-Plenum

Pläne auf Bundesebene: Sorge um die Windbranche im Lande

SPD, Grüne und SSW sind besorgt über den Zehn-Punkte-Plan der Bundesregierung zur Energiepolitik. Demnach sollen neue Gaskraftwerke gebaut und erneuerbare Energien weniger gefördert werden.

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SPD-Fraktionschefin Serpil Midyatli: „Kein Bundesland würde so unter den Plänen leiden wie Schleswig-Holstein.“
© Foto: Landtag, Sönke Ehlers

Weniger Förderung für Windkraft und Solaranlagen, strengere Vorgaben für den Netzausbau, neue Gaskraftwerke: Der Zehn-Punkte-Plan zur Energiepolitik von Bundeswirtschaftsministerin Katharina Reiche (CDU) stößt bei SPD, Grünen und SSW im Norden auf kräftigen Gegenwind. „Kein Bundesland würde so unter den Plänen leiden wie Schleswig-Holstein“, befürchtete SPD-Fraktionschefin Serpil Midyatli in einer Aktuellen Stunde: „Es geht um die Interessen unseres Landes.“ Lob für die Berliner Ideen kam hingegen von CDU und FDP. 

Reiche will Versorgungssicherheit und günstige Preise sichern, indem sie Vorgaben abbaut und auf „Technologieoffenheit“ setzt. Die bisher fixe Einspeisevergütung für Wind- und Solaranlagen soll abgeschafft werden. Die Windkraft auf See soll weniger stark wachsen, und der Netzausbau soll begrenzt werden, wobei Freileitungen den Vorzug vor teuren Erdkabeln erhalten sollen. Reiche strebt zudem an, dass Privathaushalte keine Förderung mehr für neue Solaranlagen bekommen sollen. Die Solar-Förderung soll auf große Photovoltaik-Freiflächen konzentriert werden. Neue, wasserstofffähige Gaskraftwerke sollen als Reserve einspringen, wenn der Strombedarf durch Erneuerbare nicht zu decken ist. Die umstrittene CCS-Technologie („Carbon Capture and Storage“) will die Ministerin als „Klimaschutztechnologie etablieren“. Dabei wird Kohlendioxid aus Kraftwerken in tiefen Gesteinsschichten verpresst.

Branche in Sorge

 

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Tobias Koch (CDU) rief die Sozialdemokraten auf, „nicht immer auf den Koalitionspartner einzuschlagen“.
© Foto: Landtag, Sönke Ehlers

„Niemand ist gegen Effizienzsteigerung“, so Midyatli, „aber wir brauchen mehr Erneuerbare und nicht weniger, mehr Netze und nicht weniger“. Der Ausbau der Windkraft habe im Lande „tausende hoch qualifizierte Arbeitsplätze“ geschaffen: „Die Branche hat die Sorge, dass hier ein großer Sturm aufziehen könnte.“ Der Reiche-Plan sei eine „aktive Entscheidung gegen die Klimaziele“, so Lasse Petersdotter (Grüne). Die Energiewende laufe „ziemlich gut – bis jetzt“. Nun aber „werden wir hier in die falsche Richtung gedrängt“. Auch Sybilla Nitsch (SSW) befand: „Die Generalkritik an dem Plan ist berechtigt.“ Wenn Frau Reiche in Gaskraftwerke investieren wolle, „dann kostet das richtig Geld“ – und diesem Mittel würden wiederum beim Netzausbau für die Erneuerbaren fehlen, mahnte Nitsch. 

Der Plan gebe den schwarz-roten Koalitionsvertrag auf Bundesebene wieder, merkte Tobias Koch (CDU) an. Er rief die Sozialdemokraten auf, „nicht immer auf den Koalitionspartner einzuschlagen“. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien werde im Lande „konsequent fortgeführt“, und „das lässt sich alles kombinieren mit dem Zehn-Punkte-Plan“. Christopher Vogt (FDP) sah „erheblichen Korrekturbedarf“ in der deutschen Energiepolitik. Reiches Ziele, „mehr Realismus, mehr Pragmatismus, mehr Marktwirtschaft statt Planwirtschaft“, gingen in die richtige Richtung. Die Landesregierung solle die Reformankündigung „konstruktiv begleiten“, forderte Vogt.

Gemischte Bilanz des Ministers

Energieminister Tobias Goldschmidt (Grüne) zog eine „gemischte“ Bilanz“ des Reiche-Papiers: „Einige Punkte müssen uns Bauchschmerzen bereiten“, das gelte etwa für die Bremse bei der Windenergie auf See. „Wir treiben die Energiewende voran, und in diesem Sinne werden wir uns in die Debatte in Berlin einbringen“, kündigte Goldschmidt an. 

 

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Energieminister Tobias Goldschmidt (Grüne): „Einige Punkte müssen uns Bauchschmerzen bereiten.“
© Foto: Landtag, Sönke Ehlers

Weniger Förderung für Erneuerbare Energien, strengere Vorgaben für den Netzausbau, neue Gaskraftwerke: Mit ihrem Mitte September vorgelegten Zehn-Punkte-Plan zur Energiepolitik will Bundeswirtschaftsministerin Katharina Reiche (CDU) Versorgungssicherheit garantieren und Preise deckeln. Im Windland Schleswig-Holstein stößt die Ministerin jedoch auf Widerspruch. Auf Antrag der Sozialdemokraten berät der Landtag das Thema in einer Aktuellen Stunde. Die SPD-Fraktionsvorsitzende Serpil Midyatli befürchtet „eine Rolle rückwärts in der Energiewende“. Dies wäre „schädlich für unser Land“, so Midyatli.

Grundlage der Berliner Pläne ist ein Gutachten des Energiewirtschaftlichen Instituts der Uni Köln und des Beratungsunternehmens BET. Demzufolge steigt der Strombedarf in Deutschland langsamer als bislang angenommen. Vor diesem Hintergrund schlägt Reiche zehn „Schlüsselmaßnahmen“ vor. „Wir brauchen jetzt eine ehrliche Bestandsaufnahme“, so die Ministerin: „Die Energiewende kann nur durch mehr Pragmatismus und Realismus gelingen.“

Keine Einspeisevergütung für neue Wind- und Solaranlagen

Energiepolitische Entscheidungen dürften keine Fehlinvestitionen oder Überregulierung erzeugen, sondern müssten auf Markt, Technologievielfalt und Innovation setzen. „So schaffen wir die Basis für eine Energiewende, die nicht nur klimaneutral macht, sondern auch krisenfest, wirtschaftlich tragfähig und für alle verlässlich bleibt.“ Es geht laut dem Papier um eine „ehrliche Bedarfsermittlung und Planungsrealismus“. Das „Förderregime“ der Energiewende soll überprüft und Subventionen „systematisch“ gesenkt werden.

Konkret bedeutet das: Die bisherige fixe Einspeisevergütung für neue Wind- und Solaranlagen soll abgeschafft werden. Die Windkraft auf See soll weniger stark ausgebaut werden. Zudem müsse der Zubau von Anlagen und Speichern besser räumlich gesteuert werden – auch um den Netzausbau bedarfsgerecht zu gestalten. Da weniger Strom benötigt werde, müssten die Netze insgesamt weniger stark ausgebaut werden. Bislang gilt bei der Erweiterung großer Stromnetze ein Vorrang für Erdkabel. Die Nutzung von Freileitungen aber würde zu erheblichen Einsparungen führen, heißt es im Papier des Ministeriums.

Solar-Förderung nur für große Photovoltaik-Freiflächen

Reiche strebt zudem an, dass Privathaushalte keine Förderung mehr für neue, kleine Solaranlagen auf dem Dach bekommen sollen, weil sich diese Investitionen für die Verbraucher ohnehin finanziell auszahlten. Die Solar-Förderung soll auf große Photovoltaik-Freiflächen konzentriert werden. Vorantreiben will Reiche den Einbau digitaler Stromzähler, sogenannter Smart Meter. Sie ermöglichen die Übermittlung aktueller Verbrauchsdaten.

Eine große Rolle, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten, sollen neue, wasserstofffähige Gaskraftwerke spielen. Sie sollen als Reserve einspringen, wenn der Strombedarf durch Erneuerbare Energien nicht zu decken ist – in „Dunkelflauten“, wenn keine Sonne scheint und kein Wind weht. Geplant ist eine staatliche Förderung in Milliardenhöhe. Bis Ende des Jahres sollten erste Ausschreibungen starten. Die umstrittene CCS-Technologie („Carbon Capture and Storage“) will die Ministerin als „Klimaschutztechnologie etablieren“. Dabei wird Kohlendioxid aus Kraftwerken in tiefen Gesteinsschichten verpresst. Insgesamt soll die Vorgabe des Bundes, Deutschland bis 2045 klimaneutral zu gestalten, eingehalten werden.

Kritik an Reiche-Plänen parteiübergreifend

Neben der Nord-SPD kritisierten auch die Grünen und der SSW die Reiche-Pläne. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) kündigte bei einem öffentlichen Auftritt in Husum an, dem Vorhaben „einen Riegel vorzuschieben“. Aus Sicht der FDP-Landtagsfraktion geht der Zehn-Punkte-Plan dagegen in die richtige Richtung. „Es ist doch offenkundig, dass es bei der Energiewende erheblichen Korrekturbedarf in Sachen Kosteneffizienz und mittelfristiger Versorgungssicherheit gibt“, so der Vorsitzende Christopher Vogt.

Top 1:

Antrag der Fraktion der SPD:
Drucksache 20/3618